Dank Photovoltaik fast klimaneutral

Mit einer Photovoltaikanlage lässt sich nicht nur Geld verdienen, sondern auch ein Beitrag zur Klimaneutralität des Betriebes leisten.

Die PV-Anlage auf dem Hof Sins erbringt eine Leistung von 65 Kilowattpeak. Bild: Christian Obrecht
Die PV-Anlage auf dem Hof Sins erbringt eine Leistung von 65 Kilowattpeak. Bild: Christian Obrecht

Im Jahre 2018 wurde die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) durch Einmalvergütungen abgelöst und ab diesem Jahr treten neue Tarife und Fördermassnahmen der Energieförderungsverordnung für Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) in Kraft. Familie Obrecht in Paspels in der Bündner Gemeinde Domleschg erzählt von ihren Erfahrungen, die sie mit ihren PV-Anlagen und den bisherigen Förderungen gemacht hat.

Schon früh eingestiegen

Die PV-Anlage auf dem Hof Sins zählt zu den ersten, die von der kostendeckenden Einspeisevergütung profitierten. Im Jahre 2002 liessen sich Andreas und sein Bruder Christian Obrecht von der Idee inspirieren, auf dem nach Süden ausgerichteten Stalldach und auf dem Flachdach einer kleinen Remise eine Indach-PV-Anlage zu installieren. Eine solche Anlage wäre mit wenig täglicher Arbeitszeit verbunden und würde ein Einkommen neben der landwirtschaftlichen Tätigkeit generieren. «Es hätte sich damals aber noch nicht rentiert», sagt der Landwirt rückblickend. Im Jahre 2007, als das Elektrizitätswerk Zürich (EWZ) Strom aus privaten PV-Anlagen nachfragte und die staatlichen Förderungen ins Gespräch kamen, machten die beiden Brüder eine Baueingabe. Als im Jahre 2009 die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) eingeführt wurde, verfügten sie schon über eine Baubewilligung und gehörten zu den ersten Antragstellern, denen die KEV zugesprochen wurden.

Hoher Einstiegspreis

In den Jahren 2010 und 2013 erstellte Andreas Obrecht auf seinem eigenen Hof in Grava auf der dortigen Remise und dem Stall zwei weitere PV-Anlagen als Aufdach. Die erste Anlage in Sins kostete circa 8000 Franken/Kilowattpeak (kWp). Heute käme die Anlage bedeutend günstiger. Man rechne mit 2000 Franken/Kilowattpeak, sagt Andreas Obrecht. Dank der KEV erhalten sie für die ersten Investitionen während 25 Jahren einen Strompreis von 76 Rappen, 66 Rappen als Grundtarif und weitere 10 Rappen als Zuschlag für eine Indach-Anlage. Der Maschinenring Thurgau, heute die MBRsolar AG, plante und montierte die Anlage. Wie berechnet, führte die Investition zu einer jährlichen Rendite des Kapitals von acht Prozent und war nach zwölf Jahren amortisiert. Somit ist die Anlage seit zwei Jahren in der Gewinnzone. Inzwischen hat Christian Obrecht junior den Betrieb Sins übernommen. Die beiden Betriebe Sins und Grava bilden eine ÖLN-Gemeinschaft. Zusammen kommen sie auf eine Leistung ihrer Anlagen von 190 Kilowattpeak und produzieren im Durchschnitt 220 000 Kilowattpeak Strom pro Jahr. Der Strompreis im Durchschnitt aller drei Anlagen liegt bei 50 Rappen/Kilowattpeak.

Bedingung für die KEV war, dass der Betrieb den gesamten Strom ins Netz einspeist. «Wir dürfen nichts selbst verbrauchen», fasst Andreas Obrecht zusammen. Könnten sie den Strom selber nutzen, dann würden sie nicht nur den Strompreis sparen, sondern auch die Netzgebühren, die beim Strombezug anfallen und teils höher sind als der reine Strompreis. Andreas Obrecht überlegte sich deshalb, an seiner Stallfassade eine weitere PV-Anlage anzubringen, um deren Strom für das Wohnhaus zu nutzen. Ziel wäre eine Inselanlage mit einer Batterie gewesen. Da die Kosten einer Batterie hoch sind und der Überschussstrom – man rechne dabei mit etwa zwei Dritteln des Stromanfalles – günstig hätte abgesetzt werden müssen, verzichtete er darauf. Das Wichtigste beim Bau einer PV-Anlage sei, sich vorher gut beraten zu lassen und eine Rentabilitätsrechnung zu machen, betont Obrecht. Voraussetzung ist, dass eine dem Stromanfall entsprechende Leitung oder eine Trafostation vorhanden ist, die den Strom ins Netz einspeisen kann. Ein guter Partner kenne die Verpflichtungen der Netzbetreiber und könne sie besser einfordern als ein einzelner Solarstromlieferant.

