Ernährungsmythen auf der Spur

Es gibt unzählige Behauptungen rund ums Essen und Kochen. Manche halten sich hartnäckig über Jahrzehnte oder sogar länger. Aber sind sie tatsächlich wahr?

 

Spinat ist einer der besten Eisenlieferanten. Dieser Irrglaube hält sich seit vielen Jahren eisern. Er beruht scheinbar auf einem Kommafehler, der bei der Erstellung einer Nährwerttabelle gemacht wurde. Statt der angegebenen 34 Milligramm enthält frischer Spinat ungefähr 3,4 Milligramm Eisen pro 100 Gramm. Der Gehalt an Eisen entspricht somit demjenigen von anderen grünen Gemüsen und Blättern. Eindeutig rekonstruieren lässt sich dieser Fehler allerdings nicht mehr. War es der Schweizer Wissenschaftler Gustav von Bunge im Jahre1890, der die erste Spinatanalyse mit Spinatpulver durchführte und dabei dann miteinzurechnen vergass, dass Spinat aus 90 Prozent Wasser besteht?

Der Ernährungsmythos, dass Spinat viel Eisen enthalten soll, stammt vielleicht sogar aus dem vorletzten Jahrhundert. Bilder: pixabay
Der Ernährungsmythos, dass Spinat viel Eisen enthalten soll, stammt vielleicht sogar aus dem vorletzten Jahrhundert. Bilder: pixabay

Oder stimmt eher diejenige Version der Geschichte, die dem deutschen Lebensmittelanalytiker E. von Wolf mit seiner Sekretärin die Schuld gibt, welche die Kommastelle versehentlich eine Stelle nach rechts gerückt haben. So wurden bei ihnen aus 2,7 Milligramm Eisen sage und schreibe 27 Milligramm Eisen. Obwohl ein deutscher Chemiker 1937 diesen Fehler entdeckte und korrigierte, hielt sich die Legende hartnäckig weiter. Erst 1981, als der englische Immunologe T. J. Hamblin den Mythos im «British Medical Journal» noch einmal entlarvte, nahm man den Fehler zur Kenntnis. Nichtsdestotrotz hält sich diese Legende in grossen Teilen der Bevölkerung immer noch. Aber auch mit diesem Wissen bleibt Spinat unbestritten ein gesundes Gemüse, das nebst vielen Vitaminen und Mineralstoffen zusätzlich die beiden Carotinoide Lutein und Zeaxanthin enthält.

Alkohol wärmt

Ein gefährlicher Irrglaube ist, dass Alkohol den Körper aufwärmt. Alkohol erweitert zwar die Blutgefässe und erzeugt so ein kurzfristiges wohltuendes Gefühl von Wärme. Doch in Wahrheit führt dies dazu, dass die Wärme schneller über die Haut nach aussen abgegeben wird. Durch Alkohol steigt somit langfristig die Gefahr von Erfrierungen.

Der Mythos, dass Alkohol von innen wärmt, kann gefährlich sein, denn lang- fristig fördert er den Wärmeverlust und kann schneller zu Erfrierungen führen.
Der Mythos, dass Alkohol von innen wärmt, kann gefährlich sein, denn lang- fristig fördert er den Wärmeverlust und kann schneller zu Erfrierungen führen.

Kaffee entzieht Wasser

Ein allseits bekanntes Vorurteil ist, dass Kaffee dem Körper Wasser entzieht. Mehrere Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass Kaffee keine entwässernde Wirkung hat. Wer Kaffee trinkt, scheidet bis zu 84 Prozent der aufgenommenen Flüssigkeit innerhalb eines Tages wieder über den Urin aus. Wer reines Wasser trinkt, scheidet bis zu 81 Prozent wieder aus – ein Unterschied, der kaum ins Gewicht fällt. Zudem gehört Kaffee heute in moderater Menge eher zu den gesundheitsfördernden Substanzen.

Heute weiss man, dass drei Tassen Kaffee am Tag sich in der Regel positiv auf die Gesundheit auswirken. Ein moderater Kaffeekonsum ist mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Leberkrebs verbunden. Auch ein niedrigeres Risiko für Parkinson, Diabetes, Alzheimer und Depressionen wird vermutet.

