Nistkästen bauen für ein Mofa
Der 13-jährige Jonas Bischof aus Häggenschwil stellt seit rund einem Jahr Nistkästen für Singvögel her. Das Arbeiten mit Holz ist inzwischen zu einer richtigen Leidenschaft geworden.
Hoch oben auf dem Lindenbaum sitzt sie. Ein wirkliches Gesangstalent scheint sie allerdings nicht zu sein. Vielmehr tönt es wie ein Warnruf, das sogenannte Schäkern einer Elster, die im Nest ihre Jungen bewacht. «Elstern und Katzen sind die grössten Feinde der Singvögel», erklärt Jonas Bischof, während er den Rabenvogel beobachtet. Der 13-jährige Oberstufenschüler aus Häggenschwil erzählt von Blau- und Kohlmeisen über Trauerschnäpper bis hin zur Haubenmeise und Elster. Ein richtiger Vogelkundler scheint er zu sein. Doch nicht nur das: Er hilft den Singvögeln bei ihrer Wohnungssuche und stellt deshalb seit rund einem Jahr Nistkästen für sie her. Kürzlich sei sein erster Fledermauskasten entstan- den. Der Prototyp eines weiteren geplanten Produktes.
Eine sinnvolle Idee
Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen? Jonas Bischof schmunzelt und beginnt zu erzählen. «Mein Papi hat mich auf diese Idee gebracht. Ich wollte mir ein Mofa kaufen, musste mir allerdings das Geld dafür selbst verdienen. Er meinte, dass es eine sinnvolle Aufgabe wäre, Nistkästen herzustellen, denn diese brauche es, um die Biodiversität in den Obstgärten zu erhalten und zu fördern.» Nistkästen sind ein künstlicher Ersatz für natürliche Baumhöhlen, von denen es immer weniger gibt. «Bereits mein Grossvater und mein Vater haben früher Nistkästen hergestellt. Sie konnten mir wichtige Tipps geben, zudem habe ich im Internet recherchiert. Mit den inzwischen 25 bis 30 produzierten und verkauften Kästen sowie meinem Ersparten konnte ich mir nun ein Occasionsmofa kaufen», sagt Jonas Bischof sichtlich erfreut. «Im kommenden Herbst beabsichtige ich, die Töffliprüfung zu machen», führt er aus.
Abnehmer aus der Umgebung
Jonas Bischof erklärt, dass er für seine Nistkästen ausschliesslich Holz aus Grossvaters Wald verwende. «Mein Grossvater Niklaus Bischof arbeitet leidenschaftlich gerne mit Holz. Er besitzt einen Wald und noch eine kleine Sägerei. Dort kann ich von seinem Holz holen, so viel ich möchte, kann es zuschneiden, hobeln, schleifen und zusammennageln. Wenn die Hobelmaschine läuft, um die rauen Bretter in glatte, ebenmässige Flächen zu verwandeln, lege ich mir einen kleinen Holzvorrat für meine Nistkästen an.» Er mache dies, um den Arbeitsaufwand zu minimieren, denn so habe er bei Bedarf vorbereitete Bretter in der gewünschten Grösse zur Hand. Sein Grossvater habe einst für den Bau seiner Nistkästen Fichtenholz verwendet. Fichtenholz sei allerdings empfindlich und faule in feuchter Umgebung recht schnell. Der Schwachpunkt sei die Rückwand, die ganz besonders der Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Für die Rückwand eignen sich Eichen- und Lärchenholz, die sich insbesondere durch ihre Witterungsbeständigkeit auszeichnen. Für die restlichen Nistkastenteile verwende er Tannenholz. Zur Befestigung benutze er Drahtbügel, und um den Baum nicht zu verletzen, biete sich ein mit einem Gummischlauch ummantelter Drahtbügel an.
Bereits mein Grossvater und mein Vater haben früher Nistkästen hergestellt.
