«Lernende ausbilden lohnt sich»

Referate und Diskussionen zum Tagungsthema zeigten, dass die Revision der landwirtschaftlichen Ausbildung nicht nur die Verantwortlichen der Schulen, sondern auch die Lehrmeister und die Politik bewegt.

Zur öffentlichen Tagung der freisinnigen Bäuerinnen und Bauern fanden am letzten Samstag etwas weniger Leute den Weg nach Wildhaus als in den Vorjahren. Grund war keineswegs das anspruchsvolle Thema «Revisionsprozess der landwirtschaftlichen Bildung», sondern der Schneefall. Doch wer den Weg ins winterliche Wildhaus unter die Räder genommen hatte, durfte vom Wissen namhafter Referenten profitieren. Gekommen waren Philipp Müller, Rektor Kaufmännisches Berufs- und Weiterbildungszentrum St. Gallen, Kobi Lütolf, Mitglied der Bildungskommission Schweizer Bauernverband, und Martin Willi, Leiter landwirtschaftliche Bildung bzbs Buchs, Rheinhof Salez.

Kobi Lütolf sprach über den Revisionsprozess der landwirtschaftlichen Ausbildung. Bild: zVg.
Kobi Lütolf sprach über den Revisionsprozess der landwirtschaftlichen Ausbildung. Bild: zVg.

Peter Nüesch, Präsident Fachausschuss Landwirtschaft und Kantonsrat, begrüsste die Anwesenden mit den Worten: «Ich freue mich, dass ihr alle den Weg ins winterliche Wildhaus gefunden habt.» Einen speziellen Gruss richtete er an Volkswirtschaftsdirektor Beat Tinner. In der kleinen, aber feinen Gruppe könne nun ein spannendes Thema, das viele bewege, erörtert werden.

13 Schulen, sechs Kantone

Gleich zu Beginn sagte Philipp Müller: «Ich bin mir bewusst, dass die kaufmännische Ausbildung nur am Rande mit eurem Kernthema zu tun hat. Aber der Weg, der beschritten wurde, die Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinweg und das inzwischen Erreichte dürfen sich sehen lassen.» Konkret bedeutet dies, dass die kaufmännische Ausbildung inskünftig im schulischen Bereich den Fokus nicht mehr auf einzelne Fächer, sondern auf Handlungskompetenzen legt. «Der Weg ist nicht einfach, brauchen wir doch anstelle von Fachlehrkräften inskünftig Teamleitende, die beispielsweise ein Fachthema in einer Fremdsprache unterrichten.»

Die Umsetzung des Projekts habe sich über mehrere Jahre entwickelt. Zuerst sei im eigenen Kanton gearbeitet worden. «Im Laufe der Zeit kamen 13 Schulen aus sechs Kantonen dazu», erklärte der Referent. Mit dem neuen Konzept sei die kaufmännische Ausbildung im August dieses Jahres gestartet. «Ein bisschen stolz sind wir darauf, dass in allen beteiligten Kantonen die gleichen Lehrmittel eingesetzt wurden.» Rückblickend habe sich der gemeinsame Weg gelohnt. Mit Blick auf die Unternehmen betonte Philipp Müller: «Es lohnt sich, Lernende auszubilden.» Bei der Diskussion gab es Fragen zur Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinaus, aber auch zur Finanzierung. Beat Tinner betonte: «Es lohnt sich für alle Branchen, Lernende auszubilden.»

Landwirtschaft ist heterogener

Aus Sicht des Luzerner Meisterlandwirts und Mitglied der Bildungskommission des Schweizer Bauernverbands Kobi Lütolf hat sich das landwirtschaftliche Umfeld verändert. «Wir müssen auch in der Bildung auf Veränderungen reagieren, denn viele Betriebe haben sich spezialisiert, auch wenn es noch einige Mischbetriebe gibt.» Mit Blick auf die heterogener gewordene Landwirtschaft sei die Bildungsrevision, die 2018 begann, nötig. «Es braucht Wissen in die Breite und damit eine Grundausbildung, um im dritten Lehrjahr seinen Fachbereich wählen zu können.»

Mit der revidierten Ausbildung sei es möglich, auch ein viertes Lehrjahr mit einem zusätzlichen Fachbereich zu absolvieren. «Dies muss aber nicht direkt an die dreijährige Lehre angehängt, sondern kann auch später und je nach Bedarf und Planung des Lernenden nachgeholt werden», sagte Kobi Lütolf. Aus seiner Sicht bietet dies den Vorteil, dass dieser Teil der Weiterbildung im landwirtschaftlichen Bereich nicht selbst bezahlt, sondern vom Staat übernommen wird. Als Kompromiss zu sehen sei die Tatsache, dass künftig der biologische Landbau in alle Berufs- und Fachrichtungen integriert werde.

Peter Nüesch (li.) und Martin Willi referierten an der Wildhausertagung. Bild: adi.
Peter Nüesch (li.) und Martin Willi referierten an der Wildhausertagung. Bild: adi.

Fachrichtungen am Rheinhof

Gemäss Martin Willi sollen die Bereiche Ackerbau, Rindviehhaltung sowie Alp- und Berglandwirtschaft am Rheinhof als Fachrichtungen angeboten werden. Noch nicht ganz sicher sei, wer den Bereich Schweinehaltung übernehme. «Da laufen noch Diskussionen. Die Absegnung wird durch die Bildungskommission der Kantone erfolgen.» Die Umsetzung sei auf das Schuljahr 2026/27 geplant, wie Kobi Lütolf ausführte. Einig sind sich Martin Willi und Kobi Lütolf, dass die Ausbildung zum Agrarpraktiker beibehalten werden soll, auch wenn in diesem Bereich eine Überarbeitung erfolgen müsse.

Jede landwirtschaftliche Schule müsse sich aktuell damit auseinandersetzen, welche Fachrichtung angeboten werde, so Martin Willi. Zudem laufe die Diskussion, wie die 1500 Lektionen auf die dreijährige Ausbildung verteilt werden können. «Ob wöchentliche Unterrichtstage, Blockkurse oder eine Kombination von beidem ist noch offen.» Persönlich sei er ein Befürworter von Blockkursen, «auch wenn dies für den Rheinhof mit Blick auf das Internat eine Herausforderung darstellt». Unterstützung für diese System erhielt Martin Willi von Stefan Britschgi: «Ich sehe die Blockkurse als kleine Rekrutenschule für die Lernenden und bin der Ansicht, im Zentrum sollte das Wohl der Auszubildenden und nicht die Wünsche des Betriebs stehen.»

Die angeregte Diskussion und der lebhafte Austausch zeigten, dass sich alle Anwesenden intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Peter Nüesch fragte: «Wie stehen die Chancen für einen nationalen Konsens, also die Zusammenarbeit über die Kantonsgrenzen hinweg?» Martin Willi sagte dazu: «Bisher waren die Kantone Wallis und Thurgau nicht mit dabei. Lernende aus unserer Region gehen aber kaum ins Wallis und wer ein Lehrjahr im Kanton Thurgau absolvieren wollte, dem haben wir empfohlen, dies möglichst zu Beginn zu tun. Die Thurgauer waren schulisch voraus und deshalb profitierten Lernende vor allem zu Beginn der Ausbildung.»

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