Michael Vogt setzt auf Regionalität und Special Cuts

Spätestens seit dem Gewinn des Masters of Swiss Gastro ist die Hinterhofmetzgerei Staad kein Geheimtipp mehr. Was Michael Vogt mit seinem Team erreicht hat, ist beeindruckend und zeigt, dass der respektvolle Umgang mit Tier und Umwelt immer wichtiger wird.

Michael Vogt, frischgekürter Master of Swiss Gastro. Bilder: Hinterhofmetzgerei Staad

Die Räumlichkeiten der Hinterhofmetzgerei in der Staader Bucht sind bescheiden. Beim Eintreten empfängt einem warmes Licht und ein aromatischer Duft. Zur Linken thront unübersehbar die gläserne Reifekammer auf den Treppenstufen, vollgehängt mit Rinderrücken, auf Haken aufgespiesst. Beleuchtet sieht der gläserne Kühlraum schon fast kunstvoll aus. Nicht zuletzt wegen seiner Rückwand aus Salzelementen in beige-braun, die zur optimalen Reifung des Fleisches beitragen. Diese Art der Reifung nennt sich «Dry Aging». Die Trocknungsdauer von über 40 Tagen sowie die konstante Temperatur und Luftfeuchtigkeit verleihen dem Fleisch einen besonderen Geschmack: nussig, buttrig, vollmundig.

Der massive Holztisch und die ledernen Sitzgelegenheiten in der Raumnische daneben bieten Platz für bis zu 19 Gäste. Für sie wird die Fleischverkostung, die sogenannte Tavolata, zum unvergesslichen Geschmacks-Erlebnis. Die Plätze für diese Genussabende sind begehrt. Für den Gastgeber Michael Vogt bieten sie Gelegenheit, die Special Cuts der Hinterhofmetzgerei dank einer perfekten Zubereitung weiterzuempfehlen.

Special Cuts – mehr als nur Filet

In der aktuellen Klimadebatte sind Special Cuts laut Vogt ein erfolgsversprechender Lösungsansatz: «Die meisten Konsumentinnen und Konsumenten kennen und essen lediglich das Filetstück des Rinds. Dieses macht aber nur etwa ein Prozent des Tieres aus.» Doch was ist mit dem Rest? Die Hinterhofmetzgerei bietet als Spezialität rund 30 Special Cuts an. Sie stammen aus Teilen des Tieres, die normalerweise nicht oder nur selten verarbeitet werden. Das Wissen um diese alternativen Stücke und ihre Herstellung interessiert Vogt schon lange. Er wendet Schnitttechniken aus den USA und anderen Ländern an. «Die Veredelung des Fleisches hört bei mir nicht bei den Edelstücken auf», bekräftigt er. «Jeder Special Cut aus der Schweiz ist ein Sieg fürs Klima. Wer kennt zum Beispiel ein Merlotsteak, das aus der Wade des Tieres geschnitten wird?»

Für den frisch gekrönten Master of Swiss Gastro ist nebst der bestmöglichen Qualität des Fleisches die korrekte Zubereitung ausserordentlich wichtig. Das Fleisch «nur» zu liefern, genügt Vogt nicht. «Die persönliche Beratung ist ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit. Es nützt nichts, wenn ich der Kundin oder dem Kunden ein spezielles Steak verkaufe, dieses dann aber durch falsche Zubereitung an Qualität verliert, nicht schmeckt oder zäh ist.» Er investiert viel Zeit in diese Beratungen. Für diejenigen, die sich seine detaillierten Ratschläge und Anleitungen nicht merken können, gibt es zum Glück einen Flyer zum Nachlesen: «Das perfekte Fleisch vom Grill» oder «Das perfekte Fleisch aus der Pfanne».

Der Gewinn des «Master of Swiss Gastro» ist für ihn und sein vier-köpfiges Team der Lohn ihrer harten Arbeit: «Es war riesig und fühlt sich immer noch surreal an», strahlt Vogt sichtlich gerührt. Sie hätten schon damit gerechnet, vorne mit dabei zu sein, aber den Sieg in der Königsklasse mit nach Hause zu nehmen, habe sie baff gemacht. «Wir haben wirklich Gas gegeben in letzter Zeit, aber die Konkurrenz war gross. Als wir am Abend der Preisverleihung nach dem Sieg in der Kategorie «Casual Dining» auch als Gesamtsieger «Master» unseren Namen hörten und auf der Bühne vor 600 stehend klatschenden Leuten standen, war das ein magischer Moment.»

Eigene Herde und alte Kühe

Michael Vogt besitzt eine eigene Herde von 12 bis 15 Tieren in Grub (SG), nur wenige Minuten von seiner Metzgerei entfernt. Angus-, Hereford-, Limousin- und Wagyu-Rinder. Ausserdem kauft er Tiere von zwei Bauern aus dem Appenzellerland dazu. «Die Bauern bei uns in der Schweiz machen einen sensationellen Job», lobt Vogt die Qualität in den Ställen und Höfen. «Fleischqualität beginnt für mich beim zufriedenen Rind.»

Die Reifung in der Dry-age-Kammer benötigt Zeit und konstante Bedingungen.

Nebst dem Fleisch seiner eigenen Herde verarbeitet Vogt auch Fleisch von alten Kühen. Ein besonders intensives Geschmackserlebnis für seine Gäste und Kunden. Dementsprechend ist die Nachfrage nach dieser Delikatesse gross. Die handverlesenen Kuhrücken, die er in der Hinterhofmetzgerei veredelt, kauft er ausschliesslich in der Schweiz.

Regional und nachhaltig

Überhaupt sind Regionalität und Nachhaltigkeit für Vogt nicht nur Modeworte. Nachhaltigkeit beginnt für ihn bei der Aufzucht, Haltung und Fütterung der Tiere. «Eine Kuh isst von Natur aus nur Gras. Bei dem momentan hohen Fleischkonsum und der entsprechenden grossen Menge an Tieren auf dieser Welt gibt es jedoch nicht genügend Gras. Mais oder Getreide werden als alternative Futtermittel verwendet und müssen über lange Strecken transportiert werden. Ein schlechter Kreislauf, dem Vogt entgegentreten möchte: «Der Verzehr von Fleisch ist momentan ein grosses Thema. Vor allem das rote Fleisch wird verteufelt». Seiner Meinung nach wäre ein Teil der Lösung, den Fleischkonsum zugunsten einer höheren Fleischqualität zu reduzieren und das Fleisch regional einzukaufen. Regional bedeutet für ihn in der Schweiz.

Auf drei Standbeinen

Die Kunden und Abnehmer der Hinterhofmetzgerei kommen aus drei Bereichen: Gastronomen – darunter einige Spitzengastronomen, eigene Gastronomie (Tavolota) und individueller Verkauf an die Endkunden.

Gekauft oder bestellt wird das Fleisch der Hinterhofmetzgerei vor Ort, per Telefon oder WhatsApp. Einen Online-Shop gibt es nicht. Ein Versand per Post oder das Einfrieren der Fleischstücke kommt für Vogt nicht in Frage: «Das Fleisch wird bei uns per Kurier ausgeliefert, um die lückenlose Einhaltung der Kühlkette zu gewährleisten.» Denn nichts ist Michael Vogt wichtiger als eine perfekte Qualität. Und zwar nicht nur jene auf dem Teller, sondern auf dem ganzen Weg dorthin. Sein Ziel: «Ich möchte das beste Steak der Welt produzieren.»

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