Ufa-2000-Tagung Ostschweiz für Schweinezüchter
Urs Berweger, Ufa-Verkaufsleiter Ostschweiz, begrüsste zu einer vielfältigen Tagung. Es gab Jahresauswertungen, Aktuelles aus der Anicom, Ideen für einen gesunden Schweinemarkt und schliesslich zeigte ausgerechnet ein «Stadtkind» auf, wie Brücken zwischen Konsumenten und Produzenten gebaut werden könnten.
Seit Jahren tönt es gleich: «Der Konsument muss wissen, woher das Fleisch kommt und wie es produziert wird.» Offensichtlich gelingt es nicht, gewisse Vorurteile aus den Köpfen der landwirtschaftsfernen Bevölkerung zu bringen. Auf der anderen Seite gibt es jedoch nur eine kleine Minderheit, die kein Fleisch isst. «Die sind hingegen vernetzt und laut», wie Nik, das Stadtkind, in seinem Vortrag feststellte. Nik will übrigens als Person im Hintergrund bleiben, weder fotografiert noch mit Nachnamen genannt werden. «Die Produzenten und das Schwein sollen im Vordergrund stehen, nicht meine Person, wie es sonst auf den sozialen Medien üblich ist», sagte er am Rande der Tagung. Nachdem er im In- und Ausland 198 Schweinebetriebe besucht hat, isst er immer noch gerne Schweinefleisch.
«Jeder Tag zählt»
Urs Berweger informierte zu Beginn über Entwicklungen und Investitionen der Ufa und über die neue Zusammenarbeit mit der niederländischen Forschungseinrichtung Shothorst Feed Research in Sachen Verdaulichkeit. Seit Herbst 2023 ist ein neues Ferkelfutter im Sortiment, das sich positiv auf die Kotqualität auswirkt und dadurch weniger Arbeitsaufwand nötig macht. Die Ferkel entwickeln sich nach dem Absetzen gut. Hanspeter Hohl, Zuchttechniker, präsentierte die Auswertung der Zuchtentwicklung von rund 58 000 Würfen. Der Saugferkelverlust ist eines der Kriterien. Der Wert lag 2023 bei 10,5 Prozent. Seit fünf Jahren der niedrigste Wert. «Wir hoffen, unter zehn Prozent zu kommen», sagte Hohl. Der vergleichbare Deckungsausgleich hat sich gegenüber 2022 von 343 auf 1190 Franken verbessert. «Das ist dennoch unterdurchschnittlich», wie der Zuchttechniker feststellte. Die Umrauscherquote hat sich um ein Prozent auf 11,1 Prozent verbessert. Die Umrauscherquote und der Saugferkelverlust sind Gründe, die sich auf den Zuchterfolg auswirken. Bei den Top-Ten-Betrieben liegen beide Werte weit tiefer als der Durchschnitt. Was die denn so viel besser machen, wollte ein Teilnehmer wissen. «Die Betriebsleiter haben beispielsweise am Abferkeltag Zeit, den ganzen Tag im Stall zu sein, und haben Mitarbeiter», wusste Hanspeter Hohl. Verlusttage wie Umrauschtage, Abortverlusttage oder Verlusttage vor Verkauf nach Belegung oder nach Absetzen schlagen sich ebenfalls in den Zahlen nieder. «Der hohe Anteil Leistungstage ist entscheidend. Jeder Tag zählt», betonte Hohl. Bei der Mast zeigten sich konstant gute technische Daten, die Differenz zwischen den Betrieben sei allerdings gross. «Es lohnt sich, auszuwerten und zu analysieren.»
Es wird immer weniger Schweinefleisch gegessen, aber die Produktion hat sich um ein Prozent erhöht.
An der Basis ansetzen
Julius Jordi, Leiter der Region Ostschweiz der Anicom, berichtete über die Preisentwicklung der Mastjager, die wieder besser geworden ist. Der Trend gehe in die richtige Richtung. Die interessante Zeit komme jetzt. Es komme darauf an, wie früh der Frühling einsetze und wie sich die Grillzeit entwickle. Bei zu hoher Inlandproduktion, also über 92 Prozent, sei der Markt schnell überlastet. Umweltfaktoren würden den Markt zusätzlich strapazieren, und bis sich der Markt erholt habe, dauere es lange. «Die finanziellen Verluste einer Produktion sind für sämtliche Branchenteilnehmer massiv», sagte Jordi. Die Branche müsse jetzt entscheiden, wie es weitergehe. Die Anicom arbeite aktiv mit und unterstütze den Mehrheitsentscheid der Branche. Die Entscheide im Markt würden an der Basis gefällt, sagte nach ihm Stefan Müller, Geschäftsführer Suisseporcs. Deshalb wird auch Werbung mit Spots gemacht. Das Ziel sei ein gesunder Markt mit kostendeckenden Preisen. Seit Herbst 2023 gibt es ein neues Jagerpreismodell, mit dem noch Erfahrungen gesammelt werden, und es brauche auch noch die eine oder andere Korrektur. Eine nachhaltige gute Lösung sei ein stabiler Inlandmarkt von 90 bis 92 Prozent. «Es wird weniger Schweinefleisch gegessen, aber die Produktion hat sich um ein Prozent erhöht. Eine Anpassung der Produktion ist immer noch nötig», machte er klar. Das sei eine Herausforderung für alle, der Bund werde nicht helfen. «Wir müssen selber handeln. Die gesamte Wertschöpfungskette muss diesen Schrumpfungsprozess mittragen.»
