Hofaufgabe und Ergänzungsleistungen
Rund 25 000 Betriebsleiter der hiesigen Landwirtschaftsbetriebe befinden sich in einem Alter über 50 Jahren. All diese müssen sich in den kommenden Jahren mit der Weitergabe ihres Betriebs und ihrer Alterssituation befassen. Entsteht bei der Hofweitergabe Verzichtsvermögen, kann dies Ergänzungsleistungen kürzen.
Verzichtsvermögen oder freiwilliger Vermögensverzicht entsteht auf einem Landwirtschaftsbetrieb unter anderem dann, wenn ein Hof unter dem gemäss Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) geltenden Wert veräussert wird. Stellt der Betrieb ein Gewerbe im Sinne von Artikel 7 des BGBB dar und ist auf dem Hof ein geeigneter Selbstbewirtschafter vorhanden (z.B. Tochter oder Sohn des Eigentümers), dann sieht das BGBB den Ertragswert zuzüglich allfälliger Erhöhung infolge Investitionen in den letzten zehn Jahren als Veräusserungspreis vor.
Freiwilliger Verzicht
Falls der zu veräussernde Betrieb kein Gewerbe mehr darstellt (z.B. weniger als 1.0 SAK aufweist), sondern als landwirtschaftliches Grundstück qualifiziert und trotzdem zum Ertragswert oder einem Wert unter dem Verkehrswert verkauft wird, entsteht bei der veräussernden Partei das sogenannte Verzichtsvermögen. Der Käufer hätte in diesem Fall den Hof als landwirtschaftliches Grundstück zum Verkehrswert übernehmen müssen. Der Verkäufer hat freiwillig auf die Differenz zwischen Ertrags- und Verkehrswert verzichtet. Gleiches gilt, wenn der Verkäufer das Inventar zu günstig verkauft (Buchwert statt Nutzwert) oder verschenkt. Auch hier entsteht Verzichtsvermögen. Daraus können zwei Hauptprobleme entstehen: Erstens werden mögliche Geschwister des Käufers benachteiligt, da ihre Eltern dem Käufer den Hof oder das Inventar zu günstig verkauft haben. Hier gelten die erbrechtlichen Bestimmungen. Zweitens kann der zu tiefe Verkaufspreis bei den Eltern dazu führen, dass bei einem späteren Bedarf an Ergänzungsleistungen diese gekürzt oder gestrichen werden.
Ergänzungsleistungen im Alter
Ergänzungsleistungen (EL) helfen, wenn die AHV-Rente und das übrige Einkommen nicht reichen, um die minimalen Lebenskosten zu decken. Sofern ältere Personen bei Eintritt in ein Pflegeheim diese Kosten nicht selbst bezahlen können, wird ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen durch die zuständigen Stellen geprüft. Die Vermögensgrenze für den Anspruch auf EL liegt bei 100 000 Franken für alleinstehende Personen und bei 200 000 Franken bei Ehepaaren. Abzüglich eines Freibetrags von 30 000 Franken respektive 50 000 Franken für Ehepaare wird aufgrund des Vermögens entschieden, ob ein Anspruch auf EL besteht. Bei der Bemessung der Höhe der Ergänzungsleistungen werden die jährlichen Einnahmen einer Person den jährlichen Ausgaben gegenübergestellt. Das vorhandene Vermögen wird hierbei auch teilweise an die jährlichen Einnahmen als Vermögensverzehr angerechnet. Das Verzichtsvermögen, das aufgrund des zu tiefen Verkaufspreises entstanden ist, wird ebenfalls wie vorhandenes Vermögen betrachtet. Gemäss dem Subsidiaritätsprinzip muss zuerst das eigene Vermögen (bis zum Freibetrag) aufgebraucht werden, bevor ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht. Bei einer Differenz zwischen Ertrags- und Verkehrswert der verkauften Liegenschaft von beispielsweise 400 000 Franken wird dieser Betrag als Vermögen der Abtreter betrachtet und somit teilweise als Vermögensverzehr an die Einnahmen der Person angerechnet.
Keine Verjährungen
Immerhin bleibt der Betrag zwischen dem Verkaufszeitpunkt und dem Berechnungszeitpunkt für die EL nicht gleich gross, sondern reduziert sich ab dem zweiten Jahr nach dem Verkauf um 10 000 Franken pro Jahr. Dies bedeutet, dass ein Vermögensverzicht von 50 000 Franken nach sechs Jahren nicht mehr berücksichtigt wird. Schenkungen werden ebenfalls als Vermögensverzicht betrachtet. Da für Vermögensverzicht keine Verjährungsfristen vorgesehen sind, werden die Behörden sämtliche früheren Vermögensabtretungen berücksichtigen.
Pflicht zur Unterstützung
Der Zugriff auf das Verzichtsvermögen ist nicht zu vergleichen mit der Unterstützungspflicht der Ver-wandten. Erst nach aufgebrauchtem eigenem Vermögen können die Verwandten in gerader Linie (Eltern, Grosseltern, Kinder) unterstützungspflichtig werden. Dies jedoch nur, wenn sie in guten wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Gemäss Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) ist das bei einem steuerbaren Jahreseinkommen ab 120 000 Franken für ledige Personen und ab 180 000 Franken für Verheiratete der Fall. Dabei gilt ein Abzug von 20 000 Franken pro Kind. Zudem können Vermögen ab 250 000 Franken bei Ledigen und 500 000 Franken bei Verheirateten in die Berechnung einfliessen.
Ein Fazit
Wird ein Hof, ein Stück Land oder das Inventar zu günstig verkauft oder werden grössere Beträge verschenkt, müssen die daraus entstehenden Konsequenzen durchdacht werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass seit dem 1. Januar 2021 Erben unter gewissen Umständen Ergänzungsleistungen zurückzahlen müssen, selbst wenn der Erblasser diese zu Lebzeiten rechtmässig bezogen hat.