Nebenbetriebe auf dem Bauernhof: Chancen und Herausforderungen für Landwirte
Heutzutage ist es für Landwirtschaftsbetriebe oftmals schwierig, den Lebensunterhalt allein aus der Landwirtschaft zu bestreiten. Nebenbetriebe auf dem eigenen Betrieb anzusiedeln liegt daher nahe. Doch hier gilt es, einiges zu beachten. Eine Übersicht.
Für Landwirtschaftsbetriebe ist es schwierig, mit dem zur Verfügung stehenden Land im heutigen Markt allein mit der Produktion von Lebensmitteln, welches die Kernaufgabe der Landwirtschaft darstellt, ein ausreichendes Einkommen zu erzielen. Bei Änderungen der Marktsituation im Handel oder Anpassungen der familiären Ausgangslage auf dem Betrieb stellt sich gleichzeitig immer wieder die Frage nach möglichen Ergänzungen des Angebotes und optimalerer Nutzung von möglichen Synergien bei Bauten und den eingesetzten Arbeitskräften. In diesem Zusammenhang stellen sich beispielsweise Fragen wie:
– Können die Tiere direkt auf dem Hof geschlachtet, die erzeugten Lebensmittel für den Handel weiterverarbeitet oder im Hofladen verkauft werden?
– Wie sieht es mit der Einrichtung von zusätzlichen Angeboten wie einer Besenbeiz, Ferien auf dem Bauernhof, Eventlokalen, einer Schreiner- oder Landmaschinenwerkstatt aus?
– Dürfen dafür neue Bauten erstellt werden?
Zonenkonforme Angebote
Art. 34 Abs. 2 der Raumplanungsverordnung (RPV) gibt vor, welche Angebote unter welchen Bedingungen zur zonenkonformen Landwirtschaft zählen. Daraus ergibt sich, ob die notwendigen Bauten gestützt auf Art. 16a des Raumplanungsgesetzes (RPG) zonenkonform bewilligt werden können.
Angebote sind zonenkonform, wenn:
– die Produkte in der Region und zu mehr als der Hälfte auf dem Standortbetrieb oder innerhalb von Produktionsgemeinschaften erzeugt werden;
– die Aufbereitung, die Lagerung sowie der Verkauf nicht industriell-gewerblicher Art sind und
– der landwirtschaftliche oder gartenbauliche Charakter des Standortbetriebs gewahrt bleibt.
Die unter Art. 34 Abs. 2 RPV formulierten Bedingungen sind offen formuliert und können unterschiedlich interpretiert werden. Wie wird beispielsweise die Hälfte in der Bewilligungspraxis definiert? Ist hier die Anzahl der Produkte, der generierte Umsatz oder eine andere Messgrösse entscheidend? Ab wann hat eine Aufbereitung oder Lagerung industriell-gewerblichen Charakter?
In Bezug auf die hälftige Erzeugung wird meist auf die Lager- oder Verarbeitungsmenge abgestellt. Der Einfachheit halber stellen einige Kantone aber auf die Anzahl (z.B. Kt. AI: Anzahl zu zerlegender Tiere unabhängig von der Tierkategorie) oder die Anzahl der im Hofladen angebotenen Produkte (Joghurt, Butter, Käse, Wurst, Trockenfleisch, Kopfsalat, Endivie etc.) ab. Als «Produktionsgemeinschaft» genügt eine Lieferantenvereinbarung mit dem einzelnen Lieferanten. Die Abgrenzung der Region ist einerseits abhängig von der effektiven Distanz, der topografischen Situation und vom Produktionsumfang innerhalb der Region. Für die Beurteilung des industriell-gewerblichen Charakters von Verarbeitungsräumen wird meist auf die Verarbeitungsstufe, den Anteil an betriebseigenen Produkten, die Anzahl Arbeitskräfte, die erforderliche Investitionssumme sowie die Herkunft der zugekauften Produkte abgestützt.
Trotz der abschliessenden und schweizweit einheitlichen rechtlichen Vorgabe kann daher die Beurteilungspraxis in den Kantonen oder die Beurteilung im Einzelfall unterschiedlich ausfallen. Erfüllt ein geplanter Hofladen, ein Verarbeitungsraum oder eine Schlachterei nach der Praxis des jeweiligen Kantons diese Bedingungen nicht, muss geprüft werden, ob das Vorhaben mit einer Ausnahmebewilligung als nicht landwirtschaftlicher Nebenbetrieb (nach Art. 24b RPG) trotzdem möglich ist.
