Die Rückkehr des Schwarzen Alpenschweins

In den letzten Jahren konnte ein Restbestand des Schwarzen Alpenschweins gerettet werden. Die Rasse wird nun wieder erfolgreich gezüchtet.

Schwarzes Alpenschwein
Beatuy hat ihre zehn Ferkel im Freiland in einem Grassnest auf die Welt gebracht.

Hoch über dem Rheintal, auf rund 750 Metern über Meer, wühlen schwarze Schweine in der Erde. Eine Sau und ein Eber schlagen sich nach Herzenslust auf einem abgeernteten Gemüsefeld die Bäuche voll. Am Tag zuvor sind ihre zehn Ferkel in einem von der Sau gebauten Nest aus Gras auf die Welt gekommen. Nein, es handelt sich nicht um Wildschweine. Diese Schweine sollen tatsächlich auf dem Gemüsefeld fressen. Es handelt sich um zwei Exemplare des Schwarzen Alpenschweins im Besitz vom Hof Morgarot in Lüchingen, der von Manuela und Marcel Schmid seit acht Jahren als Permakultur-Betrieb geführt wird.

Schwarzes Alpenschwein
Manuela und Marcel Schmid sind begeistert von der unkomplizierten Haltung ihrer Schwarzen Alpenscheinen.

Wieder nachhaltige Alpwirtschaft

Unter den Schweinen stellen Beauty und Bänz wahre Raritäten dar. Früher waren die Schwarzen Alpenschweine in viele regionale Rassen aufgeteilt, im ganzen zentralen und südöstlichen Alpenraum verbreitet. Die meisten dieser Rassen und Schläge sind laut der Erhaltungsorganisation Alpines Netzwerk Pro Patrimonio Montano (PatriMont) heute ausgestorben. Nur ein paar wenige Exemplare in verschiedenen Talschaften blieben erhalten. In der Schweiz überlebten am Lukmanier und am Splügen letzte Gruppen bis anfangs der 1980er-Jahre. Im Jahr 2013 entdeckte man einige Veltliner-Schweine, jedoch ohne Hoffnung, diese wegen Inzucht «über die Runden» zu bringen. Mit weiteren Funden von Samolaco-Schweinen und der letzten Ultner Schecken im Südtirol war es zwar nicht möglich, jeden einzelnen Schlag zu erhalten, aber zumindest den «Öko-Typ» der alten alpinen Bergschweine. Diese Restgruppen wurden von Pro Patrimonio Montano in einen Gen-Pool zusammengeführt. Damit konnte ein berggängiger Schweine-Typ mit hohen Beinen und kurzem Rumpf erhalten werden.

Schwarzes Alpenschwein
Fallobst ist bei den Alpenschweinen ein gern gesehener Leckerbissen.

Da es sich um schwarze oder schwarzgefleckte Tiere handelt, erfolgt nun die Zucht unter dem Namen «Schwarzes Alpenschwein». Das Erhaltungsprojekt zielt auf ein marktfähiges Tier, das eine Chance für eine wieder nachhaltige Alpwirtschaft bietet. Laut PatriMont hat sich in den letzten acht Jahren der Erfolg eingestellt: aktuell gebe es im Alpenraum der vier Länder Schweiz, Österreich, Deutschland und Italien wieder 75 Zuchtgruppen mit 232 Zuchttieren (Stand Mai 2021). Dank ihrer Robustheit und Anspruchslosigkeit seien sie für extensive Freiland-Haltung im Berggebiet prädestiniert, heisst es bei PatriMont.

Begeistert vom Alpenschwein

Auf dem Hof Morgarot tummeln sich seit rund vier Jahren Schwarze Alpenschweine. Zuvor hielten Manuela und Marcel Schmid Wollschweine. Diese entpuppten sich aber als Ausbrecherkönige und der Aufwand mit Einzäunen gepaart mit den Schäden, welche die ausgebüxten Schweine in den Gemüsefeldern verursachten, liessen Schmids ihre Rassewahl überdenken. Durch einen Artikel erfuhren sie vom Schwarzen Alpenschwein. Von diesen in der Haltung total unkomplizierten Schweinen waren sie rasch restlos begeistert. «Ihre Haltung ist mit wenig Arbeitsaufwand verbunden, sie sind nützlich, dem Menschen gegenüber sehr respektvoll und geben auch noch gutes Fleisch», fasst es Manuela Schmid zusammen.

