«Blauer St. Galler» ist unverkennbar blau

Benjamin Brunner gründete 2019 seine eigene Destillerie. Mit den selbst entwickelten und produzierten Spirituosen möchte er die Leute für alkoholische Premiumgetränke aus der Region begeistern. Vor allem der Wodka «Blauer St. Galler» mit seiner charakteristischen Farbe ist ein Hingucker.

Der Wodka «Blauer St. Galler» mit seiner unverkennbaren Farbe.
Der Wodka «Blauer St. Galler» mit seiner unverkennbaren Farbe.

Mit einem Industriemixer in der Hand steht Benjamin Brunner auf einem Schemel und mixt in einem 300-Liter-Topf die Maische aus blauen St. Galler Kartoffeln zum wiederholten Male. Tags zuvor wurden die Kartoffeln auf 95 Grad aufgekocht. Mittlerweile hat sich das Ganze zu einem Brei formiert und kühlt nun ohne äussere Einwirkungen ab. Der Geruch aus dem Topf erinnert an hausgemachten «Härdöpfelstock». Die Idee, aus der Pro-Specie-Rara-Sorte «Blaue St. Galler» Wodka herzustellen, kam Benjamin Brunner denn auch beim Essen von Mutters Kartoffelstock: «Ich finde es extrem interessant, mit regionalen Produkten Neues zu erschaffen.» Seit dem damaligen Mittagessen sind zwei Jahre vergangen und rund vier Tonnen der blauen Knolle haben den Weg in die Flasche gefunden. Die diesjährige Herstellung des Wodkas ist in vollem Gange. «Heuer verarbeite ich weniger Kartoffeln. Denn diese Sorte ist nur in limitierten Mengen und saisonal erhältlich», ergänzt Benjamin Brunner, Gründer der Destillerie Brunner.

Wertvolle Knolle aus Oberbüren

Da ihm Regionalität und Nachhaltigkeit am Herzen liegen, versucht Benjamin Brunner, so viele Rohstoffe und Materialien wie möglich aus der Ostschweiz zu beziehen. Die Kartoffeln für seinen Wodka wachsen auf dem Feld von Paul Brühwiler in Oberbüren. Er liefert die wertvolle Knolle, die zurzeit das Sechsfache einer normalen Speisekartoffel kostet, frisch gewaschen und gesäubert in St. Gallen Haggen ab. «Unsere Kartoffeln werden von Hand geerntet. Damit wird sichergestellt, dass keine Steine in der Lieferung enthalten sind. Aufgrund der Ähnlichkeit kann das schnell übersehen werden», erklärt Benjamin Brunner. Grundsätzlich verarbeitet er seine Rohstoffe direkt nach Wareneingang. Doch vergangenen Herbst war er besonders mit seinen anderen Spirituosen wie dem «Birebrötler» oder «Xocolatl» beschäftigt, weshalb die Kartoffeln zwischengelagert wurden. Anfang Jahr hat er nun die Produktion des Wodkas in Angriff genommen. Diese beschäftigt ihn gut und gerne während fünf Wochen. Da kommt es vor, dass Benjamin Brunner bereits um vier Uhr morgens in seinen Räumlichkeiten im St. Galler Haggenquartier steht und die Maische mixt, um dünne Hautschichten auf der Oberfläche zu vermeiden. Das frühe Aufstehen ist er sich als gelernter Konditor-Confiseur gewohnt.

