«Nichts machen» gehört verboten
Sowohl in Laufställen als auch in Anbindeställen passieren Unfälle von Rindern infolge Ausrutschens und nachfolgendem Sturz. Um dies zu verhindern, existieren verschiedene Massnahmen.
Stürzen findet niemand angenehm. Sowohl bei Menschen als auch Tieren rufen solche Vorkommnisse oft Verletzungen hervor. Das Stolpern über vorstehende Hindernisse kann ein Grund sein. Viel öfter ist es aber das Ausrutschen. Dann ist entweder das Gehwerk oder die Auftrittsfläche daran schuld oder sogar beides. Als die Liegeflächen und der Stallgang noch aus Holz bestanden und mit Stroh bedeckt waren, kam ein Ausrutschen relativ selten vor. Dann hielten aber die Betonböden im Stallbau Einzug. Mit ihnen erhöhte sich die Rutschgefahr für Rinder markant. Schuld daran sind vorwiegend der sich im Beton festsetzende Harnstein sowie das Austrocknen und Verkleben der Oberfläche. Mit solchen Schmierschichten oder durch Harnsteinaufbau wird auch der rauste Stallboden mit der Zeit zu einer Rutschbahn.
Gefahr Laufstall?
Eine verlässliche Statistik ist nicht vorhanden. Trotzdem gilt es in der Praxis als erwiesen, dass Notschlachtungen von Rindern infolge Sturzes in den Laufställen häufiger vorkommen als im Anbindestall. Schuld daran ist zum Beispiel die erhöhte Bewegungsfreiheit. In den Anbindeställen passieren die Unfälle ebenfalls, weil der Stallgang zu rutschig ist. Eine Ursache für den Sturz kann der unkontrollierte Sprung vom Liegebereich auf den Stallgang sein. Für Thyas Künzle und Christian Manser, beide Berater für Tierhaltung am Landwirtschaftlichen Zentrum in Flawil, gibt es bei beiden Haltungsformen Vor- und Nachteile.
Stier in der Herde
Ursachen für Stürze von Rindern können aktives Brunstverhalten oder Rangkämpfe sein. Bei neu zur Herde stossenden Tieren sind diese kaum zu verhindern. Solche Tiere in den ersten Tagen in einer Separation mit Kontakt zur Herde zu halten, kann die Rangkämpfe minimieren. Brünstige Tiere sollten ebenfalls – wenn möglich – separiert werden. Als Beruhigung erweist sich in dieser Hinsicht das Halten eines Stiers im Laufstall. Dieser kümmert sich schnell um brünstige Kühe, was das Aufspringen von anderen Tieren verhindert. Aber auch ein Stier mag es, wenn der Boden griffig ist. Bei rutschigen Stallgängen ist die Brunsterkennung in einer Herde beeinträchtigt. Die Tiere können ihrem natürlichen Verhalten weniger nachgehen, was sich in schlechteren Fruchtbarkeitskennzahlen widerspiegelt.
Mehr Bewegung
Für Thyas Künzle ist es klar, dass rutschige Böden eine allgemeine Leistungsverminderung der Kühe nach sich ziehen. Tiere, die sich infolge Rutschgefahr weniger bewegen, begeben sich seltener zur Fressachse. Weniger Futter gibt weniger Milch. In Studien zeigte sich, dass sich Kühe auf rutschfesten Böden wesentlich öfter der Körperpflege, wie sich schlecken, hingeben. Einen wesentlichen Einfluss hat der Stallboden auch auf die Klauengesundheit. In rutschigen Ställen machen die Kühe deutlich kürzere Schritte als zum Beispiel auf der Weide. Lange Schritte haben den Vorteil, dass eine Kuh ihre Klaue mehr im hinteren Bereich aufsetzt. Somit kann der Klauenballen die Stösse sicherer abfangen und das Tier geht ruhiger.
Massnahmen umsetzen
In den Laufstallgängen, die mit einem Schieber entmistet werden, soll zur Reduktion von Ammoniakemissionen das Gefälle zur in der Mitte liegenden Harnsammelrinne mindestens drei Prozent aufweisen. So trocknet der Stallgang schneller und es setzt sich weniger Harnstein an. Dadurch steigt aber die Gefahr der Schmierschichtbildung. In diesen Gängen werden zur Verminderung der Rutschgefahr vorbeugend oder auch nachfolgend Rillen eingefräst. Für Christian Manser ist das Einfräsen eines Rautenmusters ungeeignet. «Das ergibt zahlreiche Stellen, die in ihrer Form sehr spitz sind. Daraus können Klauenverletzungen entstehen. Zudem können die Flächen weniger gut gereinigt werden.» Das Abflammen des Harnsteins ist ebenfalls eine Methode, den Stallgang wieder rutschfest zu machen. Dies wird aber nur von einem französischen Anbieter praktiziert. Gummimatten können sowohl im Anbindestall als auch im Laufstall eine wesentliche Erleichterung bieten. Diese federt den Gang der Kuh ab. Ein Landwirt berichtet, dass er im Gang des Anbindestalls die Gummimatten umgekehrt platziert habe. «Erstaunlicherweise hat sich die Unterseite der Matte als wesentlich weniger rutschig erwiesen als ihre Oberfläche.» Im Laufgang eines Anbindestalls kann auch mit Quarzsand eine gute Griffigkeit erreicht werden. In Laufställen bringt diese Massnahme einen zu starken Abrieb der Klauen. Eine kostengünstige Variante, um den Anbindestallgang rutschsicher zu machen, ist das Verlegen eines Rasenteppichs. Für Christian Manser und Thyas Künzle existieren viele gute, aber keine perfekten Lösungen bezüglich Rutschsicherheit in den Ställen. Das sei von Fall zu Fall verschieden. Eines ist für sie aber klar: «Gegen einen rutschigen Stall nichts zu machen gehört eigentlich verboten.»