Rebjahr und Weinlese 2023 im Kanton St. Gallen

Mitte August sprach man schon von einer Jahrhunderternte. Diese Aussage musste leider Ende August korrigiert werden. Starke Niederschläge und Temperaturschwankungen machten einigen Rebsorten zu schaffen. Trotzdem wurden gute Mengen und Qualitäten geerntet.

Die Weinlese am Steinernen Steg in Mels ist in vollem Gange. Bild: Stefan Willi
Die Weinlese am Steinernen Steg in Mels ist in vollem Gange. Bild: Stefan Willi

Der Winter liess hierzulande zu wünschen übrig. Mit einem Temperaturhoch um die Neujahrszeit mit teilweise bis zu 20 Grad, gefolgt von überdurchschnittlich hohen Temperaturen in der ersten Januarhälfte, konnte ein besonders warmer und niederschlagsarmer Winter verzeichnet werden. In weiten Teilen der Schweiz lag der Niederschlag in den Wintermonaten von Dezember bis Februar rund 50 Prozent unter dem üblichen Schnitt.

Was im Winter an Regen fehlte, kam dafür im Frühjahr. In den meisten Regionen wurde im April doppelt so viel Niederschlag wie im Vorjahr verzeichnet. Auch im Vergleich zum langjährigen Mittel (1991–2020) sind die Niederschlagsmengen enorm hoch gewesen. Die Temperaturen waren teilweise recht kühl, was auch den Austrieb etwas verzögert hat. Trotz verzögertem Austrieb stieg das Infektionsrisiko mit Falschem Mehltau rasant an. Die nasse Witterung erschwerte den Pflanzenschutz und viele Betriebe mussten schon frühzeitig Verluste durch den Falschen Mehltau in Kauf nehmen.

Kehrtwende ab Mitte Mai

Ab Mitte Mai besserte sich dann das Wetter und es herrschte eine lange Trockenperiode. Die warme Witterung hat den Reben einen ordentlichen Schub gegeben. Das Wachstum der Triebe war stark, aber auch das Gras wuchs eifrig mit. Somit waren die Winzerinnen und Winzer fleissig mit Arbeiten wie Einschlaufen, Auslauben und Mähen beschäftigt. Dank der trockenen Witterung konnte die Blüte unter optimalen Bedingungen zügig ablaufen und es kam nur selten zu Verrieselungen. In den ersten zwei Juniwochen war der Grossteil der Blüte bereits abgeschlossen.

Hitze und Trockenheit

Die Hitzewelle hielt an und so manche Junganlage musste daher bewässert werden. Da die jungen Reben noch nicht so tief wurzeln, musste man hier wachsam sein. Teilweise litten auch die älteren Rebstöcke unter der enormen Trockenheit. Falscher Mehltau konnte sich nicht weiter etablieren, da er eine feuchtere und kühlere Witterung bevorzugt. Der Echte Mehltau hingegen mochte die warme und trockene Witterung und überraschte einige Produzenten.

Hagelschäden gab es im Raum Will und ein Hagelstreifzug reichte von Werdenberg bis Buchs und bis über die Grenze ins benachbarte Liechtenstein hinaus.

Exaktes Arbeiten bei der Lese ist enorm wichtig. Bild: Weingut am Steinig Tisch
Exaktes Arbeiten bei der Lese ist enorm wichtig. Bild: Weingut am Steinig Tisch

Umschwung des Wetters

Trotz dem schwierigen Start im Frühjahr, gefolgt vom Kampf gegen Echten und Falschen Mehltau, sahen die Weingärten im August wunderschön aus. Man darf den Tag jedoch nicht vor dem Abend loben; solange die Ernte nicht im Keller ist, kann noch vieles passieren. Der Wetterumschwung Ende August mit starken Niederschlägen und kühlen Temperaturen bedeutete für viele Rebsorten viel Stress. Die Folgen waren aufgeplatzte Beeren, eingeschrumpelte Beeren, Botrytis, Essigfäule, weshalb die Winzer frühzeitig mit der Lese beginnen mussten. Bereits in der ersten Septemberwoche wurde mit der diesjährigen Wimmet begonnen. Die letzten Trauben wurden in den ersten zwei Oktoberwochen geerntet.

Ergebnis der Ernte

Durch das rasche Handeln der Produzenten konnten gute bis sehr gute Qualitäten in die Keller gebracht werden. Bei manchen Sorten wie zum Beispiel dem Blauburgunder gab es einen Mehraufwand beim Söndern, der zum Qualitätserhalt geführt hat. Mengenmässig sind die Winzer zufrieden. Die Ertragserhebung ergab einen um circa sieben Prozent geringeren Ertrag als im Jahr 2022. Das diesjährige Ergebnis liegt mit circa sechs Prozent jedoch leicht über dem zehnjährigen Schnitt (Zehnjahresdurchschnitt: 994 036 Kilo).

Die weissen Sorten haben gute Ergebnisse sowohl in Menge als auch Qualität erzielt. Der Müller-Thurgau (Riesling-Sylvaner) brachte fast identische Mengen wie im Vorjahr und liegt somit wiederum im Zehnjahresschnitt. Bei den weissen Spezialitäten hat sich unter anderen der Sauvignon blanc bewährt.

In Thal wurde stark gekrümmtes Geschein aufgrund von Befall mit Falschem Mehltau festgehalten. Bild: Simone Aberer
In Thal wurde stark gekrümmtes Geschein aufgrund von Befall mit Falschem Mehltau festgehalten. Bild: Simone Aberer
Ende August wurde aufgeplatzer Blauburgunder festgestellt. Bild: Wetli Weine
Ende August wurde aufgeplatzer Blauburgunder festgestellt. Bild: Wetli Weine

Die Blauburgunderernte lag insgesamt etwas unter dem Zehnjahresschnitt. Dennoch konnten späte Blauburgunderlagen von dem goldenen Oktober profitieren. Sehr überzeugt haben dieses Jahr die roten Spezialitäten wie zum Beispiel Merlot, Diolinoir oder Gamaret. Aufgrund der späteren Reife dieser Sorten waren sie von den Witterungseinflüssen Ende August kaum betroffen und konnten daher mit perfekter Reife und Aromatik in die Weinkeller gebracht werden.

Einschätzung des Jahrgangs

Mittlerweile sind die Weine durchgegoren und freuen sich auf eine weitere Lagerung und Reifezeit im Stahltank oder Barrique, bevor sie dann auf die Flasche kommen. Die Weissweine zeigen jetzt schon eine schöne fruchtige Note in der Nase und werden begleitet von einer filigranen Säure. Aufgrund der frühen Blauburgunderernte wird es sicher mehr Federweiss geben, der dafür mit einer super Frische und Fruchtigkeit überzeugen wird. Bei im Holzfass oder Barrique gereiftem Blauburgunder steht uns die entscheidende Phase noch bevor. Aufgrund vieler eingetrockneter Beeren wird sich eine vollere und reifere Aromatik präsentieren, die dennoch von einer guten Säurestruktur begleitet wird. Die roten Spezialitäten werden vielschichtige Weine mit Frucht und Tiefgang liefern. Es bleibt spannend und die Konsumenten dürfen sich auf einen aufregenden Jahrgang 2023 freuen.

Bei wunderbarem Wetter wird Müller-Thurgau (Riesling-Sylvaner) in Berneck geerntet. Bild: Wetli Weine
Bei wunderbarem Wetter wird Müller-Thurgau (Riesling-Sylvaner) in Berneck geerntet. Bild: Wetli Weine

 

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