Wie der Wodka blau wird

Der Maische, bestehend aus den Kartoffeln und Wasser, fügt Benjamin Brunner zwei Enzyme hinzu. Nach der Abkühlung und Vergärung mit einer Spezialhefe fährt der Jungunternehmer die Kanister mit seinem Anhänger nach Mörschwil in die Destillerie. Hier wird die eingedickte Kartoffelmaische jetzt gebrannt. Über mehrere Brennvorgänge und mehrere Stufen wird sie auf das Maximum vom reinen Ethanol hochdestilliert. Nach der Reduktion des Kartoffelbrands beträgt der Alkoholgehalt 40 Volumenprozent. Zu guter Letzt wird der Schnaps mit einem separat hergestellten Weizendestillat verschnitten. Sowohl in Mörschwil als auch im kleinen hauseigenen Labor unterzieht Benjamin Brunner den Wodka einer Qualitätssicherung. «Mein Ziel ist die Herstellung von Premium-Destillaten. Deshalb überprüfe ich jeden Brand auf den Alkoholgehalt nochmals selber», meint der 29-Jährige. Die unverkennbare blau-violette Farbe der Gourmetkartoffel «Blaue St. Galler» ist im Endprodukt nicht mehr enthalten, obwohl die Farbe bis zu 170 Grad standhalten würde. Dem eingekochten Kartoffelsirup wird die typische Farbe durch ein spezielles Extraktionsverfahren entzogen.

Mein Ziel ist die Herstellung von Premium-Destillaten. Deshalb überprüfe ich jeden Brand auf den Alkoholgehalt nochmals selber.

Erst beim Einfüllen in die Chromstahltanks wird der Farbstoff dem Wodka wieder beigefügt. Einige Tanks enthalten farblosen Wodka. Daher die zwei unterschiedlichen Angebote: einmal «Blauer St. Galler» klar und einmal in Blau. Wer dem blauen Farbeffekt nicht traut, dem entgegnet Benjamin Brunner: «Fügt man unserem blauen Wodka Zitronensäure hinzu, verändert sich die Farbe. Bei einer künstlicher Farbzugabe bliebe die Farbe dieselbe.» Sobald der Wodka in die Tanks abgefüllt ist, wäre dieser trinkbereit. Doch der Firmenchef lässt ihn darin eine Zeit lang reifen. «Gerne vergleiche ich den Geschmack des Destillats mit dem wilden Meer, das sich aufbäumt, Wellen wirft und Schaumkronen bildet.

Danach ebbt das Ganze ab und die Meeresoberfläche schläft, der Geschmack findet sich wieder. Dieses In-sich-Ruhen nach der ganzen Verarbeitung finde ich essenziell. Je länger der Wodka ruht, desto feiner sein Aroma», verdeutlicht Benjamin Brunner.

Die Glockenböden der Brennerei werden von Brenner Benjamin Brunner auf den richtigen Durchmesser eingestellt.
Die Glockenböden der Brennerei werden von Brenner Benjamin Brunner auf den richtigen Durchmesser eingestellt.

Neue Ideen im Köcher

Der Jungunternehmer legt nicht nur viel Wert darauf, was in die Flasche kommt, sondern auch auf die Aufmachung der Flasche. Daher hat er sich, wie im Firmenlogo, auch beim Flaschensujet des blauen und des klaren Wodkas für das St. Galler Kantonswappen und den Bären als ursprüngliches Wappentier entschieden. «Ich würde mich riesig freuen, wenn sich unser Wodka als bekanntes AOP-Produkt aus unserem Kanton etablieren würde.» Das dies noch Jahre dauern kann, ist dem Stadtsanktgaller bewusst: «Wer weiss, vielleicht ist der blaue Wodka bei unseren Enkelkindern dann so prominent wie die St. Galler Bratwurst», sagt Benjamin Brunner lachend.

Bis dahin nutzt er die Zeit, um seine Spirituosen unter die Leute zu bringen und an neuen Ideen zu feilen. Demnächst sollen Obst- und Fruchtbrände das Sortiment erweitern. Auf das Zusammenspiel von Lebensmitteln aus der Region und seinen unterschiedlichen Verarbeitungsmethoden freut sich der junge Brenner enorm. Wer mit seinem Obst ein persönliches Destillat herstellen möchte, ist ab 30 Kilo mit dabei. Benjamin Brunner übernimmt die Ware an der Rampe und einige Wochen später erhält die Kundschaft das Produkt in flüssiger, alkoholhaltiger Form zurück.

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