Keine konkreten Pläne aber viele Ideen

Eigentlich wollte der Gamser Bauernsohn ursprünglich selbst Landwirt werden. Das Leben stellte die Weichen anders und so fand er seine berufliche Bestimmung beim Rebbau. Nach 33 Jahren geht Markus Hardegger, Leiter der St. Galler Fachstelle für Weinbau in Pension.

Porträt Hardegger
Markus Hardegger, Leiter der Fachstelle Weinbau, mit Muskateller Trauben, die kurz vor der Ernte stehen.

Eines gleich vorweg: Seine Person in den Mittelpunkt stellen, liegt dem bescheidenen Gamser überhaupt nicht. «Ich dufte während mehr als drei Jahrzehnten Begleiter vieler Projekte und vor allem unserer Rebbauern im Kanton sein. Wenn das Eine oder Andere zu positiven Veränderungen geführt hat, ist dies erfreulich, aber ganz sicher nicht allein mein persönlicher Verdienst», sagt Markus Hardegger.

Einerseits habe die Klimaveränderung und damit einhergehend, auch die wärmer werdenden Temperaturen und andererseits die Professionalisierung, verbunden mit guten Ausbildungsmöglichkeiten und der Bereitschaft der Winzer, sich auch ausserhalb der eigenen Region umzuschauen, den St. Galler Wein vorwärtsgebracht. «Wir sind zwar immer noch ein kleiner Akteur auf dem Weinmarkt, aber sowohl Fachleute als auch Weinliebhaber wurden auf unsere Erzeugnisse aufmerksam und es gibt durchwegs gute Kritiken.»

Bauer, Obstbau und Weiterbildung

Ein Blick auf den Werdegang des 1957 geborenen Gamsers zeigt, als erste Ausbildung absolvierte er die Landwirtschaftliche Schule Custerhof. «Wir waren der letzte Custerhof-Jahrgang und im Frühjahr 1977 half ich, zusammen mit einigen Schulkollegen, den Viehbestand nach Salez zu zügeln.» Kurz zusammengefasst folgten nach der Erstausbildung Stationen als Knecht auf einem Bauernhof in Gams, dann ein Praktikum auf dem Versuchsbetrieb der Firma Maag im Bereich Obst- und Weinbau in der Romandie. «Nach der Rückkehr ins Werdenberg besuchte ich den Obstbaukurs, weil mich dieser Bereich interessierte.»

Dank einer Anstellung, wieder bei der Firma Maag im Bereich Obstbau, diesmal in Dielsdorf, überlegte sich Markus Hardegger, welchen beruflichen Weg er nun einschlagen könnte. «Ich entschied mich zum Besuch der Handelsschule, um mich auch im kaufmännischen Bereich auszubilden.» Er habe damals, wie er mit einem Lächeln erklärt, auf eine Anstellung als Landi-Geschäftsführer gehofft. Doch es kam anders; der Werdenberger stellte fest, dass es innerhalb der Firma Maag interessante Stellen gäbe, «allerdings fehlte mir die dafür die nötige Ausbildung».

Porträt Hardegger
Eine Auswahl der Rebsorten, wie sie im Frümser Staatswingert wachsen.

Drei Jahre Vollzeitstudium

Um diese Lücke zu füllen entschied er sich kurzerhand zum Studium an der Ingenieurschule Wädenswil und schloss 1985 als Ingenieur Agronom FH im Fachbereich Obst- und Weinbau ab. Ein kurzer Abstecher in einem Handelsbetrieb im Kanton Solothurn ermöglichte es, den kaufmännischen Bereich in der Praxis zu erleben. «Dann war am Arenenberg die Stelle eines Obst- und Rebbauberaters ausgeschrieben und ich wurde1986 angestellt.» Ins gleiche Jahr fällt die Hochzeit mit Monika, einer gebürtigen Thurgauerin. «Wir fühlten uns in Berlingen am Untersee wohl und das Umfeld mit Obst- und Rebbauern passte zu mir.» Doch so ganz leise habe er innerlich immer auf eine Aufgabe in seiner alten Heimat gehofft.

Dass er dann 1989 als Rebbaukommissär des Kantons St. Gallen gewählt wurde und im weitläufigen Kanton die zahlreichen Rebbauern begleiten durfte, empfinde er als Glücksfall. «Damals gehörte auch der Bodenkundeunterricht an der landwirtschaftlichen Schule Rheinhof zu meinen Aufgaben.» Dieses Fach habe ihn fasziniert und die Beschäftigung mit Bodenprojekten und Fruchtfolgeflächen betrachte er als gute Grundlage für den Bereich Bodenkunde.

