Emil Koller zimmert und verziert
Dank Corona und frühen Feierabenden kam letzten Herbst der gelernte Zimmermann Emil Koller aus Steinegg bei Appenzell auf die Idee, schmucke Holztafeln herzustellen. Die Liebe zum Holz und zu dessen Verarbeitung hat er damit wieder neu entdeckt.
Jede Tafel, die Emil Koller anfertigt, ist ein Unikat. Massenprodukte möchte er nicht herstellen, dafür etwas, das die appenzellische Herkunft erkennen lässt. Das zeigt sich zuerst einmal an den Namen der drei verschiedenen Holztafel-Modellen: Seentis, Ebenalp, Kasten. Diese drei Berge hat Emil Koller immer vor Augen. Schon als Bub sah er sie von seinem Elternhaus aus, das war 500 Meter weiter von seinem jetzigen Wohnort entfernt. Auch aus dem Stubenfenster seines jetzigen Hauses in Steinegg bei Appenzell, in der Greben, hat er, nebst dem ganzen Alpstein, die drei im Blickfeld. Zuhause ist er dort mit seiner Frau Marlis und den zwei Söhnen, 16- und 18-jährig.
Verschiedene Tafeln
Den höchsten Berg, den Säntis, nennen die Innerrhoder liebevoll «Seentis». Seentis heisst denn auch die grösste Hoftafel. Die erste von diesen steht vor Kollers Haus. Schwungvoll verziert könnte sie gut irgendwo als Ortsschild oder als Wirtshausschild dienen. Wie ein kleines schmuckes Häuschen sieht sie aus, besonders wenn in den dazugehörigen Blumentröglein die Blumen blühen. Auf der Vorder- und auf der Rückseite ist genügend Platz für Informationen. Die Tafel ist fest im Boden verankert.
Die zweitgrösste Tafel, sie ist am Haus angebracht, hat den Namen Kasten. Hoher Kasten. Auch dieser Berg bedeutet Heimat. Diese Tafel ist dafür gedacht, um sie an eine Wand zu hängen. Sie wird nur auf einer Seite beschriftet.
Ebenalp heisst die dritte und kleinste Tafel. Sie eignet sich vor allem als Hochzeits-, als Geburtstagsgeschenk oder als Preis für langjährige Zugehörigkeit bei einem Verein oder zu einem Arbeitsjubiläum. Eines haben aber alle drei Modelle der Werbetafeln gemeinsam: Sie ziehen den Blick auf sich. Das alte Handwerk ist erkennbar.
Die Liebe zum Schönen
Ein «Hölziger» ist Emil Koller geblieben, obwohl er vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen den Beruf wechselte. Seither arbeitet er zu 100 Prozent bei der kantonalen Energieversorgung Thurgau (EKT) in Arbon als Hauswart und Monteur Netzbau. Sein Tag beginnt morgens um fünf Uhr. Für seinen Arbeitsweg braucht er rund 35 Minuten mit dem Auto. Das Frühaufstehen macht ihm nichts aus, denn das verschafft ihm einen frühen Feierabend. Den geniesst er. Gerne ist er mit dem Bike im Alpstein oder anderswo unterwegs. Auch wandert er gerne an Wochenenden. Doch dann kam vor einem Jahr Corona und der Lockdown. Er hatte weniger Arbeit, war ans Haus gefesselt. Viele freie Stunden verstrichen ungenutzt. Er wollte etwas tun, wollte anpacken, etwas Sinnvolles leisten. Im Bauernhaus, in dem noch seine Eltern wohnen, richtete er eine Werkstatt ein. Im vergangenen Herbst fertigte er dann die erste Hoftafel an. Auf die Idee kam er beim Anblick von flüchtig oder unsorgfältig geschriebenen Hoftafeln, die er im Vorbeifahren durch verschiedene Dörfer entdeckte, auf denen eigenes Gemüse, Beeren oder Früchte angepriesen werden. Das inspirierte ihn. Schade, dachte er, könnte man diese nicht schöner und sorgfältiger gestalten? Seine Berufslehre hat Emil Koller seinerzeit im Nachbardorf Weissbad gemacht. Während 34 Jahren arbeitete er als Zimmermann auf Holzbau und Umbauten. Hektisch und streng sei es oft gewesen, der ständige Druck habe ihn belastet, vor allem auch der Verlust der Kreativität. Die Liebe zum Holz und zu dessen Verarbeitung hat er jetzt wieder neu entdeckt. Nebst einem Holzhäuschen für Hühner und Kaninchen, das den Ansprüchen dieser Haustiere gerecht wird, zimmerte er manch schönen Gebrauchsgegenstand, der die Hand des gelernten Zimmermanns erkennen lässt. Auf die Werbetafeln schnitzt er seine Initialen.
Mit Herzblut und Respekt
Die Tafeln sollen den Blick der Passanten auf sich ziehen, die Neugier wecken und zeigen, was es zu kaufen oder zu erleben gibt: Direktvermarktung, Schlafen im Stroh, Ferien auf dem Bauernhof,
Die dazugehörigen Blumentrögli sind aus Lärchenholz. Für diese kauft Emil Koller die fertigen Rohlinge. Eine extra Maschine zu kaufen, um sie aufs richtige Mass zu sägen, käme zu teuer. Blitzsauber und aufgeräumt ist es in Emil Kollers Werkstatt. Das Appenzellerhaus seiner Eltern wird später einmal ihm und seiner Familie gehören. Mit einem Blick auf die Fassade meint er: «Ja, die hat es auch einmal nötig». Vorerst widmet er sich seinen Tafeln. Wie viel Arbeit er für eine Tafel braucht? Je nachdem. Für «de Seentis» rund eine Woche. Noch denkt Emil Koller nicht daran, sein Hobby zum Beruf zu machen. Vielleicht später einmal. Die Liebe und die Leidenschaft für seine Hoftafeln wird er nie verlieren.