Franz Inauen schnitzt Figuren und Alpfahrten am Küchentisch

Das Jahr 2011 war ein Schicksalsjahr für FranzInauen, den damals 47-jährigen gelernten Metzger aus Steinegg. Aus gesundheitlichen Gründen musste er seinen geliebten Beruf zu 50 Prozent reduzieren. Was tun? Er begann zu schnitzen, zuerst zaghaft, dann mit Erfolg.

Holzschnitzer
Die Vielfalt der Schnitzereien ist gross.

Noch vor wenigen Jahren habe er sich kaum getraut, seine Schnitzereien jemandem zu zeigen. Im Stillen fing er an in der Garage in seinem Wohnhaus die Holzstücke mit der Bandsäge zuzuschneiden. Dann setzte er sich an den Küchentisch. Ein paar Holzkühe und eine Alpfahrt, dienten ihm als Vorbild. Und alles begann. Er hatte nur drei alte Metzgermesser und obwohl er inzwischen grosse Fertigkeit im Schnitzen erreicht hat, sind es immer noch die gleichen Messer wie am Anfang mit denen er vorwiegend seine, zum Teil fast filigranen, Figuren herstellt. Am Anfang verschenkte er fast alles seinen Verwandten, Bekannten oder den «Göttigoofe». Für eine Nichte, die in Obwalden lebt, schnitzte er zur Hochzeit eine Alpfahrt. Keine, wie man sie im Appenzellerland kennt, sondern eine richtige Obwaldner Alpfahrt mit Treicheln und Kühen mit Kopfschmuck.

Mit Ausstellungen begonnen

An der Weihnachtsausstellung in Brülisau, im November 2018, stellte Franz Inauen erstmals aus. Seine Arbeiten fanden Anklang und Käufer. Auf Fotografien hat er sie festgehalten, nicht nur Alpfahren, auch Menschen in verschiedenen Berufen, ein Schindelmacher, eine Hackbrettspielerin. Beeindruckend ist eine Metzgete, wie sie früher in Bauernhäusern gang und gäbe waren. Ein erstes Bild zeigt eine Stande, in dem das Schwein gebrüht wird. Beim zweiten Bild hat der Metzger das Schwein aufgehängt und nimmt es aus. Und schliesslich zeigt sind auf dem dritten Foto zwei hängende Schweinehälften zu sehen. Alles ist von Franz Inauen perfekt geschnitzt und naturgetreu bemalt. Auch das Malen mit feinen Pinseln und Acrylfarben hat er sich selber beigebracht.

Holzschnitzer
Franz Inauen ist Metzger und leidenschaftlicher Chüelischnitzer.

Exakt bis ins kleinste Detail

Franz Inauen macht auf dem Stubentisch eine Auslegeordnung seiner Schnitzereien. Traditionelle Alpfahren mit einem Gort, einem Blüem, einem Stier samt Stierenführer, Saumrosse, Schweine und kleine Säuli mit Jungen. Verschiedene «Gässe», ein Bläss mit einem kleinen Blässli das nicht grösser als 2,5 Zentimeter ist. Tiere, vor allem Kühe, schnitzt Franz Inauen besonders gern. Als Jugendlicher war er Handbub auf der Schwägalp und später Senn auf den Flumserbergen. Aufgewachsen ist er in Gonten. Seine Familie trägt den Spitzmamen Leemmereweesler. Die Liebe zum Brauchtum und eine scharfe Beobachtungsgabe sind ihm eigen. Die Sennen, welche seine Alpfahrten begleiteten, dürfen sich zeigen lassen. Bei einem seien die Beine etwas zu lange geworden, meint er. Doch solches komme in der Wirklichkeit auch vor. Bis jetzt habe er auch in natura kaum je eine Alpfahrt gesehen, bei der alle Sennen gleich gross seien.

Dasselbe sei bei den Kühen. Nicht jede sehe gleich aus, und kaum eine habe die gleich geformten Hörner wie die andere. Da würden immer Unterschiede bestehen. Solches bei den Hörnern der Holzkühe zu zeigen, ist eine seiner Stärken. Kleinigkeiten fordern ihn heraus. Seit einiger Zeit bekommen die Kühe auch einen Bauchnabel. Ob es sich bei einer seiner Alpfahrten um eine aus Innerrhoden, aus Ausserrhoden oder gar einer aus dem Toggenburgischen handelt, ist für Kenner und Eingeweihte auf den ersten Blick sichtbar. Der Unterschied liegt am Gewand des Bauern, beim Geissmädchen an den «Liibli» oder Brusttüchern der Sennen, an den beschlagenen Hosenträger oder am Hut. Franz erfüllt nach Möglichkeiten gerne die Wünsche seiner Kunden.

Holzschnitzer
Von Hand gefertigt: ein Saumrössli.

Die Liebe zu Traditionen

Grossen Eindruck machen die Innerrhoderfraueli in ihren vielen verschiedenen Trachten: Sonntagstrachten, Werktagstrachten, eines ist schmucker als das andere. Eine Figur trägt wie die Frauen von früher auf dem Rücken ein Reisesäcklein mit einem Stricklein über der Schulter, an dem die Tasche vorne unter der Brust befestigt ist. Ein anderes, zum Ausgehen bereit, hält die Hände in einen altmodischen Handwärmer (mit Fell gefütterten Muff). Männer tragen schwarze Zipfelmützen – eine ganze, geschnitzte ländliche Miniaturwelt.

Holzschnitzer
Auch Stier und Stierenführer wurden von Franz Inauen gefertigt.

Seit kurzem legt Franz Inauen sein Augenmerk auch auf die Hände seiner Figuren und sogar auf die Füsse. Sennen und Bauern tragen leichte Absätze an ihren Schuhen. «Ich habe das schönste Hobby das es gibt», sagt der Chüelischnitzer, «ich kann mich dauernd verbessern und Neues lernen.» Seine Arbeit in der Metzgerei befriedigt ihn ebenfalls. Seit 30 Jahren ist er in der gleichen Metzgerei angestellt. Daheim in Steinegg sorgt seine Frau Gerda für eine gute Atmosphäre. Neben dem Haushalt führt sie eine Fusspflege-Praxis. Ihre beiden erwachsenen Töchter kommen gerne auf Besuch. Franz Inauens Leben hat trotz seinen gesundheitlichen Problemen eine gute Wendung genommen. Dafür ist er dankbar.

Holzschnitzer
Für die Schnitzereien braucht es verschiedene Werkzeuge.

 

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