Thursanierung in Wattwil stösst auf politischen Widerstand

Die Regierung erstellte ein Projekt zur Thursanierung in Wattwil. Die Fraktionen der SVP, der FDP und Mitte-EVP sind nicht zufrieden und hätten gerne eine Alternative. In der Herbstsession 2024 wurde aufgrund der Antwort der Regierung auf die Interpellation eine Diskussion beantragt.

Die über 100 Jahre alten Uferverbauungen, erstellt im Rahmen der Thurkorrektion von 1907 bis 1914, sind heute teilweise stark beschädigt und müssen erneuert werden. Das Ziel ist die Sicherstellung einer ausreichenden Abflusskapazität im Siedlungsgebiet Wattwil für 100-jährliche Hochwasserereignisse durch Vergrösserung des Abflussprofils. Es ist ein Projekt des Kantons St.Gallen in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Wattwil. Die Regierung hat die Planung eines entsprechenden Projekts in Auftrag gegeben und die Bevölkerung zur Mitwirkung eingeladen. Die Meinung der Bevölkerung zum Projekt ist gespalten.

Politischer Druck

Am 27. November 2023 erkundigten sich die Fraktion der SVP, FDP und Mitte-EVP-Fraktion in der Interpellation: «Thursanierung Wattwil: Jetzt eine redimensionierte Alternativvariante prüfen» (51.23.86), wie die Regierung die negativen Mitwirkungsantworten zum Thursanierungsprojekt beurteile und ob sie bereit sei, eine Alternativvariante zur Thursanierung innerhalb der bestehenden Thurwege beziehungsweise innerhalb der Alleebäume auszuarbeiten.

Den Interpellanten geht es einerseits um den Kulturlandverlust von rund sechs Hektaren, den Verlust von Grundeigentum von Privaten, wie zum Beispiel Vorgärten, und um die Kosten von 110 Millionen Franken (+-15%), basierend auf Berechnungen aus dem Jahr 2018. In ihrer Interpellation forderten die bürgerlichen Fraktionen die Regierung auf, eine Alternativvariante einer Thursanierung innerhalb der bestehenden Thurwege beziehungsweise innerhalb der Alleebäume zu prüfen. Ziel dabei müsse eine Fokussierung auf den Hochwasserschutz sein, dies bei minimaler Beanspruchung von fremdem Grundeigentum, dem Erhalt der wertvollen Alleebäume sowie verhältnismässigem Einsatz von Steuergeldern. Die Regierung antwortete auf die Interpellation am 4. Juni. Allerdings nicht so, wie es die Fraktionen gewünscht hatten.

Diskussion im Kantonsrat

Aus diesem Grund beantragte SVP-Fraktionspräsident Sascha Schmid (Buchs) während der Herbstsession (16. bis 18. September 2024) die Diskussion, die mit 72 Ja und 32 Nein-Stimmen gewährt wurde. Schmid zeigte sich nicht zufrieden mit der Antwort der Regierung. Er unterstellte der Regierung Kalkül, sie habe sich nicht wirklich bemüht, eine richtige Alternative zu prüfen.

Ruben Schuler, Mosnang, Vertreter der FDP-Fraktion anerkennt die Notwendigkeit des Projekts. Dennoch benennt er die von der Regierung vorgelegte Alternative als «dürftig». Man sei nur teilweise zufrieden.

Mit «Schmalbrüstig» bezeichnet Boris Tschirky aus Gaiserwald, Fraktionspräsident der Mitte-EVP die Antwort der Regierung. Die Fraktion stehe hinter dem Projekt, versicherte er. Dennoch kritisierte er vorallem die Kosten des Projekts.

SVP-Kantonsrat Christian Vogel aus Bütschwil-Ganterschwil sprach als Toggenburger zur Sache. Er kritisierte, dass die Regierung eine schlechtere Alternativvariante ausgearbeitet hätte. Man habe den Hochwasserschutz aus den Augen verloren. Ausserhalb des Dorfes Wattwil liege der Schwerpunkt des Projekts auf der Ökologie – dies auf Kosten der Landwirtschaft.

Auch FDP-Kantonsrat Peter Nüesch aus Diepoldsau, er sprach als Präsident des St.Galler Bauernverbands, kritisierte den Kulturlandverschleiss, den solche Projekte (im ganzen Kanton) verursachen.

Positive Voten

Daniel Bossard aus St.Gallen, Mitglied der Grünen, bezeichnet die Antwort der Regierung als «ausgewogen». GLP-Kantonsrat Andrin Monstein, St.Gallen, sprach im Namen der SP-Grüne-GLP-Fraktion. Er stünde hinter der Antwort der Regierung. Er meinte, dass eine politische Blockade verhindert werden müsse. Auch Robert Raths, FDP-Kantonsrat aus Rorschach, sprach positiv über das Projekt der Regierung und stellte der Arbeit des Kantons ein gutes Zeugnis aus.

Das letzte Wort in der Diskussion

Regierungsrätin Susanne Hartmann (Mitte) verteidigte das Projekt und die Antwort der Regierung vom 4. Juni. Sie betonte die Wichtigkeit des Hochwasserschutzes. Das Gutachten, das erstellt worden sei betrachte die Regierung aus ausgewogen, man sei auf die wichtigsten Begehren eingegangen. Habe nach Lösungen gesucht und viele auch gefunden.

 

Die Diskussion kann hier nachgeschaut werden (ab Minute 33)

 

Wie es weitergeht

2025 bis 2027:

  • Vernehmlassung des Gesamtprojekts durch Gemeinde, Kanton und Bund für die Freigabe zur öffentlichen Auflage
  • Beschluss des Kantonsrats über die Finanzierung der kantonalen Beiträge
  • Öffentliche Auflage des Gesamtprojekts (frühestens 2026 bei optimalem Projektverlauf)
  • Behandlung von Einsprachen und Erreichen eines rechtskräftigen Gesamtprojekts
  • Realisierung der Massnahmen oberhalb der Brücke Waisenhausstrasse

2028:

  • Frühester möglicher Baubeginn des Gesamtprojekts (reine Bauzeit rund 4 bis 5 Jahre)

Quelle: Thursanierung-wattwil.ch

 

Mehr über die Herbstsession und weitere Vorstösse (PFAS, Wolf, Blauzungenkrankheit) ist in der Ausgabe 39 vom 27. September 2024 zu lesen.

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