Gute Zusammenarbeit

Die vielfältigen Aufgaben, von der Verantwortung für den Weinbau im Staatswingert in Frümsen über den Vollzug der Weinbaugesetze mit Lesekontrolle und Rebbaukataster, das Kurswesen, Praxisversuche aber auch die Begleitung und Durchführung verschiedenster Projekte, unter anderem das Vermarkten des St. Galler Weins, haben Markus Hardegger während der vergangenen 33 Jahre begleitet und beschäftigt. «Meine vielfältigen Aufgaben wurden, dank der guten Zusammenarbeit zwischen der Fachstelle und der Weinbranche des Kantons, sehr erleichtert», so seine Aussage.

Porträt Hardegger
Markus Hardegger vor der Arca Vitis-Bibliothek, mit dem Rebsortenbuch von Franz Trummer aus dem Jahr 1841.

Als einer der Höhepunkte im 1987 angelegten Staatswingert in Frümsen sieht Markus Hardegger die Realisierung und den Ausbau des Rebsorten-Gartens. «Dank Unterstützung von Bund und Kanton über die NAP-Projekte konnten wir in den letzten 20 Jahren 150 historische Schweizer Rebsorten finden und wieder anpflanzen.» Damit verfüge der Staatswingert über die vollständigste Sammlung historischer Rebsorten in der Schweiz. «Daneben werden, in vier weiteren Quartieren, robuste Rebsorten, sogenannte PIWI-Rebsorten (Pilzwiderstandsfähige), verschiedene Muscat-Sorten und eine ganze Reihe weiterer Sorten, darunter auch Kuriositäten, Raritäten und Wildreben angepflanzt.» Insgesamt, so Markus Hardegger, gebe es im Frümsner Sortengarten 420 Rebsorten.

Vom Fête de Vigneron bis Corona

Gerne erinnert sich Markus Hardegger an die Teilnahme der St. Galler Weinbranche am Olma-Umzug 2018 und dann, ein Jahr später an das nur alle Vierteljahrhundert stattfindende Fête de Vigneron in Vevey. «Das sind bleibende Erinnerungen und eindrückliche Begegnungen.»

Ein absoluter Tiefpunkt für die Wein- und Gastrobranche war denn die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. «Unsere Produzenten waren in den Startlöchern, sie konnten mit dem Jahrgang 2018 einen hervorragenden Wein anbieten und dann stand einfach alles still», erinnert sich Markus Hardegger. Nach anfänglichem Schrecken habe sich die Branche aber aufgerafft, es seien kreative Lösungen gefunden worden, «und was mich rückblickend, trotz aller Schwierigkeiten freut, die Branche ist zusammengestanden und so wie ich das sehen, auch enger zusammengewachsen.»

Familie, Sport und Fachliteratur

Ab Ende November wird der Terminkalender des dann pensionierten Leiters der Fachstelle Weinbau nicht mehr so gefüllt sein, wie aktuell. «Ich gehe mit einem guten Gefühl, vor allem auch, weil mit Simone Aberer eine hervorragend ausgebildete Önologin meine Aufgaben übernimmt.» Die als Pensionist gewonnene Zeit will er vermehrt mit der Familie verbringen. Das Ehepaar Hardegger hat fünf Kinder. Die vier Töchter und der Sohn sind erwachsen und es sind bereits drei Enkel da, die gerne Zeit mit ihren Grosseltern verbringen.

«Sportliche Betätigung, sei es beim Velofahren, bei Touren auf dem Rennrad, dem Joggen oder ganz einfach beim Wandern in den Bergen, werden wieder vermehrt Platz haben», freut sich Markus Hardegger. Angesprochen auf Ferien betont er: «Wir sind nicht die grossen Reisefans. Liegen unter Palmen passt nicht zu uns. Aber die Natur, die Bergwelt oder den Besuch in einem Winzerdorf geniessen wir, das werden wir uns vermehrt gönnen.» Auch Fachliteratur, vor allem Informationen rund um alte Schweizer Rebsorten, will Markus Hardegger vermehrt lesen. Kommt dazu, dass er sein Engagement als Präsident von Arca Vitis, dem Verein zum Erhalt der alten Rebsorten, weiterführen wird. «So gesehen, habe ich keine konkreten Pläne, aber viele Ideen und langweilig wird es mir ganz bestimmt nicht werden.»

Porträt Hardegger
Markus Hardegger vor dem Haus des Weins in Berneck. Bild: Daniel Luther

 

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