Lean Farming: Das Inventar prüfen
Durch die Anwendung von Lean in der Landwirtschaft sollen möglichst alle Verschwendungsformen entdeckt und bewusst minimiert werden. Eine Verschwendung versteckt sich zum Beispiel auch in zu hohen oder unnötigen Inventarbeständen.
Sicher ist jeder schon mal vor ein Geschäft oder auf einen Landwirtschaftsbetrieb gefahren, bei dem alles überstellt, unordentlich und kaum sauber war. Ohne dieses Geschäft oder diese Person zu kennen, hat man sich bereits Gedanken über deren Betriebsführung gemacht. Der erste Eindruck war gemacht. Das Aussenbild gegenüber Lieferanten und in der landwirtschaftlichen Branche vor allem gegenüber der Kundschaft ist wichtiger, als mancher annimmt. Ordnung und Sauberkeit sagt viel über eine Person und den Betrieb aus.
Hände weg von Spontankäufen
Wo liegt nun der Zusammenhang zwischen Ordnung und dem Inventar? Die Menschen tendieren dazu, unnötige Dinge zu kaufen, um für alle Eventualitäten in der Zukunft gewappnet zu sein. Ein Beispiel: Eigentlich benötigt man nur einen Spanngurt, kauft dann aber noch einen Pack Karabinerhacken, für den Fall der Fälle. Oder man bestellt Eutertücher online und sieht daneben noch die Putztuchrollen, die ebenfalls mitbestellt werden – obwohl im Milchzimmer noch eine ganze Kiste steht. Solche Beispiele gibt es Tausende. Aus Sicht des Verkäufers sind diese Zusatzverkäufe lukrativ und generieren einen Mehrumsatz. Aus Sicht des Landwirts hingegen belasten solche «Spontankäufe» das Portemonnaie. Vielleicht werden die Putztuchrollen sogar benötigt – irgendeinmal. Jedoch binden solche Käufe das Kapital für längere Zeit. Tritt dann doch der Fall der Fälle ein und ein Karabinerhacken wird benötigt, so wird er sicherlich nicht innert nützlicher Frist gefunden, sodass kurzerhand ein anderer hermuss. Werden die Spontankäufe also nicht einmal benötigt, wird sogar Geld verschenkt, ohne einen Nutzen davon gehabt zu haben. Hinzukommt, dass diese Materialien den Arbeitsplatz belagern und dafür sorgen, dass wieder etwas mehr verstaut werden muss, beziehungsweise dass etwas mehr herumsteht. All diese Dinge verhindern, Ordnung und Sauberkeit zu haben.
Inventar prüfen
Um solche Spontankäufe verhindern zu können, muss zuerst geprüft werden, was alles vorhanden ist und was fehlt. Im Haushalt ist für die Meisten klar, sobald ein Nahrungsmittel ausgeht, wird dies auf den «Posti-Zettel» geschrieben. Das kann ebenso auf dem Landwirtschaftsbetrieb gemacht werden. Durch eine Auflistung besteht jederzeit eine Übersicht der fehlenden Produkte, wobei man sich beim Kauf nur auf diese Produkte konzentrieren kann. Durch einen «Posti-Zettel» können alle fehlenden Produkte auf einmal gekauft werden, was ebenfalls Zeit einspart. Grössere Mengen können bei Online-Bestellungen zu kostenlosem Porto oder im Laden zu Rabatten führen. Nun könnte man meinen, dass sich diese Aussagen widersprechen. Der Unterschied liegt darin, dass Rabatte oder kostenlose Porti nicht mit unnötigen Zusatzprodukten generiert werden sollen, sondern nur mit Dingen, die wirklich benötigt werden. Sammelbestellungen lösen an vielen Orten Rabatte aus. Ein typisches Beispiel hierfür sind Futtermittelbestellungen. Um diese nutzen zu können, muss jedoch genügend Liquidität vorhanden sein. Mit dem Lean-Ansatz ist nicht gemeint, dass kein Lagerbestand vorhanden sein soll und jede Schraube, die benötigt wird, einzeln im Laden geholt werden soll. Lean ist, den Mittelweg herauszufinden und jene Produkte, die regelmässig benötigt werden, angeschaffen und ordnungsgemäss verstaut werden, damit sie bei Gebrauch auch wiedergefunden werden.
Entrümpeln befreit
Ordnung und Sauberkeit wird nicht nur durch unnötiges, neues Inventar verhindert, sondern zu einem grossen Teil auch durch gebrauchtes. Man sollte sich die Zeit nehmen und durch das Tenn im Stall oder in den Milchraum gehen und die Ecken und Ablagen, die sich dort befinden, begutachten.
Sind diese leer oder liegen dort vielleicht leere Futtersäcke, ein paar Strohballenschnüre oder Siloballenfolien? Der Betriebsleiter sollte sich von den abertausenden Strohballenschnüren trennen, wenn er nur fünf pro Jahr benötigt. Dinge, die schon über ein Jahr nicht mehr gebraucht wurden, können entsorgt werden – es müssen nicht alle Eventualitäten abgesichert sein. Entrümpeln befreit. Ein aufgeräumtes Milchzimmer macht Freude und hilft dabei, sauber zu bleiben. Wenn alles überstellt ist, kann die Sauberkeit schwierig aufrechterhalten bleiben. Dabei ist die Sauberkeit in der Lebensmittelproduktion einer der zentralen Faktoren.
Weitere Artikel zum Thema Lean Farming finden Sie hier.
Was ist Lean Farming?
Lean Farming setzt auf die Minimierung von Verschwendung, um Kosten und Fehlerquellen zu reduzieren und wertschöpfende Tätigkeiten zu erhöhen. In einer achteiligen Serie werden die acht Typen der Verschwendung vorgestellt. Im März finden zwei Kurse mit spannenden Lösungsansätzen zu mehr Arbeitseffizienz auf dem Landwirtschaftsbetrieb mit der Gründerin von Lean Farming, Susanne Pejstrup aus Dänemark statt. Der Kurs wird wahlweise am Donnerstag, 14. März oder Freitag, 15. März am Landwirtschaftlichen Zentrum St.Gallen in Flawil durchgeführt. Anmeldungen können per E-Mail lzsg.flawil@sg.ch oder unter der Nummer 058 228 24 70 erfolgen.