Landsgmends-Chrempfli – traditionelle Innerrhoder Gebäck

Es duftet herrlich aus der Backstube der Bäckerei Motzer in Gonten. Eben kommen die Chrempfli aus dem Ofen. Um die Zeit der Landsgemeinde braucht es das Mehrfache als das Jahr hindurch. Da wird dieser Leckerbissen täglich gebacken und nicht wie sonst nur einmal in der Woche.

In der Backstube der Bäckerei Motzer werden die Chrempfli hergestellt.
In der Backstube der Bäckerei Motzer werden die Chrempfli hergestellt.

 

Walter und Amrei Motzer führen ihre Bäckerei in Gonten in der dritten Generation. Das Chrempfli-Rezept der Familie wurde früher wohl einmal mündlich weitergegeben. Jetzt liegt es geschrieben in einer Schublade der Backstube, zugänglich für alle, die mitarbeiten und die es lesen wollen. Motzers machen kein Geheimnis aus ihrem Chrempfli-Rezept. «Und wenn jeder es ausprobieren würde, so hätte schlussendlich doch jeder sein eigenes Chrempfli, und sicher wäre jedes das beste», sagt Walter Motzer lachend.

Noch neun Bäckereien

Es gebe noch neun Bäckereien in Innerrhoden, und jede habe ihre eigenen Chrempfli mit kleinen Unterschieden, die einen mit Änis, andere ohne. Alle Chrempfli seien gut und einzigartig. Diejenigen in der Bäckerei Brander in Appenzell, wo er die Lehre gemacht habe, hätten ganz anders geschmeckt als die von daheim. Später, als er im elterlichen Betrieb arbeitete, habe er das familieneigene Rezept wieder übernommen, sagt Walter Motzer.

Verschieden sei aber nicht nur das Gebäck, verschieden sei auch der hölzerne, von Hand gearbeitete Model. Das Ganze sei zu vergleichen mit der Herstellung von Biber. Auch da gebe es Unterschiede in der Zubereitung sowie im Erscheinungsbild. Mit anderen Worten, von Bäckerei zu Bäckerei ist Rezept und Erscheingungsbild etwas verschieden.

Ein noch ungebackenes Chrempfli.
Ein noch ungebackenes Chrempfli.

 

Chrempfli für das Kloster

Er habe kürzlich einen neuen Model herstellen lassen müssen, erzählt Walter Motzer. Der Chefbäcker zeigt auf den neuen und auf den alten, fast abgerundeten, vergriffenen Model. Wie viele Tausend Chrempfli wohl dieser schon den Stempel aufgesetzt haben mag? Der Model zeigt ein Vögelchen und einen Blütenzweig.

Einen anderen geschnitzten, etwas grösseren Model mit einem Blumenkranz braucht Motzer für eine Spezialkundin, nämlich für das Frauenkloster Leiden Christi in Jakobsbad. Vor ein paar Jahren sei eines Tages die Frau Oberin mit einem Holzmodel gekommen und habe ihn gefragt, ob er für den Klosterladen extra Chrempfli herstellen würde. Seither beliefert er den Klosterladen und den Spar in Appenzell.

Als ursprüngliche Herkunft der Chrempfli werden «Chlöster» genannt. Schon vor Jahrhunderten wurde solches Gebäck in Klöstern von Klosterbrüdern oder -schwestern hergestellt, verkauft und an speziellen Tagen verschenkt.

Der alte Model für die Chrempfli ist noch immer im Einsatz.
Der alte Model für die Chrempfli ist noch immer im Einsatz.

 

Chrom ond Chrempfli

Auch in Appenzell Ausserrhoden wurde bis zum Ende der Männerlandsgemeinde im Jahr 1990 der Brauch gepflegt, dass die Männer nach der Landsgemeinde ihren daheim gebliebenen Frauen und Familien am Abend einen Chrom (etwas Gekramtes, Gekauftes) mit nach Hause brachten. Oft waren es Biber, Chrömli, Krapfen oder sonst irgendetwas Süsses. Dieser Brauch ging mit dem Verlust der Landsgemeinde 1997 total verloren.

In Appenzell Innerrhoden dagegen werden die Landsgemeinde und die Landsgmends-Chrempfli noch immer gepflegt. Dies zur eigenen Freude, doch auch zur Freude vieler Besucher und Touristen. Ältere Inner- rhoder Frauen und Männer erinnern sich, wenn sie nach ihrer Jugend- oder Kinderzeit gefragt werden, stets gerne daran, wie ihr Vater jeweils von der Landsgemeinde einen Chrom heimbrachte – Chrempfli eben, manchmal auch Biberli oder Leckerli. Auch Väter, die sonst selten oder nie einen Leckerbissen nach Hause brachten. An diesem Tag liessen sie sich nicht lumpen. Das war Tradition, und Traditionen haben einen Wert.

Beliebter Lehrbetrieb

Die Chrempfli der Bäckerei Motzer in Gonten sind beliebt – wie auch alles andere, was hier aus der Backstube kommt, zum Beispiel ein St. Gallerbrot oder ein Hefestollen. Der Spruch von Grossvater Motzer «Wiit weg vom Huus get nüd waul uus» gilt noch heute. Von der Backstube direkt durch die Türe in den Laden ist hier auf dem Land noch möglich. Als Lehrbetrieb ist die Bäckerei Motzer beliebt. Rund 40 Lehrlinge, heutzutage vermehrt junge Frauen, hat Walter Motzer in den 33 Jahren, in denen er den Betrieb führt, als Bäcker-Konditorin ausgebildet. Mit der Arbeit beginnt er jeden Morgen zusammen mit einer Angestellten um zwei Uhr. Im Betrieb arbeiten sechs Personen, zwei davon sind in der Ausbildung. Den Laden führt seine Frau Amrei mit einer Angestellten.

Motzers Chrempfli-Rezept

Zutaten:

– Für den Teig: Eier, Zucker, Mehl, etwas Triebsalz, Änis, Salz

– Für die Füllung: Geriebene Haselnüsse, Paniermehl, Zucker und etwas Wasser.

Die Chrempfli werden auf einem Blech gelagert und getrocknet.

Backzeit ca.15 Minuten bei eher mildem Ofen und offenem Zug.

Da die Chrempfli keinerlei Zusatzstoffe enthalten, wird die Haltbarkeit auf der Verpackung eher kurz angegeben. ef.

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