Butterberg in der Schweiz, während die Nachbarn unter Butterknappheit leiden
Die Schweiz sitzt auf einem Butterberg so hoch wie die Dufourspitze – mit 4634 Metern über Meer der höchste Schweizer Berggipfel. Gleichzeitig herrscht in Deutschland und Österreich Butterknappheit. Aber in allen drei Ländern ist Butter so teuer wie noch nie. Wie geht das?
In der Vorweihnachtszeit backen viele Familien «Chrömli», «Guetzli» oder «Güetzi», bis der Backofen glüht. Dabei darf eines nicht fehlen: Butter.
Butter besteht zu mindestens 80 Prozent aus Milchfett; – ein natürlicher Geschmacksverstärker. Kalte Butter eignet sich besonders gut für Knetteig wie Mürbeteig, da der Teig damit weniger klebt und sich besser verarbeiten lässt. Zimmerwarme oder sogar flüssige Butter ist ideal für Rührteig, weil sie Klümpchen vermeidet und die Masse geschmeidiger macht.
Es gibt also viele gute Gründe, Butter für das Weihnachtsgebäck zu verwenden. Genaue Zahlen zum Butterverbrauch im Dezember sind allerdings schwer zu finden. Geht man von einem Anstieg des Verbrauchs um 30 Prozent im Vergleich zu anderen Monaten aus, ist in den deutschsprachigen Ländern aber alles in Butter (siehe Kasten).
Hoher Butterberg
Trotz dem fetten Umsatz des Lebensmittelhandels mit Butter waren die Tiefkühllager der drei grossen Schweizer Butterproduzenten Emmi, Cremo und Züger im Herbst 2024 mit 7000 Tonnen Butter überfüllt. Das entspricht 28 Millionen 250-Gramm-Buttermödeli.
Um sich diese Menge vorzustellen: Legt man 225 Buttermödeli nebeneinander, 15 mal 15 Butterpackungen, ergibt das 1,5 Quadratmeter Fläche. Und darauf stapelt man die restlichen 27 999 770 Butter-Mödeli, immer 225 pro Schicht. Der daraus entstehende Butterberg wird so hoch wie die Dufourspitze – mit 4634 Metern über Meer der höchste Schweizer Berggipfel.
Verglichen mit dem Butterberg in den 1980er-Jahren ist die Dufourspitze aber ein voralpiner Hügel: Damals erreichte der Butterberg in der Schweiz als Folge von Überproduktion und staatlich garantierten Abnahmepreisen für Milchprodukte sogar einen Höhepunkt mit 40 000 Tonnen Butter – die sechsfache Menge von 2024 oder sechs Mal die Dufourspitze.
Butter nach Nordafrika
Ende November lagerten immer noch 5200 Tonnen in den Tiefkühllagern. Stefan Kohler baut diesen Butterberg bis Ende des Jahres weiter ab. Stefan Kohler ist Geschäftsführer der Schweizer Branchenorganisation Milch (BOM). Diese «steuert» den Import und Export von Butter, damit es immer genügend Butter hat, aber möglichst nicht zu viel. Sie koordiniert und reguliert zudem die Wertschöpfungskette, um eine ausgeglichene Marktversorgung und Preisstabilität zu gewährleisten.
Die BOM verwaltet auch den «Schweizer Fonds Regulierung», der die Exportverluste ausgleicht. Mit Geld aus diesem Fonds – 2021 waren es zehn Millionen Franken – verschifft die Schweiz bis Ende 2024 rund 2000 Tonnen überschüssige Butter nach Tunesien, Algerien, Ägypten und Saudi-Arabien. Benachbarte EU-Länder scheiden wegen hoher Zölle als Abnehmer aus und der Transport in die USA oder nach Japan wäre zu teuer.
Schokoladenindustrie ist schuld
Den Schuldigen für den Schweizer Butterberg muss man nicht lange suchen: es sind die Schweizer Schokoladeproduzenten. Denn Schweizer Schokolade muss mit Schweizer Vollmilch(-pulver) produziert werden. Müsste, um genau zu sein. Tatsächlich ist immer öfter billiges ausländisches Milchpulver darin enthalten.
Damit kompensieren die Schweizer Schokoladeproduzenten die Kakaopreise auf dem Weltmarkt, die wegen schlechten Ernten seit Ende 2022 auf immer neue Rekordhöhen steigen. Der starke Franken ist beim Export der Schokolade nicht gerade hilfreich. Das Schweizer Kreuz und die «Swiss made»-Etikette sind deshalb still und leise von Schokoladenverpackungen verschwunden.
Eine andere Folge, die gravierender ist: Die Schweizer Molkereien müssen ihre Milchpulverproduktion herunterfahren und weichen ihrerseits auf die Butterproduktion aus. So lässt sich überschüssige Milch in Form von gefrorener Butter am besten lagern. Mit dem Kollateralschaden, dass die Krise in der Schokoladenbranche zu einer Krise in der Milchbranche führt.
Teure Butter
Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen «Die Butter» in Supermärkten und Discountern Fr. 3.95. Das ist der höchste Butterpreis in der Schweiz seit Jahrzehnten.
BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler erklärt aber, dass der Verkaufspreis von Butter bei einem weiteren Anstieg der Butterbestände sinken könnte. Was gut wäre für die Konsumentinnen und Konsumenten, aber negativ für die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte. Denn im Unterschied zur Käseproduktion erhalten die Landwirte beim «Regulierprodukt» Butter für die gleiche Rohmilch einen tieferen Preis.
Knappheit bei den Nachbarn
Ganz anders sieht es in den Nachbarländern aus. In Deutschland sank die Butterproduktion 2024 markant, weil es immer weniger Landwirtschaftsbetriebe mit Milchkühen (– 4 Prozent) gibt und der Fettgehalt in der Rohmilch rückläufig ist. Und dieses Milchfett fehlt für die Butterproduktion.
Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen deutsche Markenbutter der Eigenmarken in Supermärkten und Discountern umgerechnet Fr. 2.23. «Das ist der höchste Butterpreis, den es in Deutschland jemals gegeben hat», erklärt Kerstin Keunecke, Bereichsleiterin Milchwirtschaft der deutschen Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Bis zum Jahresende könnte ein Päckchen Butter sogar umgerechnet gut Fr. 3.70 kosten.
In Österreich sank die Butterproduktion 2024 ebenfalls markant. Es gibt zwar weniger Milchviehbetriebe, diese halten aber mehr Milchkühe (+4 Prozent). Sie geben jedoch aufgrund der Klimaerwärmung und der Blauzungenkrankheit weniger Milch. Auch in Österreich ist der Fettgehalt in der Rohmilch rückläufig.
Anfang Dezember kostete ein 250-Gramm-Päckchen Markenbutter in Supermärkten und Discountern umgerechnet Fr. 2.41 – sogar mehr als in Deutschland. Auch in Österreich könnte ein Päckchen Butter bis zum Jahresende umgerechnet gut Fr. 3.70 kosten.
Butterverbrauch im Dezember
- Deutschland: 57 600 Tonnen Butter
- Schweiz: 5200 Tonnen Butter
- Österreich: 3600 Tonnen Butter jv.