Landwirtschaft in Rumänien

Auf der Auslandreise des VESTG standen nebst touristischen Sehenswürdigkeiten schöne Landschaften und Dörfer auf dem Programm. Die Reisegruppe besuchte einen Betrieb mit Angus-Tieren, den grössten Milchviehbetrieb in Rumänien sowie ein Familienunternehmen, das seine Produkte selber verarbeitet und verkauft.

 

Milchviehställe für 2500 Kühe in einem Betrieb der DN Agrar in Garbova.
Milchviehställe für 2500 Kühe in einem Betrieb der DN Agrar in Garbova.

Der Verein ehemaliger Schüler und Schülerinnen St. Galler Landwirtschafts- und Hauswirtschaftsschulen (VESTG) bietet alle zwei Jahre eine Auslandreise an. Dieses Jahr reisten 46 Personen nach Bukarest und Siebenbürgen in Rumänien.

Struktur der Landwirtschaft

Die rumänische Landwirtschaft ist stark geprägt von kleinen Familienbetrieben. Rund 93 Prozent der Bauernhöfe besitzen jeweils weniger als fünf Hektaren Land, im Schnitt nur 3,4 Hektaren, schreibt die EU-Kommission. Familienbetriebe bewirtschaften insgesamt 30 Prozent der im Land verfügbaren Flächen.

Die zersplitterte Struktur entstand, als nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die staatlichen und genossenschaftlichen Grossbetriebe fast komplett aufgelöst wurden. Die neue Regierung gab das Land den ehemaligen Grundbesitzern oder Erben zurück, allerdings nur bis zu einer Höchstgrenze von zehn Hektaren. Auch die ehemaligen Mitarbeiter der Produktionsgenossenschaften, die zuvor keine Flächen besassen, bekamen 0,5 Hektaren Land zugeteilt. Seit dem EU-Beitritt im Jahr 2007 ist der Handel mit Landwirtschaftsland liberalisiert.

Toggenburger Auswanderer

Ein Höhepunkt der Reise war der Besuch der Firma Karpaten Meat in der Region Sibiu. Die Toggenburger Auswanderer Samuel Widmer und Stefan Jung produzieren in Rumänien Weidefleisch im grossen Stil. Stefan Jung erzählte vom Anfang und der Entwicklung der Firma. Anlässlich einer Rumänienreise erkannten die Unternehmensgründer das Potenzial des siebenbürgischen Weidelandes. 2008 entstand das erste Projekt, ein Zuchtbetrieb für Angus-Rinder. In Rumänien kannte man damals die Mutterkuhhaltung noch nicht. Die Unternehmensgründer entschlossen sich, das unbegrenzte landwirtschaftliche Potenzial Rumäniens zu nutzen. Im Laufe der Zeit wandelten sie das Einzelunternehmen zur Unternehmensgruppe um. Angus-Fleischrinder, üppige rumänische Weiden und Schweizer Wissen sind die Kennzeichen der Karpaten Meat Group Rumänien.

Mit Zuchtbetrieb begonnen

Mit dem Zuchtbetrieb in Nocrich (Leschkirch) begann 2008 die Tätigkeit des Unternehmens. «Anfangs gab es verfallene Ställe und ungepflegte Weiden voller Disteln», sagte Stefan Jung. Heute umfasst der Zuchtbetrieb mehrere Stallungen, Stroh- und Heulager, einen Fuhrpark für Traktoren und Landmaschinen sowie mehrere spezielle Winter- und Sommerstallungen für Angus-Rinder auf den Weiden. Der Tierbestand des Zuchtbetriebs ist von 120 Rinder im Jahr 2008 auf über 3000 Angusrinder im Jahr 2022 angewachsen.

2013 begann die Modernisierungsarbeit an den Mastställen. Sechs bereits existierende Ställe wurden erneuert und umgebaut, um so für eine anforderungsreiche Bewirtschaftung der Angus-Rinder zu sorgen.

Die Farm in Alzen hat mit den umgebauten Gebäuden sowie einem neuen Stall eine Gesamtkapazität von 2000 Tieren. Es ist die dritte Farm der Unternehmensgruppe Karpaten Meat. Der ganze Betrieb mit den Mutterkühen, Masttieren und Kälbern hat heute einen Bestand von 7000 Angus-Tieren.

Die Tiere grasen über das ganze Jahr auf der Weide. Im Winter erhalten sie natürliche Futtermittel und diverse Silage als Zusatzfutter. Stefan Jung sagt: «Unsere Rinderzucht ist umweltverträglich und nachhaltig.»

Das Angus-System der Karpaten Meat basiert auf der Zusammenarbeit mit Partnerbetrieben. Zurzeit arbeitet Karpaten Meat bei der Vermarktung von Angus-Zuchtrindern und dem Ankauf von Angus-Kälbern rumänienweit mit über 500 Partnern zusammen.

Ein Stall mit Angus-Fleischrindern.
Ein Stall mit Angus-Fleischrindern.

