Akzente zu einem Trend setzen
Das Agroforst-Projekt Rümlisberg im Schwarzenburgerland war ein passender Ort für den Schweizer Bauernverband (SBV) und den Fonds Landschaft Schweiz (FLS), um ihre unterschiedlichen, aber durchaus miteinander vereinbaren Ansprüche an Agroforst-Projekte vorzustellen.
«Die Biodiversität erhöhen, ohne die Produktion von Nahrungsmitteln zu reduzieren»: So lautet eines der Ziele, das der Landwirt Matthias Roggli mit der Agroforst-Fläche auf seinem Betrieb oberhalb von Mamishaus anstrebt. 60 junge Apfel- und Birnbäume – nicht mehr als zwei von der gleichen ProSpecieRara-Sorte – hat er in fünf langen Reihen auf sein Ackerland gepflanzt, zwischendurch auch mal einen Strauch gesetzt oder Platz für einen Asthaufen gelassen. Zwischen zwei Baumreihen gedeiht Ur-Dinkel; auf einem anderen Streifen weiden Hühner, die später als Weidepoulet verkauft werden.
Den Wert des Landes steigern
Wenn die Bäume dann mal grösser sind, werden sie Schatten spenden und den Wind abschwächen, mit ihren Wurzeln den Boden und Wasserhaushalt verbessern, Früchte für die Direktvermarktung als Tafel-, Most- und Trockenobst hervorbringen und auch das Landschaftsbild bereichern. «Der Wert des Landes soll für kommende Bewirtschaftergenerationen erhalten und gesteigert werden», bringt Matthias Roggli seine Motivation für das Agroforst-Projekt Rümlisberg auf den Punkt.
Der Schweizer Bauernverband sieht nebst der Biodiversitätsförderung und der Aufwertung der Kulturlandschaft einen zusätzlichen Mehrwert im Schutz der Ressourcen. Die Diversifikation des Betriebs dank Agroforst erhöht zudem dessen Resilienz, auch in Bezug auf den Klimawandel: Bäume speichern Kohlenstoff, der Humusgehalt im Boden nimmt zu und Bodenerosionen können reduziert werden.
Herausforderungen in der Praxis
Doch so gut es klingt, so einfach ist es nicht. «Agroforst-Systeme bringen viele Herausforderungen mit sich», erklärt Michel Darbellay. Der Leiter der Departemente Produktion, Märkte und Ökologie des SBV fährt weiter: «Der Initialaufwand ist gross, die Arbeitsbelastung steigt und in den meisten Fällen müssen sich Landwirtinnen und Landwirte spezifisches Wissen und neue Fähigkeiten aneignen, um Agroforst-Systeme erfolgreich zu bewirtschaften. All dies ist mit Zeit und Kosten verbunden, ein knappes Gut.» In Kombination mit rechtlichen Unklarheiten bestehen nach wie vor Unsicherheiten, die Landwirtinnen und Landwirte zögern lassen.
Der Wert des Landes soll für die kommenden Generationen erhalten und gesteigert werden.
Für den SBV ist daher ein wichtiger Teil der Lösung die Erschliessung neuer Vermarktungswege und die Etablierung eines stabilen Absatzmarktes. Dazu sind alle gefragt, von Bauernfamilien über Handel bis zu den Konsumierenden.
Landschaft und Biodiversität
Aus Sicht des Fonds Landschaft Schweiz (FLS) ist das Agroforst-Projekt von Matthias Roggli gut ins Gelände eingepasst: «Die Baumreihen und auch 15 separat gepflanzte Nussbäume fügen sich gut in die Topografie ein und ergänzen vorhandene Landschaftselemente sinnvoll», sagt Victor Egger. Er ist Mitglied der FLS-Kommission, des Leitungsorgans des verwaltungsunabhängigen Förderinstruments, das 1991 zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft geschaffen wurde, um freiwilliges Engagement zur Pflege und Aufwertung naturnaher Kulturlandschaften zu unterstützen. Bisher hat der FLS rund 3100 Projekte mit insgesamt 165 Millionen Franken fördern können.
Landschaft mitgestalten
Zu seinem 30-Jahr-Jubiläum hat die FLS-Kommission eine Strategie mit dem Ziel formuliert, die Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts aktiv mitzugestalten. Als besonderen Sensibilisierungs- und Förderakzent hat sie dazu im Frühjahr 2022 den «FLS-Fokus Agroforst» lanciert, um gezielt beispielhafte Projekte zu unterstützen. Hauptkriterien für die Gewährung von finanziellen Beiträgen, die im Vergleich zur üblichen FLS-Praxis erhöht sein können, sind die gute Einbettung in die Landschaft und die Förderung der Biodiversität.
Projekte und grosses Interesse
Bisher hat der FLS in diesem Rahmen acht Agroforst-Projekte fördern können – je nach Grösse und Ausgestaltung mit unterschiedlich grossen Beiträgen (zwischen 4000 und 38 000 Franken) in der Höhe von maximal 50 Prozent der anrechenbaren Kosten. Weitere Gesuche um Unterstützung sind hängig oder in Vorbereitung. Michel Bhend, wissenschaftlicher Mitarbeiter auf der FLS-Geschäftsstelle, stellt eine grosse Vielfalt fest: «Es gibt stark produktionsorientierte Agroforst-Projekte, aber auch solche mit ausgeprägter Ausrichtung auf ökologische Ziele wie Artenvielfalt.»
Positive Zwischenbilanz
Ein Jahr nach der Lancierung des «FLS-Fokus Agroforst» lässt sich eine positive Zwischenbilanz ziehen. Neben der direkten Förderung von vorbildlichen Projekten hat der FLS seine Landschafts- und Vielfaltskriterien in die Agroforst-Diskussion einbringen können. Er ist damit auf grosses Interesse gestossen: beispielsweise am Schweizer Landschaftskongress, am Naturkongress und an der «Rapperswiler Tagung» der Landschaftsfachleute, in kantonalen Gremien und in den Workshops, die von den Bundesämtern für Landwirtschaft und Umwelt zur Erarbeitung von Grundlagen für allfällige Agroforst-Direktzahlungen durchgeführt worden sind. pd
Der Initialaufwand ist gross, die Arbeitsbelastung steigt und Landwirte müssen sich Wissen aneignen.
Förderung durch den Bund wird geprüft
Die gesetzlichen Grundlagen für die Förderung von modernen Agroforst-Systemen mit Direktzahlungen seien vorhanden, sagte Bundesrat Parmelin kürzlich im Nationalrat. Eine solche Förderung werde auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem Ressourcenprojekt «agro4esterie» geprüft, die seit 2020 bis 2028 auf 140 Betrieben in mehreren Westschweizer Kantonen gesammelt werden. Eine Motion, die ein rascheres Vorgehen fordert, hat der Nationalrat am 2. Mai mit 109 zu 83 Stimmen abgelehnt. Der Fonds Landschaft Schweiz (FLS) trägt 30 000 Franken zur Finanzierung des erwähnten Ressourcenprojekts bei und freut sich, wenn er auch auf diesem Weg zur Entwicklung von guten Kriterien für Agroforst-Projekte beitragen kann. pd.