Stellplätze auf Bauernhöfen sind gesucht
Stellplätze auf Bauernhöfen sind rar. Das hat seine Gründe. Marco Schnell von der Plattform Landcamp zeigt aber auf, welche Vorteile Stellplätze auf Bauernhöfen haben.
Laut Bundesamt für Statistik gab es in der Schweiz 96’105 Wohnmobile. Das sind 73’587 Fahrzeuge mehr als im Jahr 2000. Der Reisemobilmarkt verzeichnet also massiven Zuwachs. Wo sehen Sie die Gründe dafür?
Marco Schnell: Einer der Hauptgründe für diesen Boom war sicherlich Corona. Die damaligen Reisebeschränkungen führten dazu, dass viele Schweizerinnen und Schweizer sich ein Reisemobil zulegten, um trotzdem mobil zu bleiben und zumindest in der Nähe verreisen zu können. Ein weiterer Grund dürfte mit Social Media zusammenhängen: Immer mehr Reiseblogger sorgen mit attraktiven Vanlife-Posts für einen Nachahmer-Effekt.
Reisen diese Menschen mehrheitlich ins Ausland oder bleiben sie in der Schweiz?
Schnell: Genaue Zahlen gibt es diesbezüglich keine. Kurzferien oder Wochenendausflüge werden wohl mehrheitlich in der Schweiz erfolgen. Für längere Ferien verreisen die Reisemobilisten oft auch in Nachbarländer. Ein gewisser Trend ist zudem bei Überwinterungen in Spanien, Portugal, Italien oder Griechenland festzustellen.
Gibt es genug Stellplätze in der Schweiz?
Schnell: Im europäischen Vergleich gibt es in der Schweiz eher wenig offizielle Stellplätze. Es könnte also durchaus noch mehr vertragen. Zudem gibt es im Zusammenhang mit Freistehen (Wildcampieren) immer mehr Einschränkungen und Verbote, sodass die Reisemobilisten gezwungen sind, auf Camping- oder Stellplätze auszuweichen.
Auf Bauernhöfen gäbe es noch viel Potenzial für Stellplätze. Wie ist die aktuelle Situation?
Schnell: In den letzten Jahren sind in der Schweiz Hunderte solcher Bauernhofstellplätze entstanden – mit kantonalen Unterschieden. Stellplätze auf Bauernhöfen sollen – so die Philosophie von Landcamp – auch als Öffentlichkeits- und Begegnungsplattform dienen, um den Menschen die Landwirtschaft und deren Produkte näherzubringen.
Eine grosse Hürde sind allerdings die Gesetze. Gerade im Kanton St. Gallen sind die Auflagen sehr streng. Es gibt kaum Anbieter. Wie kommen Sie dagegen an?
Schnell: Da es sich nicht um Camping handelt (dies wäre in Landwirtschaftszonen verboten), sind temporäre Stellplätze eine Art «Grauzone». Einige Kantone und Gemeinden legen diese eher zugunsten des Agrotourismus oder eben solcher Stellplätze aus; andere sind eher vorsichtig und restriktiv. Gewisse Kantone, zum Beispiel Bern oder Innerschweizer Kantone, haben nach Aussagen unserer Partner für solche Stellplätze eine Art Richtlinien herausgegeben: maximal drei Plätze (auf dem Hofareal), maximal drei Nächte, keine baulichen Veränderungen etc. Auch der Plantahof in Graubünden hatte bereits während Corona ähnliche Weisungen herausgegeben.
Wäre der politische Weg eine Möglichkeit, Hürden abzubauen?
Schnell: Viele Bauern – und natürlich auch die Stellplatz-Plattformen – würden es begrüssen, wenn dies der Fall wäre. Von solchen Stellplätzen profitieren nämlich nicht nur die Bauern und deren Gäste, sondern auch die Gemeinden und letztendlich auch die Kantone. Reisemobilisten generieren nachweislich eine beachtliche Wertschöpfung (Einkauf Hofladen, Dorfladen, Restaurants, Ausflüge, Bergbahnen etc.). Zudem kann damit dem zunehmenden Problem des Wildcampens aktiv entgegengewirkt werden.