Hefe: Kleine Zutat – grosse Wirkung

Wenn wir backen, greifen wir zum Hefewürfel. Dass dahinter eine mehrstufige Hefevermehrung mittels Zellteilung und ein aufwändiger Herstellungsprozess stehen, ist meist nur Lebensmitteltechnologen und Bäckern bekannt. Der «St. Galler Bauer» wirft im Rahmen seiner Serie bei der Hefe Schweiz AG einen «Blick in die Fabrik».

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Auch die Migros ist Vertriebspartner der Hefe Schweiz AG.

Zum Auftakt der Führung mit Mathias Roost, seit zwei Jahren Geschäftsführer der Hefe Schweiz AG, gilt es erst einmal, die übliche Hygiene- und Schutzbekleidung überzustreifen. Während in diesem Sommer eine Hitzewelle nach der anderen für Rekordtemperaturen sorgt, herrscht in diesen Produktionsräumen angenehme Kühle. Im Gegensatz zu manch anderer Fabrikführung begegnet man hier, insbesondere an einem Freitagnachmittag in der verkaufsschwachen Sommerferienzeit, nur wenigen Mitarbeitenden. Hinzu kommt, dass bei der Herstellung von Hefe vieles im Verborgenen, also in Tanks und in Bottichen, geschieht.

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In Stettfurt werden zirka 5400 Tonnen Hefe pro Jahr produziert.

Lebender Organismus

«Wir beziehen unseren Hauptrohstoff Rübenmelasse und Rübendicksaft von der nahegelegenen Zuckerfabrik Frauenfeld. Im Vergleich zum europäischen Ausland ist dieser Rohstoff in der Schweiz etwa dreimal so teuer», erklärt Mathias Roost während des Rundgangs. Er räumt ein, dass es ohne Importzölle auf frischer Backhefe die Hefe Schweiz AG als Anbieterin von konventioneller Backhefe nicht mehr gäbe. Dank der Entwicklung einer Biohefe sowie der Herstellung von natürlichen Weizen-Vorteigen sei es gelungen, Nischenmärkte mit Wachstumspotenzial zu erschliessen.

Wir beziehen unseren Hauptrohstoff Rübenmelasse und Rübendicksaft von der nahegelegenen Zuckerfabrik Frauenfeld.

Eine erste Station führt ins Labor zu Andreas Wenkert, der seit 17 Jahren im Unternehmen und mittlerweile in der Qualitätskontrolle tätig ist. Gerade prüft er unter dem Mikroskop, ob die Zellen der Reinzucht einwandfrei sind. Eindrücklich wird klar, dass Hefe ein lebender Organismus ist. Sie gehört biologisch zur Familie der Pilze. Aus der eigenen Stammkultur (gelagert in Wädenswil und in Berlin), die einer kontrollierten, wissenschaftlich begleiteten Aufzucht entstammt, wird eine Probe mit nur wenigen Zellen entnommen. Diese wenigen Zellen werden schliesslich in einem mehrstufigen und genau kontrollierten Verfahren unter idealen Bedingungen vermehrt.

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Vieles geschieht ausschliesslich in Tanks und Bottichen: Hier der Steril-Würzetank.

Geschlossene Kreisläufe

In einer sterilen, zuckerhaltigen Nährlösung vermehrt sich die Hefekultur innert kurzer Zeit rasant. Alle zwei Stunden verdoppelt sich die Anzahl der Hefezellen. Nach ungefähr 48 Stunden wird sie in einen speziellen Laborfermenter gegeben, wo das Wachstum erst richtig Schwung aufnimmt. Aus dem Laborfermenter gelangt die Hefesuspension in den Vorgärfermenter. Im Grossfermenter wird die Hefe schliesslich, unter Beigabe der Würze, einem Gemisch aus Rübendicksaft und Melasse, sowie einer Stickstoffquelle, Wasser sowie Sauerstoff weiter vermehrt.

Die Hefe Schweiz AG bezieht ihr Wasser, welches für die Fermentation benötigt wird, aus firmeneigenen Quellen am Sonnenberg, der oberhalb von Stettfurt liegt. Ein Teil des Kühlwassers, das beim Produktionsprozess erwärmt wird, wird in den Sommermonaten im Freibad Stettfurt genutzt. Am Ende des Fermentationsprozesses wird die Hefe von der verbrauchten Nährlösung getrennt und gewaschen. Nach ungefähr 16 bis 18 Stunden ist eine Charge fertig. Es sind aus wenigen Hefezellen zwischen 13 und 18 Tonnen Flüssighefe, der sogenannte Heferahm, geworden. Nach dem Produktionsprozess ist das Wasser braun gefärbt. «Deshalb nehmen wir eine Vorreinigung des Abwassers vor, bevor es in die kommunale Kläranlage gelangt», erklärt Mathias Roost dazu.

