Anschauliche Praxisversuche im Feld

Die Flurbegehung am Landwirtschaftlichen Zentrum in Flawil wird geschätzt als ein Anlass, am sich die Pflanzenbauer der Region treffen, informieren und austauschen. Diesmal wurden unter anderem Praxis- und Nischenversuche vorgestellt und die Schlüsselfaktoren für eine gute Futterqualität erörtert.

 

Albert Fässler gab Empfehlungen für die Sorten- und Mischungswahl im Ackerbau.
Albert Fässler gab Empfehlungen für die Sorten- und Mischungswahl im Ackerbau.

Christoph Gämperli, Lehrer und Berater Ackerbau, sowie Thomas Niedermann, Berater Ackerbau am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen (LZSG) in Flawil, präsentierten Ergebnisse der Versuchsauswertung von 2022 zu Erträgen von Weissklee und Silomais. Eingangs thematisierte Christoph Gämperli die veränderten Rahmenbedingun-gen seit der letztjährigen Flurbegehung am Mattenhof. 2022 kostete das Kilo Düngerstickstoff vier Franken pro Kilo, heute sind es noch zwei Franken. Hunderte von Schiffscontainern voll neuseeländischem Weisskleesamen steckten in den Weltmeerhäfen fest, die Händler waren im Ungewissen, ob und wann die Lieferung eintrifft. Die Kosten für einen Schiffscontainer 40 Fuss (ISO-Norm Containermass) betrugen im Januar 2022 noch 14 000 US-Dollar; heute sind es 1300 US-Dollar für die Route von Shanghai nach Rotterdam, und damit elf Mal weniger. «Der Grund, warum ich diese Beispiele aufgreife, ist, dass die hohen Stickstoffdüngerpreise und der Weisskleesamenengpass den Ausschlag für diese beiden Versuche Weisskleesamen-Vermehrung/Maisstreifenfrässaat in Weisskleebeständen gegeben haben», sagte Christoph Gämperli. Einerseits sollte der Saatgut-Engpass an Weissklee durch inländische Produktion geöffnet, anderseits teurer Stickstoffdünger durch natürlichen Eintrag mittels Weissklee ersetzt werden. Christoph Gämperli und Thomas Niedermann betonten, dass das Gezeigte noch nicht praxisreif sei. Praxisreif bedeute für die Ackerbauberatung, dass Ergebnisse möglichst verlässlich und für die Landwirte nicht mit zu viel Risiko verbunden sind.

Versuche auf dem Feld

Das Fazit der Versuchsergebnisse lautete: Weissklee als etablierter Unterwuchs gibt dem Mais genügend Stickstoffdünger. In trockenen Jahren konkurrenziert er aber mit dem Mais um das Wasser. Dann muss der Weissklee in der Jugendentwicklung des Maises zwingend im Wuchs gehemmt werden. «Es ist uns gelungen, Weisskleesamen zu vermehren. Dieser kann inzwischen auf dem Weltmarkt wieder problemlos besorgt werden», sagte Christoph Gämperli. Deshalb sei der Samenhandel nicht bereit, für eine inländische Produktion mehr als den Weltmarktpreis zu bezahlen. Die Weisskleesamenvermehrung zu Weltmarktpreisen sei in der Schweiz nicht wirtschaftlich. Angrenzend zum Maisfeld gibt es derzeit den Anbauversuch von «Swiss Chia» auf einer Fläche von 25 Aren zu besichtigen. Christoph Gämperli ist es geglückt, eine Mutation zu finden, die auch in unserem Klima ausreift. Die neue Sorte ist unter dem Namen Pablo geschützt. Das Saatgut der Sorte Pablo wird exklusiv durch die St. Gallische Saatzucht produziert und durch die St. Galler Öl AG verarbeitet. Der Anbau ist anspruchslos, die Ernte und die Weiterverarbeitung benötigen entsprechendes Wissen und spezielle Maschinen. Der Erfolg hängt von der Höhe der möglichen Preisdifferenz von «Swiss Chia» zur importierten Chia ab. Ebenfalls eine interessante Nische der Produzenten der St. Gallischen Saatzucht ist der Anbau von Braugerste, der in Flawil auf dem Betrieb von Werner Iten mit der Sorte «Flamenco» erfolgt und den Al-bert Fässler vom Team Ufa Samen näher vorstellte.

