Montafoner Steinschafe: Liebe zu Region und Genuss

Der Erhalt einer alten Schafrasse und das Verwerten der Produkte liegen Doris und Harald Bitschnau am Herzen. Nebst der Liebe zu den Tieren, stellen sie auch den Genuss regionaler Produkte ins Zentrum ihrer Tätigkeit.

Montafoner Steinschafe
Eine kleine Herde Montafoner Steinschafe verbringt den Sommer auf dem Hof.

Am Bartholomäberg, der Sonnenterrasse des Montafons, hoch über Schruns gelegen, haben sich Doris und Harald Bitschnau ihren Lebenstraum verwirklicht. Im 2016 neu erbauten Laufstall leben 50 Muttertiere, der Schafbock Friedrich und je nach jährlicher Geburtenrate zwischen 50 und 60 Lämmer. Letztere kommen anfangs Winter zur Welt und dürfen dann ihr Leben acht Monate, zuerst im Stall und anschliessend auf den Weiden, geniessen. «Es sind Nutztiere, also gehört auch das Schlachten dazu», sagt Harald Bitschnau. Dies erfolge in der hauseigenen Schlachterei «und bis zu diesem Zeitpunkt steht das Wohl der Tiere im Mittelpunkt», ergänzt Doris Bitschnau.

Es sind Nutztiere, also gehört auch das Schlachten dazu.

Im Sommer lebt nur ein kleiner Teil der Herde auf dem Hof. Die meisten Tiere verbringen die warmen Tage auf der Pachtalp Mutt im Silbertal, auf 1600 Meter über Meer. Apropos Höhe: Der Hof der Familie Bitschnau liegt auf gut 1050 Meter über Meer. Wie im Montafon üblich, gibt es dazu einen Hausnamen: dieser lautet «Verner’s» Der Platz, etwas ausserhalb des Dorfes im Gebiet Lutt, ist ein idealer Ort, um Steinschafe zu halten. Dort hat man direkte Sicht auf die Vandanser Steinwand und das Montafonder Matterhorn, wie die Zimba auch liebevoll genannt wird.

Montafoner Steinschafe
Doris Bitschnau ist von ihren zutraulichen Tieren fasziniert.

Mit der Natur verbunden

 Ursprünglich hat Harald Bitschnau Schlosser gelernt und führte bereits als 25-Jähriger ein eigenes Stahlbauunternehmen. Doch zusammen mit seiner Frau Doris, die ursprünglich aus Dornbirn stammt, wurde ein Weg gesucht, der mehr mit der Natur und der Region zu tun hat. «Bei einem Stallbesuch kamen wir erstmals mit der alten Rasse der Montafoner Steinschafe in Berührung. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick», schauen die Beiden auf das Jahr 2014 zurück.

Damit waren die Weichen gestellt und wie es zu einem unternehmerisch denkenden Menschen passt, wurde das Projekt professionell umgesetzt. Harald Bitschnau machte die Ausbildung zum Schafpraktiker und Ehefrau Doris befasste sich mit den Aufgaben einer Kräuterpädagogin. «Dank dieser Zusatzausbildungen können wir unsere Passion ausleben. Wir bieten den Tieren ein artgerechtes Leben und den Menschen regionalen Genuss», sind sich die Beiden einig.

Laufstall und Platz für Gäste

«Wir haben zuerst den Laufstall mit direkter Verbindung zum Wohnhaus gebaut und unsere Herde kontinuierlich vergrössert», war bei einem Besuch vor Ort zu erfahren. Vier Jahre später, also 2020 kam dann der zweite, grosse Schritt. Es entstand ein Gebäude mit Hofladen, professioneller Küche und Gastraum, die Brennerei und im Untergeschoss die Hofmetzgerei. «Damit können wir ein Rundum-Paket anbieten, von der Fleisch- und Wollproduktion über die Verarbeitung bis hin zum Genuss mit Gästen», erklären Harald und Doris Bitschnau. Zum Genuss gehören auch die von Harald Bitschnau selbst hergestellten Edelbrände. In einer Region, wo das «Begrüssungsschnäpsle» zur Tradition gehört, versteht sich das fast von selbst.

Brennerei Bitschnau
Prüfender Blick von Harald Bitschnau in der Brennerei.

Schafrasse mit Vor- und Nachteil

Die kleine, vor wenigen Jahren fast ausgestorbene Schafrasse, wird im Montafon inzwischen auf mehreren Höfen gehalten und gezüchtet. Die Tiere sind beim Futter äusserst genügsam. Sie benötigen kein Kraftfutter und passen bestens zu den steilen Gebirgshägen der Talschaft. Sie sind sehr zutraulich, haben aber auch einen lebhaften Charakter. Sowohl weibliche als auch männliche Tiere gibt es mit und ohne Horn. Weitere Vorteile sind die feinfaserige Fleischstruktur und die leichte Ablammung, wobei Mehrlingsgeburten oft vorkommen. Es gibt bei den widerstandsfähigen Schafen verschiede Farbschattierungen, von weiss über braun bis grau, aber auch gefleckt.

Klein bedeutet aber auch, dass die einzelnen Tiere wenig Fleisch liefern. «Das ist sicher ein Grund, weshalb die Rasse beinahe ausgestorben ist», so Harald Bitschnau. Zudem sei die Wolle nicht so fein wie beispielsweise solche des Merino-Schafes. «Das bedeutet, dass nicht alles aus dieser Wolle hergestellt werden kann.» Für die Verarbeitung, respektive die Ideen rund um die Schafwolle, ist Doris Bitschnau zuständig. Sie hat dabei nicht nur die Wolle der eigenen Schafe, die sie zweimal pro Jahr scheren lassen, im Visier.

Klein bedeutet aber auch, dass die einzelnen Tiere wenig Fleisch liefern. Das ist sicher ein Grund, weshalb die Rasse beinahe ausgestorben ist.

«Auch die Wolle von zwei weiteren Höfen, also von insgesamt 130 Tieren, kommt zu uns.» Waschen, Karden und Filzen lässt sie diese Menge von anerkannten Handwerksbetrieben. Die Verarbeitung erfolgt dann im Hauseigenen «Nähstüble». Und da entstehen wahre Kunstwerke, vom Weinkühler über Sitzkissen bis zum modern umgesetzten Jupe.

Produkte aus Wolle.
Doris Bitschnau näht in ihrem «Nähstüble» wahre Kunstwerke.

Richtigen Entscheid getroffen

 Rückblickend ist das Ehepaar Bitschnau überzeugt, dass sie 2014 den richtigen Entscheid getroffen haben. «Wir fühlen uns wohl mit unseren Aufgaben, haben grosse Freude an den Tieren und mit den Gästen, die regionale, hochwertige Produkte zu schätzen wissen», sind sich Doris und Harald Bitschnau einig. Dank dieser Voraussetzungen und der guten Verankerung in der Region brauchen sie selbst wenig Ferien. Sie gönnen sich ab und zu ein paar Wellnesstage oder ein feines Essen in einem gepflegten Gasthaus.

Die Kinder sind mit dem Entscheid zufrieden. Sohn Johannes ist gelernter Bierbrauer und Tochter Katharina hat Mode und Produktionstechnik studiert. Sie bringt ihr Wissen gerne bei den Näharbeiten ihrer Mutter ein. «Johannes und Katharina halten sich gerne auf dem Hof auf und packen auch an. So gesehen ist unsere berufliche und private Situation ideal», ist Doris Bitschnau überzeugt.

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