Unzufriedenheit beim Bauernverein Toggenburg

Mit einem Grossaufmarsch zeigten die Toggenburger Bäuerinnen und Bauern am Montagabend, dass es mit der Agrarpolitik nicht so weitergehen kann. Hansruedi Thoma, Präsident des Bauernvereins Toggenburg, war von der riesigen Beteiligung überwältigt.

In der Einladung zur Hauptversammlung war zu lesen: «Auf zahlreiches Erscheinen freut sich der Vorstand». Um 20 Uhr war der Restaurantraum bis auf den letzten Platz voll, doch der Zustrom riss nicht ab. Kurzerhand schufen die Verantwortlichen Platz in der Markthalle, stellten Tische und Bänke auf und öffneten die Glastüren, welche den Restaurantbereich von der Halle trennten. 170 Bäuerinnen und Bauern waren anwesend. «So viele Teilnehmende gab es bisher noch nie», so Präsident Hansruedi Thoma.

Statt vom Vorstandstisch aus die Versammlung zu leiten, platzierte sich der Präsident in der Mitte und stellte sicher, dass alle Anwesenden den Verhandlungen folgen konnten. Seine klaren Worte im Jahresbericht fanden Zustimmung. «Das neue Verordnungspaket, veröffentlicht im Sommer 2022, das ab diesem Jahr gelten soll, schiesst weit über das Ziel hinaus. Im Bundesamt für Landwirtschaft befassen sich 270 Mitarbeitende mit der Agrarpolitik, bei Agroscope sind weit über 1000 Mitarbeitende mit Forschungsaufgaben zur Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt betraut. Man muss sich das einmal bildlich vorstellen: Alle Landwirte aus dem Kanton Glarus würden sich tagtäglich mit der Agrarpolitik und alle Toggenburger Bauern mit Forschungsaufgaben beschäftigen. Somit verwundert es nicht, dass die Basis am Kochen ist.»

Volles Haus in der Toggenburger Markthalle und eine ungewohnte Versammlungsführung für Präsident Hansruedi Thoma.
Volles Haus in der Toggenburger Markthalle und eine ungewohnte Versammlungsführung für Präsident Hansruedi Thoma.

Ernährungssicherheit als Ziel

Der Missmut der Basis sei von den Verantwortlichen aufgenommen und auch mit dem Präsidenten des Schweizer Bauernverbands, Markus Ritter, diskutiert worden. «Es gab Stimmen, die eine Demonstration in Bern forderten», erläuterte Hansruedi Thoma das Vorgehen. «Wir entschlossen uns, von der Basis her zu agieren, und so wurde im Oktober 2022 eine Petition an den National- und Ständerat gerichtet. Wir haben auf die Missstände hingewiesen und mit acht Punkten dazu aufgefordert, die Ernährungssicherheit als Oberziel zu beachten.» Auch müsse die Bürokratie endlich abgebaut und die Basis beim Vollzug angehört werden. «Stellvertretend für die Ostschweizer Bäuerinnen und Bauern haben 28 Vertreter die von Andreas Widmer verfasste Petition unterzeichnet und eingereicht.»

Ende Januar habe die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) die Petition diskutiert. «Im April steht nun ein Treffen zwischen Vertretern des Bundesamts für Landwirtschaft, dem St. Galler Bauernverband und zehn Mitunterzeichnern der Petition auf einem Betrieb in Niederwil an. Wir wollen mit Praxisbeispielen aufzeigen, welche Auswirklungen die Verordnungen aus Bern haben», gab sich Hansruedi Thoma kämpferisch. Für die Bauernvertreter aus dem Toggenburg ist klar, dass die realitätsfremden Landwirtschaftsinitiativen in Bundesbern auch zukünftig keine Mehrheiten erreichen dürfen.

Vorstand bestätigt

Alle sechs Vorstandsmitglieder, Hedy Vetsch aus Wildhaus, Patrizia Giezendanner aus Ebnat-Kappel, Markus Bischofberger aus Schönengrund, Wisi Thoma aus Gähwil, Thomas Götte aus Wildhaus und Fabian Weder aus Ganterschwil, die beiden Vizepräsidenten Mathias Ammann aus Lichtensteig und Markus Wickli aus Ennetbühl sowie der Präsident Hansruedi Thoma aus Müselbach stellen sich für eine weitere Amtsdauer zur Verfügung. Ihre Arbeit wurde mit Applaus verdankt. Als Geschäftsprüfer amten weiterhin Rolf Mock aus Krinau, Kurt Scheuber aus Tufertschwil und Ralf Tischhauser aus Neu St. Johann.

Kontinuität beim Vorstand: Präsident, Vizepräsident und Vorstandsmitglieder wurden für weitere vier Jahre bestätigt.
Kontinuität beim Vorstand: Präsident, Vizepräsident und Vorstandsmitglieder wurden für weitere vier Jahre bestätigt.

Die Jahresrechnung weist bei Einnahmen von rund 11 000 Franken einen Gewinn von knapp 500 Franken aus. Das Vereinskapital per Ende 2022 beträgt 34 603 Franken. Eigentlich war vorgesehen, den bescheidenen Jahresbeitrag von zehn Franken zu erhöhen. Doch dank Sparmassnahmen – die Einladungen werden nicht mehr per Post, sondern per Mail versandt – kann darauf verzichtet werden.

Nachwuchs setzt auf Bildung

13 Bäuerinnen mit Fachausbildung, zwei Bäuerinnen mit Modulpass, drei Agrotechniker, sieben Meisterlandwirte und 24 Betriebsleiter mit Fachausweis konnten an der Versammlung geehrt werden. Ein Präsent, aber auch der Aufruf, sich in öffentlichen Ämtern – sei es auf kommunaler, kantonaler oder eidgenössischer Ebene – zu engagieren, begleitet die Fachleute in die Zukunft.

Präsente und lobende Worte gab es auch für das grosse Engagement der OK-Präsidentin des Toggenburger Bauernmarkts, Sybille Kläger, und ihrem Team mit Bernadette Looser, Maja Scherrer und Brigitte Frick. Die vier haben ihren Rücktritt erklärt; es werden neue Kräfte für die Organisation des Bauernmarkts gesucht.

Fredi Louis aus Ennetbühl, Vorstandsmitglied des St. Galler Bauernverbands, gab Einblick in die Verbandstätigkeiten. Er wies darauf unter anderem darauf hin, dass es bei den Betriebshelfern immer schwieriger werde, genügend Personal zu rekrutieren. «Arbeitseinsätze auch am Wochenende und tiefere Löhne als im Gewerbe, führen dazu, dass sich viele für eine andere Beschäftigung entscheiden. Wir haben die Lohnrichtlinien angepasst. Dies hat aber zur Folge, dass die Landwirte für den Einsatz etwas mehr bezahlen müssen.» Abgeschlossen wurde der Abend zu fortgeschrittener Stunde mit den Referaten von Bruno Nabulon vom Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG) zu «Neuerungen im ÖLN und Produktionssystembeiträge ab 2023» und Peter Schweizer. Er stellte die Aufgabe von Falun, der Fachstelle für Landwirtschaft, Umwelt und Natur, vor.

Drei der vier scheidenden OK-Frauen des Toggenburger Bauernmarkts: Bernadette Looser, Sybille Kläger und Maja Scherrer (von links).
Drei der vier scheidenden OK-Frauen des Toggenburger Bauernmarkts: Bernadette Looser, Sybille Kläger und Maja Scherrer (von links).

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