11 000 Milchkühe samt Jungvieh

Die DN Agrar Group ist der grösste integrierte Tierzuchtbetrieb in Rumänien mit Kuhmilch und pflanzlicher Produktion. Jan de Boer, Gründer und Präsident des Verwaltungsrates der DN Agrar Group führte die Reisegruppe durch die Stallungen zweier Milchbetriebe. Im Gasthaus Casa Buna in Garbova, das zur DN Agrar gehört, informierte Jan de Boer bei Kaffee und Kuchen über die Gründung und die Entwicklung der DN Agrar.

Das Unternehmen wurde 2008 vom Niederländer de Boer gegründet. Der Milchviehbetrieb in Garbova startete im Jahre 2011 mit 200 Kühen. DN Agrar ist im Agrarsektor tätig und erzielt überwiegend Einnahmen aus der Produktion und dem Verkauf von Rohmilch. Das Unternehmen besitzt eine Herde von über 11 000 Milchkühen samt Jungvieh. Die Gruppe besteht aus vier grossen Betrieben. Die tägliche Milchproduktion erreichte im Jahr 2022 140 000 Liter Milch, die Jahresproduktion liegt bei fast 50 Millionen Liter. Die Kühe werden dreimal im Tag gemolken. Der Hauptabnehmer für die gesammelte Milch ist Lactalis, weltweit einer der grössten Verarbeiter von Milch.

Das Futter für die Kühe wird zum grossen Teil selber produziert. Futterbasis: 50 000 Tonnen Silomais; 20 000 Tonnen Triticale (siliert); 20 000 Tonnen Luzerne. Getreide: 10 000 Tonnen Körnermais; 5000 Tonnen Weizen; 3000 Tonnen Triticale; 1000 Tonnen Gerste; weiter 1500 Tonnen Sonnenblumenkerne; 1000 Tonnen Soja; 4000 Tonnen Zuckerrüben.

DN Agrar bewirtschaftet im Besitz als auch im Pachtbereich über 7000 Hektaren Land in Alba, Sibiu und Hunedoara. Die DN Agrar verwaltet 14 000 einzelne Pachtverträge. «Der Wert der Investitionen belief sich im Jahr 2022 auf rund 70 Millionen Lei (13 300 Millionen Franken)», sagte Jan de Boer.

Für das Jahr 2023 ist ein Projekt bereit, bei dem es um den Bau eines neuen Bauernhofs mit einer Gesamtkapazität von 5000 Tieren geht, 3600 Milchkühe und 1400 Jungvieh.

Die Reisegruppe des VESTG war in Rumänien unterwegs.
Die Reisegruppe des VESTG war in Rumänien unterwegs.

Über Generationen

Der Besuch der Cätean Farm der Gebrüder Cätean aus Rotbav begann mit einem feinen Mittagessen. Die Familie Cätean hat aus einem Bauernhof ein Familienunternehmen gemacht, ein Vorbild für die rumänische Landwirtschaft. Der Biolandwirtschaftsbetrieb Cätean bewirtschaftet 150 Hektaren Ackerland und 200 Hektaren Weiden. Die Milch von 120 Milchkühen und 700 Milchschafen wird auf dem Betrieb zu traditionellen Käsesorten wie Kuh- und Schafskäse, Quark und geräuchertem Käse verarbeitet und vermarktet. «Als integrierter Bauernhof ist er in der Lage, etwa 90 Prozent der für die Tierhaltung notwendigen Rohstoffe zu produzieren», sagt George Cätean, einer der Betriebsleiter.

Cätean Farm ist ein Familienunternehmen, das die ununterbrochene Tätigkeit mehrerer Generationen fortsetzt und so die lokale Tradition der Bergregion mit Tierzucht und Käseproduktion fortführt.

In Rasnov besuchte die Reisegruppe eine Schnapsbrennerei. Bei einer Führung durch den Familienbetrieb zeigte der Inhaber alles rund um die Schnapsherstellung. Obstsäfte und Weine werden in der Umgebung eingekauft.

Der Käse stammt aus eigener Produktion der Cätean Farm.
Der Käse stammt aus eigener Produktion der Cätean Farm.

Berühmte Sehenswürdigkeiten

Zum touristischen Teil der Reise gehörte eine Rundfahrt in der rumänischen Hauptstadt Bukarest. Der Parlamentspalast ist das grösste Parlamentsgebäude der Welt und ausserdem das weltweit teuerste Verwaltungsgebäude und schwerste Bauwerk. Errichtet wurde der Parlamentspalast unter dem Diktator Nicolae Ceauseşcu in den 1980er-Jahren als «Haus des Volkes». Das Parlamentsgebäude in Bukarest hat eine Länge von 268 Metern, eine Breite von 123 Metern und eine Höhe von 96 Metern. Es besitzt 691 Räume, mehr als 200 Räume für offizielle Anlässe und Empfänge sowie 365 Türmchen.

Stadtführungen durch den rumänischen Reiseleiter fanden in Sibiu, Sighisoara (Schässburg) und Brasov statt. In Sibiu besichtigten die Reisegruppe das Astra-Freilichtmuseum, das zweitgrösste Freilichtmuseums Europas, mit einem Areal von 90 Hektar. Nicht fehlen durfte ein Besuch der berüchtigten Dracula-Burg in Bran (Törzburg). hm.

In Bukarest steht das grösste Parlamentsgebäude der Welt.
In Bukarest steht das grösste Parlamentsgebäude der Welt.

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