Nicht landwirtschaftlich
Es wird unterschieden zwischen Nebenbetrieb mit engem Bezug zur Landwirtschaft oder ohne Bezug zur Landwirtschaft. In beiden Fällen müssen laut Art. 24b RPG in Verbindung mit Art. 40 Abs. 1 RPV für solche Ausnahmebewilligungen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
– Der Nebenbetrieb muss innerhalb des Hofbereichs eines landwirtschaftlichen Gewerbes liegen.
– Die Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Gewerbes muss gewährleistet bleiben.
– Der Hofcharakter muss im Wesentlichen unverändert bleiben.
– Es muss sich um ein Gewerbe nach Art. 5 oder 7 BGBB handeln.
Zudem dürfen die Nebenbetriebe nur vom Bewirtschafter oder dessen Lebenspartner geführt werden. In jedem Fall ist der überwiegende Teil der anfallenden Arbeit des Nebenbetriebes durch die Betriebsleiterfamilie zu leisten. Die Existenz des Nebenbetriebs wird im Grundbuch eingetragen, bildet einen Bestandteil des landwirtschaftlichen Gewerbes und untersteht damit dem Realteilungs- und Zerstückelungsverbot nach Art. 58–60 BGBB.
Mit engem Bezug
Als Nebenbetrieb mit einem engen sachlichen Bezug zum landwirtschaftlichen Gewerbe gelten gemäss Art. 40 Abs. 2 RPV insbesondere:
– Angebote des Agrotourismus, wie Besenwirtschaften, Schlafen im Stroh, Gästezimmer auf dem Bauernhof, Heubäder,
– sozialtherapeutische und pädagogische Angebote, bei denen das Leben und, soweit möglich, die Arbeit auf dem Bauernhof einen wesentlichen Bestandteil der Betreuung ausmachen.
Steht für die Einrichtung solcher Nebenbetriebe in den bestehenden Bauten und Anlagen kein oder zu wenig Raum zur Verfügung, so dürfen Anbauten oder Fahrnisbauten bis zu einer Fläche von 100 Quadratmetern zugelassen werden und auch die Anstellung von Personal, das überwiegend oder ausschliesslich für den Nebenbetrieb arbeitet, ist zulässig.
Ohne engen Bezug
Unter Nebenbetriebe ohne engen landwirtschaftlichen Bezug fallen die übrigen möglichen Nebenbetriebe (kleine Schreinereien, mechanische Werkstätten z.B. für Landmaschinen, Buchhaltungsbüro etc. oder auch Räume und Einrichtungen für die Aufbereitung, Lagerung sowie den Verkauf von überwiegend zugekauften Erzeugnissen). Diese müssen strengere Bedingungen erfüllen. Das landwirtschaftliche Gewerbe muss mit einem Betriebskonzept nachweisen, dass es zu seinem Weiterbestand auf das Zusatzeinkommen aus dem Nebenbetrieb angewiesen ist. Die Möglichkeit zur Anstellung von überwiegend oder ausschliessend für den Nebenbetrieb tätigem Personal entfällt, zudem können nur bauliche Massnahmen in bestehenden Bauten und Anlagen bewilligt werden.
Stolpersteine umgehen
Zuletzt gilt es zu beachten, dass am konkreten Standort einer Bewilligung trotz erfüllter Kriterien noch andere (überwiegende) Interessen entgegenstehen können, wie z.B. eine überlagerte Schutzzone. Weiter fällt die Bewilligung für einen Nebenbetrieb dahin, sobald die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt sind (z.B. wenn die landwirtschaftliche Tätigkeit aufgegeben, der Nebenbetrieb nicht mehr durch den Bewirtschafter selbst geführt wird oder wenn der Umsatz aus dem nicht landwirtschaftlichen Nebenbetrieb jenen aus der Landwirtschaft übersteigt). Es gilt somit, die Einrichtung eines Nebenbetriebes unter Beizug von erfahrenen Fachleuten sorgfältig zu planen und vorzubereiten.