Christoph Gämperli präsentierte eine Versuchsauswertung von 2022 zu Erträgen von Weissklee und Silomais.
Christoph Gämperli präsentierte eine Versuchsauswertung von 2022 zu Erträgen von Weissklee und Silomais.

Strategien in der Trockenheit

Die Braugerste wird für Schützengarten produziert. Die St. Galler Brauerei setzt seit einigen Jahren auf Bierspezialitäten und dies bevorzugt mit regionalen Rohstoffen. Albert Fässler thematisierte unter anderem auch die Anforderungen an die Wildblumenwiese: «Wildblumen sind Ökotypen und keimen in der freien Natur erst dann, wenn die Bedingungen optimal sind. Die Wildblumen haben eine durchschnittliche Keimzeit von ein bis drei Monaten oder auch länger.» Deshalb müsste eine Fläche über diesen Zeitraum ständig bewässert werden. Dieses ergebe jedoch keinen Sinn, weil in bewässerten Flächen die Gräser sich schneller etablieren und die Wildblumen verdrängen. Bei Neusaaten sollte der Säuberungsschnitt nicht während einer Hitzewelle getätigt werden. Auch bestehende Wildblumenflächen benötigen keine Bewäs-serung. Beim Futterbau gelte es, Strategien in der Trockenheit zu entwickeln. In trockenen Jahren wird es immer anspruchsvoller, genügend Raufutter in guter Qualität und Menge zu erzielen. Eine Saatgutmischung mit einem kleinen Anteil Luzerne, zusammen mit Rohrschwingel, sichere auch während trockenen Perioden noch Ertrag. Der Rohrschwingel, das Knaulgras und die Luzerne wurzeln am tiefsten und können das Wasser am längsten aus dem Boden holen. «Wichtig ist, dass der Boden einen pH-Wert von mindestens 6,4 aufweist, damit die Luzerne gut gedeiht. Zu sauren Böden muss zuerst Kalk zugeführt werden», empfahl Albert Fässler. Körnermais muss für die Futtermittelherstellung hohe Qualitätsanforderungen erfüllen. Der Krankheitsdruck könne mit geregelter Fruchtfolge tief gehalten werden. Empfehlenswert sei, an den Standort angepasste Sorten zu wählen.

Die Weisskleesamen- vermehrung ist in der Schweiz nicht wirtschaftlich.

 

Einsatz des Mähaufbereiters

Bruno Nabulon von der Fachstelle Pflanzenbau/Umwelt am LZSG Flawil informierte darüber, wie die Futterqualität beim Mähen und Aufbereiten beeinflusst wird. Angebaute oder in Mähwerken integrierte Futteraufbereiter knicken die Pflanzen, verletzen die Wachsschicht und damit den Verdunstungsschutz der Pflanzen. Dadurch verdunstet das Wasser schneller und der Trocknungsvorgang wird beschleunigt. Mit Mähaufbereitern gemähtes Futter kann häufig einen Tag früher eingeführt werden, wodurch sich die Gefahr des Verregnens und der Qualitätsminderung durch Nährstoffverluste verkleinert. Dank der kürzeren Abtrocknungsdauer reichen so auch bereits kürzere Schönwetterperioden für die Trocknung aus. Vor- und Nachteile der Futteraufbereitung: Zu den Vorteilen gehört schnelleres Abtrocknen, geringere Bröckelverluste, bessere Futterqualität, geringere Verfahrenskosten, sofern ein Kreiselheuerdurchgang eingespart wird. Nachteile: Höherer Leistungsbedarf, höheres Gewicht, mögliche Schädigung der Grasnarbe und die Gefahr von Bodenverdichtung. Wenn aufbereitetes Futter verregnet ist, entsteht unter andrem ein hoher Nährstoffverlust durch Atmung und die Schädigung von Bienen und Kleinlebewesen. Zu den häufigsten Mähaufbereitungsmethoden gehören Knicker, Intensivaufbereiter, Zinkenaufbereiter und Quetscher. Je höher die Bearbeitungsintensität, desto grösser ist die Gefahr von verschmutztem Futter. Unter sehr feuchten Bedingungen sollte auf den Einsatz von Mähaufbereitern verzichtet werden.

Luzerne: Wichtig ist, dass der Boden einen pH-Wert von mindestens 6,4 aufweist.

 

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