Indach mit Heubelüftung

Zusammen mit der Indach-PV-Anlage haben Obrechts auch ein Unterdach für die Heubelüftung angebracht. So können sie die Abwärme unter den Modulen zum Erwärmen der Trocknungsluft verwenden. Indem die Luft die Wärme unter den Modulen abführt, lässt sich der Wirkungsgrad der Heutrocknung um sieben Prozent erhöhen. «Somit schlägt man zwei Fliegen auf einen Schlag», sagen die Betreiber der PV-Anlage erfreut. «Die Anlage funktioniert einwandfrei», sagt Christian Obrecht. Die MBRsolar AG überwacht per digitale Fernwartung die Wechselrichter. Auch können die Landwirte selbst die erzeugte Strommenge an den Wechselrichtern ablesen und kontrollieren, ob die verschiedenen Einheiten gleich gut arbeiten. Bis jetzt musste noch kein Modul ausgewechselt werden. Wichtig sei, dass die Module sauber sind. Während auf dem steilen Stalldach auf dem Hof Sins der herunterrutschende Schnee die Module reinigt, müssen diejenigen auf den flacheren Dächern auf dem Hof Grava alle zwei Jahre von einer Firma mit Spezialgeräten gereinigt werden, was schnell einmal ein paar Tausend Franken kostet. Die erzeugte Strommenge variiert entsprechend den Sonnenstunden von Jahr zu Jahr. Unter dem Jahr ist der Stromertrag in den Monaten Dezember bis Februar am geringsten, nicht nur wegen der Schneedecke, sondern auch wegen der kurzen Tageslänge.

Schritt zur Klimaneutralität

Obrechts haben für ihre PV-Anlagen etwa eine Million Franken investiert. Andreas Obrecht betont, dass es eine unternehmerische Entscheidung sei, die gut überlegt sein will und nur aufgrund einer positiven Rentabilitätsberechnung sinnvoll ist. Eine Voraussetzung ist, dass die Summe der Sonneneinstrahlung über das ganze Jahr hinweg genügend gross ist. Die PV-Firmen können anhand der Exposition des Daches, der Höhenlage und der Geländegegebenheiten berechnen, welche Leistung im Durchschnitt zu erwarten ist. Der Stall Sins ist frei gegen Süden ausgerichtet. Es gibt keine Berge, welche die Sonneneinstrahlung beeinträchtigen. Die zu erwartende Leistung ist eine wichtige Grundlage für die Berechnung der Rentabilität der Anlage. Für die beiden biologisch bewirtschafteten Betriebe mit je 45 Hektaren landwirtschaftlicher Fläche, 25 Mutterkühen, 80 Bio-Weide-Beef-Rindern sowie mit 20 Hektaren Ackerbau ist die Stromgewinnung ein Nebenverdienst. «Für mich ist es auch eine Solarrente», fügt Andreas Obrecht an. Die beiden Landwirte haben ihr Kapital in einen Betriebszweig investiert, den sie ohne viel Arbeit betreiben können und von dem sie hoffen, dass er auch langfristig rentabel ist. Ziel der Arbeitsgemeinschaft Obrecht ist ausserdem, die Landwirtschaft nicht zuletzt dank der Stromerzeugung aus Sonnenenergie klimaneutral zu betreiben. Denn dank der PV-Anlagen sparen sie etwa 127 Tonnen CO2 pro Jahr ein.

Mehr Risiko

«Mit dem Strompreis ist es wie mit dem Benzinpreis an der Tankstelle», sagt Obrecht. Er ist je nach Nachfrage und Angebot starken Schwankungen unterworfen. Die lange Vertragsdauer der KEV, die inzwischen von einer Einmalvergütung abgelöst ist, macht Obrechts für 25 Jahre unabhängig von den Schwankungen des Strompreises. Ab 2034 ist auch ihr Strom dem freien Markt ausgesetzt. Es gibt, wie Andreas Obrecht ausführt, Betriebe, die nur elf Rappen/Kilowattpeak als KEV erhalten, da sie zu einem späteren Zeitpunkt eingestiegen sind, als nur noch eine geringe KEV bezahlt wurde. Dieser Betrag liegt unter dem aktuellen Marktpreis von etwa 25 Rappen, den die Netzbetreiber den Solarstromproduzenten pro produzierte Kilowattstunde zahlen. Man kann aus dem KEV-Vertrag aussteigen, aber man kann nicht mehr zurück, ist also den Schwankungen des Strompreises ausgesetzt.

Christian und Andreas Obrecht vor dem Stall. Bild: Michael Götz
Christian und Andreas Obrecht vor dem Stall. Bild: Michael Götz

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