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Bei der Hefe Schweiz AG werden unter anderem die für Grossbäckereien geeigneten Verbrauchsgrössen hergestellt.

Jede Charge wird kontrolliert

Nach jeder Fermentation wird das ganze Leitungssystem mit Waschlauge und anschliessend mit Dampf gereinigt. So werden allfällige Fremdkeime abgetötet, bevor die nächste Fermentation beginnen kann. Einigen Kunden liefert das Unternehmen die Hefe in flüssiger Form. Die häufigste Produktform ist jedoch die Presshefe. Ein Vakuumdrehfilter entzieht dem Heferahm Wasser. Übrig bleibt eine flockige Hefemasse. Diese wird verdichtet, zu einem Strang gepresst und kann auf verschiedenen Anlagen verpackt werden. Für Bäcker und Grossbäckereien bietet der Betrieb die Pfundhefe an.

Jede Hefecharge verlässt das Unternehmen erst nach 48 Stunden in der Kühlung. In dieser Zeit wird durch verschiedene Tests sichergestellt, dass jedes Produkt den hohen Ansprüchen genügt. Laborkontrollen sind die letzten Etappen in einer Kette von Massnahmen, die eine hohe, gleichbleibende Qualität der Produkte garantieren soll. Vor der Freigabe zum Verkauf geht jede produzierte Charge deshalb in die Qualitätskontrolle.

Für unsere Biohefe haben wir nicht nur Kunden im Inland. Wir exportieren sie auch erfolgreich in die EU.

Kompetenzzentrum Backstudio

Am Ende des Rundganges gilt es noch einen Blick ins Backstudio auf dem Firmengelände zu werfen. Mathias Roost erklärt sogleich dazu, dass es sich dabei nicht um eine Einrichtung für Endkonsumenten handelt. Das Gebäude wurde 2019 errichtet. Es dient als Kompetenzzentrum für Kundenberatungen, Entwicklungen, Schulungen und dem Austausch von Wissen für das Bäckergewerbe. Das Backstudio verfügt neben einer komplett eingerichteten Bäckerei über einen Schulungsraum sowie eine Caféteria. «Ziel ist es, den Bäckern ein Partner zu sein. Das Backstudio, welches unser Leiter Entwicklung, Marcel Ammon betreut, dient in erster Linie dazu, die Bäcker zu beraten und ihnen dabei behilflich zu sein, Probleme zu lösen und Prozessabläufe zu verbessern.»

Innovativ in die Zukunft

Das Traditionsunternehmen Hefe Schweiz AG setzt nicht nur auf den Verkauf der Backhefe, sondern zunehmend auch auf Spezialprodukte, um im preislich hart umkämpften globalisierten Markt zu bestehen. Die Hefe Schweiz AG ist das erste Unternehmen, zumindest in Europa, das eine Biohefe auf der Basis von Rübenmelasse entwickelte. «Die Biohefe erfüllt die strengen Richtlinien der Knospe von Bio Suisse. Wir sind stolz darauf», sagt der Geschäftsführer. Für die Herstellung der Biohefe würden selbstverständlich Bio-Rohstoffe eingesetzt. Auch der Herstellungsprozess unterscheide sich von der konventionellen Hefe. «Für unsere Biohefe haben wir nicht nur Kunden im Inland. Wir exportieren sie auch erfolgreich in die EU.»

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Seit rund zwei Jahren ist Mathias Roost Geschäftsführer der Hefe Schweiz AG.

 

Hefe Schweiz AG – ein Traditionsunternehmen
Seit 1902 wird im thurgauischen Stettfurt Hefe produziert. Das Kerngeschäft der Hefe Schweiz AG besteht in der Herstellung und dem Vertrieb von frischer Backhefe. Das Unternehmen ist bestrebt, Tradition mit Produkt-Innovationen wie Biohefe und Vorteige zu verbinden. Die Hefe Schweiz AG entstand 1993 aus dem Zusammenschluss der Presshefefabriken Stettfurt im Kanton Thurgau und Hindelbank im Kanton Berg. Beide Unternehmungen wurden ursprünglich von einigen Bauernfamilien gegründet. Deren Nachkommen sind heute noch im Besitz der Aktien. Das Unternehmen verfügt als einzige Hefeherstellerin in der Schweiz über eine eigene Fermentation. Die Hefe Schweiz AG vertreibt nebst der frischen Backhefe und dem natürlichen Weizenvorteig auch Handelswaren wie Malzprodukte, Backmittel und Backmischungen. 37 Mitarbeitende beschäftigt das Unternehmen. Produziert werden zirka 5400 Tonnen Hefe pro Jahr. 85 Prozent des Materialaufwandes zur Hefeherstellung stammt aus der Schweiz. Der Jahresumsatz beträgt zwischen 16 bis 17 Millionen Franken. isa.

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