Kostendeckend produzieren
Das Ziel des Schrumpfungsprozesses sei ein kostendeckendes Einkommen aus der Schweineproduktion, speziell für Ferkelproduzenten, zeigte Stefan Müller auf. Es sollte vergleichbar sein mit dem eines gut ausgebildeten Landwirts. Auch die Bildung einer zweiten und dritten Säule sollte möglich sein und Investitionen, Reparaturen und Modernisierung. Höhere Anforderungen müssten abgegolten werden. «Im geschützten Schweizer Markt müssen wir uns organisieren, um langfristig ein gerechtes Einkommen zu sichern, ansonsten verlieren wir viel Geld.» 50 Rappen pro Kilo Schlachtgewicht entsprächen 100 Millionen Franken pro Jahr. Bei den Haartieren gebe es gute Preise dank einem tiefen Selbstversorgungsgrad, beim Geflügel ebenfalls dank Integration und bei den Schweinen würde eine Inlandversorgung von 90 Prozent 90 Prozent der Probleme lösen. Der Zentralvorstand von Suisseporcs verfolge vier Modelle, um das Ziel zu erreichen. Dafür wolle er auch mit den Produzenten diskutieren. Zum Beispiel am Informationsanlass der Sektion Ostschweiz vom 9. Februar in Kirchberg.
Ihr macht es saugut, aber nicht alle bekommen es mit.
Ein Corona-Projekt
Nik ist ein Stadtkind, Zürcher, 31 Jahre alt, und hat während der Pandemie ein neues Hobby entdeckt. Er hat sich, alleine vor seinem Teller mit Schweinefleisch, gefragt, wie das Fleisch wohl produziert wird, und hat angefangen, Schweineställe zu besuchen. Daraus ist das Projekt «Nik, Stadtkind im Schweinestall» entstanden. Nach den vielen Einblicken in die verschiedensten Schweineställe findet er, zwischen den Produzenten und den Konsumenten müssten Brücken gebaut werden. «Sie sind aufeinander angewiesen.» Zurzeit hänge die Brücke an einem seidenen Faden. Er selber sei einer von vielen mit persönlichen Gedanken. Allerdings hat er sich unterdessen einiges an Wissen angeeignet, denn viele haben ihm die Stalltüre geöffnet und ihm Auskunft gegeben. So konnte er an der Ufa-Tagung sagen: «Der Schweizer Schweinestall steht auf stabilem Fundament. Ihr dürft stolz sein, ihr macht den Menschen satt. Ihr macht es saugut, aber nicht alle bekommen es mit.» Um Brücken zu bauen, brauche es zwei. Auf jeder Seite einen. Die Öffentlichkeitsarbeit stehe dabei im Vordergrund. «Wenn ihr es nicht selber macht, macht es jemand anders, dann wird über euch berichtet.» Es lohne sich, Arbeit und Zeit zu investieren, um die tägliche Arbeit zu zeigen, denn der Nutzen sei sofort sichtbar.
Mit kleinen Schritten beginnen
Eine Möglichkeit sei, sich untereinander zu vernetzen und zusammenzuarbeiten. Es gelte auch, die Brücke zwischen der realen und der virtuellen Welt zu bauen. Er selber ist mit seinem Projekt, seinem Hobby, wie er es nennt, auf Instagram vertreten. Das eigene Umfeld könne sicher behilflich sein. «Nur wer in der virtuellen Welt präsent ist, wird gefunden», ist Nik überzeugt. «Neugierig sind alle.» Man könne mit kleinen Schritten beginnen und etwa Vereinskolleginnen und -kollegen zu einer Stallbesichtigung einladen. Den Stadtkindern mache man eine Freude, wenn man mit dem Traktor auf der Strasse kurz rausfahre, um die Kolonne passieren zu lassen. Die Konsumenten hätten wenig Ahnung. Ein Besuch, bei dem mit allen Sinnen erfahren werden könne, wie viel Arbeit in einem Schnitzel steckt, könnte etwas verändern. «Schon eine Einladung nützt.» So könne man Tabus thematisieren und enttabuisieren. «Einfach die Realität zeigen», sagte einer, der eine Aussensicht und eine eigene Webseite hat.