Die Zeiten, in denen Kaffee als ungesund galt, sind vorbei. Es ist, wie bei allem anderen, die Menge, die es ausmacht.
Die Zeiten, in denen Kaffee als ungesund galt, sind vorbei. Es ist, wie bei allem anderen, die Menge, die es ausmacht.

Schwitzen lässt Fett schmelzen

Wenn die Waage nach einem Saunagang weniger Gewicht als vorher anzeigt, liegt das grösstenteils am ausgeschwitzten Wasser. Deshalb nehmen Menschen, die beim Sport stark ins Schwitzen geraten, dadurch nicht schneller ab als andere. Schwitzen steht mit der Fettverbrennung in keinem direkten Zusammenhang.

Fruchtzucker ist gesünder

Die Annahme, dass Fruchtzucker gesünder ist als raffinierter Zucker, stimmt leider nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Nur weil «Frucht» am Wortanfang steht, denken viele, dass er natürlicher und darum gesünder ist. Gemäss Studien wirkt sich eine dauerhaft erhöhte Fruktoseaufnahme sogar negativ auf den Stoffwechsel aus. Er belastet die Leber und kann die Entwicklung einer Fettleber und allgemein Fettleibigkeit fördern. Zudem löst er bei vielen Menschen in zu grosser Menge Verdauungsbeschwerden aus. Hier ist aber nicht das Essen von Äpfeln oder anderen Früchten gemeint, sondern der Einsatz von konzentriertem Fruchtzucker in Pulverform.

Mit Rüebli sieht man besser

In dem Mythos «Rüebli fördern die Sehkraft» steckt ein Körnchen Wahrheit. Eine Kurzsichtigkeit zum Beispiel kann mit Rüebli leider nicht behoben werden. Aber Rüebli enthalten Betacarotin, das der Körper in Vitamin A umwandeln kann. Vitamin A wiederum ist für die normale Funktion der Augen besonders wichtig.

Fett ist schlecht

Die Aussage, dass Fett ungesund ist, trifft nur auf bestimmte Arten von Fetten zu. Nämlich auf diejenigen Fette, die vor allem in Fast Food, Hamburgern, Fertigpizza, Frittiertem und allgemein Fertigprodukten zu finden sind. Hier gilt nach wie vor: so wenig wie möglich, es sollte die Ausnahme sein. Andere Fettquellen hingegen, wie kaltgepresste Salatöle, Nüsse, Kerne, Samen, Olivenöl, sollten eher grosszügig genutzt werden. Sie sind die Bausubstanz für viele gesundheitsfördernde Stoffe im Körper. Heute weiss man über den Gesundheitseffekt, den eine kleine Handvoll Nüsse täglich zu bieten hat. Zudem fördern die erstgenannten Fette oben, die eine grosse Menge an gesättigten Fettsäuren aufweisen, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Gesundheitsfördernde Fette und Öle hingegen bewirken genau das Gegenteil. Heute gelten Nüsse als Herz- und Gefässschutz und helfen bei richtigem Einsatz, Übergewicht zu vermeiden. Beim Fett sollte also ganz genau hingeschaut werden. Fett ist nicht gleich Fett. Die Art der Fettsäuren in einem Nahrungsmittel und oft auch die Behandlung eines Nahrungsmittels machen es aus, ob Fett als gesundheitsschädigend oder gesundheitsfördernd eingestuft werden kann.

Schlechte Industriefette sollte man meiden, so gut es geht, gute kaltgepresste Pflanzenöle, Nüsse, Kerne und Samen darf man verschwenderisch einsetzen.
Schlechte Industriefette sollte man meiden, so gut es geht, gute kaltgepresste Pflanzenöle, Nüsse, Kerne und Samen darf man verschwenderisch einsetzen.

Traubenzucker aus Trauben

Traubenzucker ist nach der Weintraube benannt, wird aber heute nicht mehr daraus hergestellt. Der Fachbegriff für Traubenzucker lautet Glukose. Mittlerweise wird Glukose aus Weizen, Kartoffeln oder Mais hergestellt. Die Stärkeketten der Nahrungsmittel werden dabei zerkleinert, bis einzelne Zuckermoleküle entstehen, wie es auch beim Verdauungsprozess im Organismus geschieht, wenn Stärke gegessen wird.

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