Abstand gibt Sicherheit

Genaue Zahlen für unliebsame Begegnungen zwischen Mensch und Nutztier auf den Alpen gibt es nicht. Doch während der Wandersaison kommt es immer wieder zu Zwischenfällen. In der Schweiz führen laut Mutterkuh Schweiz rund 20 000 Kilometer Wanderwege über Wiesen und Weiden.

In der Regel wird versucht, ein friedliches Nebeneinander von Nutztieren und Freizeitsportlern zu ermöglichen. Das beginnt mit den Vorbeugungsmassnahmen durch Landwirte und Älpler: Aggressive oder verhaltens­gestörte Tiere sollen gar nicht erst in Wandergebieten gesömmert werden, auch müssen Hinweisschilder oder Umleitungen die Risiken minimieren. «Bei der Risikobeurteilung ist immer davon auszugehen», heisst es in einem Ratgeber zur Unfallverhütung, «dass Wegbenutzer über wenig bis gar keine Kenntnisse im Umgang mit Rindvieh verfügen.»

Eine Mutter schützt ihr Kind

Doch das Prinzip ist theoretisch einfach zu verstehen: Eine Mutter will immer ihre Kinder schützen. Das ist bei Menschenkindern so, aber auch dann, wenn eine Katze einem Vogelnest zu nahe kommt. Nicht anders halten es die Kühe, wenn sie die Weiden mit ihren Kälbern teilen. Doch nicht nur bei den weiblichen Tieren ist Obacht geboten: «Stiere verteidigen Kühe vor allem in der Brunst gegen vermeintliche Konkurrenten – auch gegen Menschen.»

Generell kann also gesagt werden, dass angesichts einer Begegnung zwischen Mensch und Tier eine Sicherheitsdistanz nicht unterschritten werden darf, wobei diese nicht in Metern gemessen werden kann, sondern je nach Tier und Situation unterschiedlich ist. Schliesslich kennt auch jedes menschliche Individuum dieses Gefühl: Kommt ein Unbekannter zu nahe, fühlt man sich unwohl und überlegt sich schon mal, wie man den «Eindringling» auf Distanz halten kann.

Abstand gibt Sicherheit
Mutterkühe beschützen ihre Kälber und sollten deshalb mit gebührendem Abstand umgangen werden. Bild: Jonas Ingold, lid.

Junge Tiere wecken einen «Jöö»-Effekt. Bei jungen Kälbern ist das nicht anders. Man fühlt sich zu ihnen hingezogen und möchte sie streicheln. Aber Kühe mögen es so wenig wie Menschenmütter, wenn Wildfremde ihren Nachwuchs betatschen. Auf Flugblättern wird denn auch unmissverständlich gewarnt: «Nähern Sie sich den Kälbern nicht und berühren Sie sie auf keinen Fall.»

«Wer mit dem Hund unterwegs ist, sollte Gebiete mit Herdenschutzhunden meiden», sagt Tanja Sägesser, Hundetrainerin aus dem Kanton Bern. «Es handelt sich dabei um Schutzhunde, die in anderen Hunden eine Gefahr sehen. Dies sorgt für ein verstärktes Abwehrverhalten. Das kann zu gefährlichen Situationen führen.» Hundehaltende sollten sich vor der Wanderung auf der Onlinekarte der Fachstelle Herdenschutz über die Standorte der Herdenschutzhunde informieren und entsprechend den Ausflug planen.

Ein Hund ist ein Raubtier

Ein weiterer Ratschlag lautet: Hunde an der Leine führen. Für Rinder ist ein Hund in jedem Fall ein Raubtier – unabhängig von seinem Aussehen und seiner Grösse. Insbesondere Mutterkühe gehen deshalb in Angriff über, wenn sie ihre Kälber bedroht sehen. Hund und Hundehalter sollten eine Herde deshalb möglichst ruhig und weiträumig umgehen, wobei der Vierbeiner in solchen Gebieten immer angeleint sein soll.

Kommt es jedoch zu einem Angriff durch Kühe, empfiehlt Ursula Freund von Mutterkuh Schweiz, die Leine sofort loszulassen, sodass sich der Hund schnell in Sicherheit bringen kann. Die Kühe fühlten sich nämlich weniger durch den Menschen als durch einen Hund bedroht.

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