Ihre Haltung ist mit wenig Arbeitsaufwand verbunden, sie sind nützlich, dem Menschen gegenüber sehr respektvoll und geben auch noch gutes Fleisch.

 Für ihre Haltung ist ein mobiler Unterstand und ein Zaun nötig. Im Winter benötigen sie zusätzlich zum Unterstand ein Stück befestigten Platz. Sonnenbrand bekommen die Schweine wegen ihrer schwarzen Färbung keinen und auch eine feuchte Suhle brauchen sie nicht unbedingt. Ein Erdloch reiche dafür auch aus. Manuela Schmid kommt aus dem Schwärmen fast nicht mehr heraus. «Wir konnten während der Geburt ihrer zehn Ferkel im Freiland bei ihr sein und ihr helfen. Sie hat uns, weil sie uns kennt, in ihrer Nähe akzeptiert.»Auch das Problem mit dem Ausbrechen hat sich erledigt: «Die Schwarzen Alpenschweine beachten den Zaun viel besser als die Wollschweine. Tatsächlich sind sie nur mit zwei Stromlitzen eingezäunt. «Wenn wir sie zügeln wollen, müssen wir sie sogar noch aus ihrem Auslauf locken, so ortstreu sind sie.» Neben den Schweinen leben noch andere Tiere auf dem Hof Morgarot: Rätisches Grauvieh, Stiefelgeissen und Toggenburger Geissen, Jakobsschafe sowie Huzulen-Pferde.

Schwarzes Alpenschwein
Die kleinen Ferkel sind zum Verlieben.

Pflug und Düngerstreuer

Die Liste der Vorteile der Schwarzen Alpenschweine für einen Betrieb wie den Hof Morgarot ist lang. Die Schweine seien robust und auch im Winter gut im Kaltstall zu halten. Mit ihren langen Beinen sind sie bestens auch für steile Lagen geeignet. Auf Gemüsefeldern vertilgen sie Schädlinge, in Wiesen rücken sie dem Hahnenfuss zu Leibe und in Obstplantagen den Mäusen. Ausserdem fungieren sie als «Pflug und als Düngerstreuer», wie es Marcel Schmid salopp ausdrückt. Nachdem die Sauen auf einem Feld waren, braucht er dieses nur noch zu fräsen und neu anzusäen oder zu bepflanzen. Die Ferkel verkaufen sie an Züchter oder Mäster. Ausserdem mästen sie auch für den eigenen Direktverkauf jeweils einige Tiere. Dabei handelt es sich jedoch nicht um grosse Mengen. «Bei uns lassen wir die Schweine nur einmal im Jahr abferkeln», so Manuela Schmid. Bänz zieht deswegen im Winter auf einen Partnerbetrieb im Tösstal, wo die Sauen dann im Frühjahr Junge bekommen sollen. Diese gehen dann im Sommer auf die Alp.

Langsames Wachstum

Im Berggebiet können die Schwarzen Alpenschweine ihre Vorteile ausspielen, weshalb sie auch nur dort offiziell gezüchtet werden dürfen. Das Zuchtbuch wird von PatriMont streng geführt, vor allem auch um Inzucht zu vermeiden. Das Fleisch hat laut PatriMont einen einzigartigen Geschmack, da sie sich von einer grossen Vielfalt an Gräsern und Kräutern ernähren. Durch das langsame Wachstum und die ständige Bewegung werde das Fleisch kompakter und das Fett verteilt sich besser im Körper. Studien würden ein 1,4-fach günstigeres Verhältnis zwischen gesättigten und ungesättigten Omega-Fettsäuren belegen. PatriMont ist davon überzeugt, dass Kunden zunehmend langsam aufgebautes Fleisch, das schon im Körper gereift ist, wollen und nicht Produkte von Tieren, die in Rekordzeit zum Schlachttermin heranwachsen.

Sie sind auch immer ein Publikumsmagnet.

Zunächst geniessen die Ferkel allerdings ihr Leben im Freiland hoch über dem Rheintal. «Sie sind auch immer ein Publikumsmagnet», so Manuela Schmid. Die agilen und zutraulichen Ferkel werden oft von Familien mit Kindern besucht.

www.patrimont.org

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