Das Abenteuer wagen

Marlen Frick aus Urnäsch ist vielseitig: Als Fleischfachfrau Veredelung berät und bedient sie die Kundschaft in der Metzgerei, sie fotografiert aus Leidenschaft und im Sommer geht es z Alp. Eine sportliche Abwechslung geniesst die Bauerntochter beim Skifahren.

Marlen Frick kommt von einem Paarshooting zurück. Bild: Claudia Manser
Marlen Frick kommt von einem Paarshooting zurück. Bild: Claudia Manser

«Oft bin ich unterwegs. Ich komme gerade von einem Fotoshooting», sagt Marlen Frick, als sie im Hofstöbli sitzt. Hier im «Steinenmoos» ist sie mit fünf Geschwistern aufgewachsen, half den Eltern beim Heuen oder bei der Gästebetreuung. Wenn es die Zeit zulässt, springt die Zweitjüngste auch heute noch ein. «Hochzeitsplanerin war mein Traumberuf», blickt die Urnäscherin auf ihre Kinderjahre zurück und ergänzt: «Wenn ich später eine Tätigkeit ausüben würde, die mit Hochzeiten zu tun hätte, das wäre genial.» Aus dem Hochzeitstraum wurde vorläufig nichts, sie machte eine Ausbildung zur Fleischfachfrau Veredelung. Die Kundschaft empfangen und beraten, Fleisch schneiden, Bestellungen aufnehmen oder Fleischplatten zusammenstellen – die Arbeiten in der Metzgerei gefallen ihr denn auch. Da kann sie ihre Kreativität und die Liebe zum Detail ausüben. «Seit meiner Lehre habe ich nie auf einem anderen Beruf gearbeitet», sagt Marlen Frick.

Marlen Frick auf der Riederalp. Immer mit dabei der Bärli. Bild: zVg.
Marlen Frick auf der Riederalp. Immer mit dabei der Bärli. Bild: zVg.

Einzigartigkeit festhalten

Auch in ihrer Freizeit wollte die 23-Jährige etwas tun, aktiv sein. Fotografieren mit dem Handy gefiel ihr anfangs: «Dann kaufte meine Schwester eine Kamera und gab mir diese auch zum Ausprobieren. Ich war fasziniert.» Zum 20. Geburtstag schenkten die Eltern und Geschwister Marlen einen Fotokurs bei Nina Kälin in Oberiberg. «Zuerst lernte ich die Kamera und verschiedene Bearbeitungen kennen. Dann hiess es, mit der Kamera viel üben. Danach ging es darum, dass bei der Fotografie viel mehr dahintersteckt, als man meint, wie gehe ich mit den Kunden um und wie gebe ich mich als Person», meint Marlen Frick. «Der Stil von Nina Kälin gefällt mir. Ich konnte so unendlich viel von ihr lernen und bin auch heute noch begeistert von ihrem Wissen und ihrer Art.»

In den sozialen Medien, besonders auf Instagram, platzierte Marlen Frick ihre Fotos. Erste Anfragen für Shootings gingen ein – eine gewisse Nervosität war vorhanden: «Es ist mir wichtig, die Menschen in ihrer Einzigartigkeit und Persönlichkeit festzuhalten. Jeder und jede darf vor der Kamera sein eigenes Ich sein.» Das Echo war gut, die Mund-zu-Mund-Propaganda äusserst erfreulich. «Für mich sind es nicht nur Fotos, ein Hobby oder eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, sondern ein richtiges ‚Herzwerch’», sagt Marlen Frick. Die Fotografie ist zeitintensiv. Gerade im letzten Herbst, als Marlen Frick verschiedene Hochzeiten begleiten durfte, musste sie sich die Zeit herausnehmen, um die Bilder am Computer auszuwählen und zu bearbeiten. Danach können die Fotos per Onlinegalerie heruntergeladen werden oder die Fotografin überbringt persönlich den Stick. Eine beliebte Location für Shootings ist die Schwägalp. Für die Bauerntochter ist dies kein Zufall: «Auf der Schwägalp hat es verschiedene Orte, die unberührt und ideal zum Fotografieren sind. Mir gefallen Kühe im Hintergrund, es darf bodenständig sein.» Zwischenzeitlich hat Marlen Frick ihre Webseite www.marlensherzwerch.ch aufgeschaltet, ihre Arbeitstätigkeit bei der Metzgerei auf 80 Prozent reduziert: «Ich möchte mich in der Fotografie noch weiterbilden. Hie und da muss ich meinen Kopf lüften. Einen Skitag oder einen Tag lang z Berg gehen mit Freunden geniesse ich sehr.»

Ein Stimmungsbild von der Alp. Bild: zVg.
Ein Stimmungsbild von der Alp. Bild: zVg.

Die Freiheit auf der Alp

«Ich musste für den kommenden Sommer schon ein paar Hochzeiten absagen», sagt Marlen Frick achselzuckend. «Es ist schade. Die Brautpaare sind oftmals Bekannte.» Der Grund dafür: Marlen Frick geht z Alp. Es wird ihr dritter Alpsommer sein. Die vergangenen zwei Alpsommer verbrachte sie zusammen mit ihrer Kollegin Tanja Biser auf der Riederalp. Die Riederalp war eher Zufall. Ein Kollege von Tanja wusste, dass dort noch Alppersonal gesucht wurde. Eine Alp mit 40 Milchkühen wäre gerade ideal für zwei Frauen. «Im ersten Sommer im 2021 sind wir beide buchstäblich ins kalte Wasser gefallen. Wir mussten viel lernen. Da die Riederalp autofrei ist, mussten wir viel laufen, was ich aber sehr genoss. Nur die Milch durfte mit dem Muli zur Sammelstelle transportiert werden.» Anfangs begegneten die Einheimischen den Urnäscherinnen mit Zurückhaltung. Doch hat man einmal das Vertrauen der Walliser gewonnen, schenken sie einem das Herz. Bei Marlen Frick kommt Wehmut auf, wenn sie spricht: «Wir erhielten viel Wertschätzung. In diesen drei Monaten habe ich mich nie einsam gefühlt. Zusammen mit Älplern der Nachbaralpen und den Leuten aus dem abgelegenen Dorf waren wir wie eine grosse Familie.» Auf der Alp gefalle ihr das Freiheitsgefühl, immer draussen zu sein, dreckige Hände und Hosen zu haben. Und vor allem die Tiere. Besonders der liebliche Appenzellerhund Bärli ist ihr ans Herz gewachsen. Die Tage waren arbeitsintensiv und lang, ein gutes Teamwork eine Voraussetzung. «Manchmal waren wir total übermüdet, etwas Ausgang gehört schliesslich auch dazu. Es gab viele gute und auch lustige Momente», erzählt Marlen Frick. «Es war faszinierend, ein ganz anderes Leben. Ich lernte das Kleine schätzen, den Moment zu geniessen. Manchmal nahm ich den Fotoapparat mit, um die Stimmung bildlich festzuhalten.» Es war so schön. So gingen die zwei Kolleginnen ein zweites Mal auf die Riederalp. Mit Blick auf den kommenden Alpsommer verrät Marlen Frick: «Heuer gehe ich mit meinem Freund ins Berner Oberland, auf den Hasliberg. Zusammen betreuen wir 70 Milchkühe und 60 Rinder. Es ist etwas Neues. Ich freue mich auf das Abenteuer.»

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