Die häufigsten Nutzniesser von künstlichen Nistkästen seien Blau-, Hauben- und Kohlmeisen. Diese Nistkästen sind bei Jonas Bischof in zwei verschiedenen Ausführungen erhältlich. Sie unterscheiden sich in den Fluglöchern, die einen Durchmesser von 28 Millimetern (zum Beispiel für Blau- und Haubenmeisen) oder 32 Millimetern (für Kohlmeisen) haben. Jonas Bischof stellt aber auch offene Nistkästen her, sogenannte Halbhöhlen. Diese können beispielsweise an Hauswänden oder Schuppen befestigt werden. Halbhöhlen seien besonders geeignet für den Hausrotschwanz, die Bachstelze und den Trauerschnäpper. Bei der Herstellung müsse er einige Dinge beachten, erzählt der 13-Jährige. Besonders das Innere der Nistkästen müsse gut geschliffen sein, damit sich die Vögel nicht verletzen. Auch sollten die Masse stimmen, um die Holzteile zusammenzusetzen. «Beim Schleifen muss ich auf meine Finger aufpassen, weil die relativ kleinen Bretter schnell verrutschen können.» Die Abnehmer seien vorwiegend Bauern aus der Umgebung, doch der Umkreis seiner Kundschaft werde immer grösser, weil sein Bekanntheitsgrad steigt. Seine Nistkästen sind unschwer zu erkennen. Mit dem Brennstempel, der noch von seinem Urgrossvater Johann Bischof stammt, kennzeichnet Jonas Bischof seine Nistkästen. «Der Zufall will es, dass ich die gleichen Initialen habe wie einst mein Urgrossvater.» Brennstempel seien früher die traditionelle und effektivste Form gewesen, um Holzgegenstände dauerhaft zu kennzeichnen, weiss Jonas Bischof.
Der ideale Standort
Nistkästen sollten im zeitigen Frühjahr aufgehängt werden. Sie werden mit einem Draht um den Stamm oder über einen Ast gehängt. «Grundsätzlich sollten sie im Winter geputzt und geprüft werden. Das alte Nest wird entfernt, um einem Parasitenbefall vorzubeugen. Das Flugloch soll nicht nach Westen weisen. Auch sollte der Kasten weder in der prallen Mittagssonne noch ganztägig im Schatten sein.» Jonas Bischof ist überrascht, wie schnell die Nistkästen von Vögeln zur Brut aufgesucht werden. «Ich habe bei unserem Wohnhaus Kästen als Schauobjekte für interessierte Leute aufgehängt. Kurz darauf sind auch dort die ersten Vögel eingezogen.» Die Altvögel suchen unermüdlich nach Nahrung, die es in den Wiesen zur Genüge gibt, und bringen diese immer wieder zu den Jungen. Spannend sei dabei zu beobachten, wie die Altvögel auch den Kot nach draussen nehmen, um das Nest sauberzuhalten. Ein verschmutztes Nest wäre nämlich ein idealer Nährboden für allerhand Bakterien und Krankheiten.
Neuestes Projekt
Jonas Bischof eilt mit einem Fledermauskasten herbei. Diesen hat er in den Sommerferien hergestellt. «Ich bin darauf gekommen, weil mein Gotti ein Fledermausquartier in einem Rollladenkasten hat. Nun beabsichtige ich, in Zukunft auch noch Fledermauskästen herzustellen, und für unsere Scheune möchte ich einen Eulenkasten machen», erzählt er mit leuchtenden Augen.
Die Eltern von Jonas, Nadja und Michi Bischof, sind sich einig: «Wir sind froh, dass unser Sohn dieser sinnvollen Freizeitbeschäftigung nachgehen kann.» Jonas Bischof wirft seinen Eltern einen Blick zu und verrät: «Ich träume übrigens schon von einem weiteren Mofa. Ich möchte ein megaschönes, um damit auf den Strassen zu fahren, am liebsten ein Puch Maxi, wenn möglich, ein richtiges Kultobjekt.» Gefragt danach, ob er denn schon einen Berufswunsch habe, sagt Jonas Bischof: «Es macht mir enorm Spass, mit Holz zu arbeiten. Ich könnte mir vorstellen, auch beruflich einmal etwas in diese Richtung zu machen.»