Seltener Berufsnachwuchs: Michi Nef lernte Weissküfer
Michi Nef, ein Bauernsohn aus Schwellbrunn, hat schweizweit als Einziger dieses Jahr seine Lehre als Weissküfer und Drechsler abgeschlossen. Vorerst arbeitet er in der Weissküferei Stauffacher in Ennetbühl weiter.
Der Geruch nach Holz, das Sirren einer Maschine und mittendrin Michi Nef – dies sind die ersten Eindrücke beim Besuch in der Weissküferei von Werner Stauffacher in Ennetbühl-Rietbad. Während sich der Herbst von seiner rauen Seite zeigt, ist es im Raum angenehm warm. Vor einigen Wochen durfte Michi Nef sein Diplom als Weissküfer in Brienz entgegennehmen. Nach zwei Wochen im Zivilschutz geht es nun im Lehrbetrieb fast nahtlos weiter. «Ich habe meine Ausbildung als Weissküfer und Drechsler mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis abgeschlossen und freue mich nun, diesen Beruf weiter ausüben zu können», so eine seiner Aussagen.
Für seinen Lehrmeister, er hat Michi Nef während vier Jahren begleitet, ist der junge Mann aus Schwellbrunn ein Glücksfall. «Auszubildende in Kleinstberufen können nicht gesucht werden, die müssen zu mir kommen», so seine Erfahrung. Es brauche nicht nur die Liebe zum Holz und zum Handwerk, sondern auch eine Beziehung zu Brauchtum und Traditionen. «Dabei ist es nicht Voraussetzung, dass jemand auf einem Bauernbetrieb oder in ländlicher Umgebung aufgewachsen ist. Viel wichtiger sind Freude am Brauchtum und die Begabung, dies auch auf und mit dem Holz umzusetzen.»
Vertrauen gespürt
Der Blick zurück auf die vier Jahre Ausbildung ist bei Michi Nef mit Dankbarkeit verbunden. «Ich durfte schon früh eigene Arbeiten machen und nicht nur auf Brettern üben», ist er seinem Lehrmeister dankbar. Das mir entgegengebrachte Vertrauen, aber auch die Förderung und Wertschätzung hat mich darin bestärkt, dass ich den richtigen beruflichen Weg gewählt habe.» Doch selbstkritisch meint er auch: «Ich habe zwar meine Ausbildung abgeschlossen, doch lernen ist weiterhin angesagt.»
Dabei spricht er nicht konkrete Weiterbildungen, wie beispielsweise den Besuch der Holzschnitzer-Schule in Brienz, an. Denn nochmals vier Jahre, und dies Vollzeit an der Schule, könnte er sich nicht vorstellen. «Mir geht es darum, die erworbenen Kenntnisse zu verfeinern und auch weiter auszubauen», erklärt Michi Nef. Angesprochen auf seine Zukunftspläne, lässt er diese offen. «Vorerst arbeite ich hier weiter, dann werden wir sehen, was sich ergeben wird.»
Gute Erinnerungen
Auch wenn der Start als damals 15-Jähriger in Brienz nicht einfach gewesen sei – er habe gute Erinnerungen an das Holzschnitzerdorf. «Zu Beginn musste ich meinen Weg und auch den Platz innerhalb der Schule finden», blickt er zurück. Vier Mal pro Lehrjahr, jeweils für zwei Wochen plus für die überbetrieblichen Kurse, reiste er mit dem ÖV nach Brienz, um dort, zusammen mit Vertretern anderer Holzberufe, die Schulbank zu drücken. Beim ersten Schulbesuch übernachtete er im Hause eines Lehrers, dann fand er Anschluss in einer Wohngemeinschaft «und dies ist bis zum Ende der Ausbildungszeit so geblieben und hat gut funktioniert». Brienz als Ortschaft habe er positiv erlebt: «Ich musste jeweils aufpassen, dass nicht Feriengefühle aufkamen, denn ich war für den Schulbesuch dort.»
Angesprochen auf die Unwetter, die das Dorf am Brienzersee heimgesucht haben, ist zu erfahren: «Das Schulgebäude selbst war nicht betroffen, aber das untere Stockwerk des Lehrers, bei dem ich beim ersten Schulbesuch übernachten durfte, wurde verschüttet.» Es sei schon ein mulmiges Gefühl, wenn Menschen und Gebäude betroffen sind, an die gute Erinnerungen bestehen.
Mit dem Chlausen verbunden
Bei der Frage nach Brauchtum und Silvesterchlausen leuchten die Augen von Michi Nef auf. «Schon als ganz kleiner Bub, ich konnte erst kurze Strecken gehen, begleitete ich meine grösseren Brüder beim Chlausen. Später war ich mit Kollegen unterwegs und heute gehört das Chlausen zum fixen Jahreshöhepunkt.» Auch gemeinsames Zäuerle mit den Brüdern werde im Elternhaus nach wie vor gerne gepflegt. Weil die innere Beziehung zu den sennischen Traditionen stark ist, hat sich Michi Nef auch an das Bemalen von Eimerbödeli gewagt.
Laut Werner Stauffacher hat sein Mitarbeiter einen Blick fürs Detail und das Schöne in der näheren Umgebung. «Er schafft es, auf kleinem Raum ein liebliches Bild detailgetreu zu malen», so sein Kompliment. Ein Blick auf das Bild eines von ihm bemalten Eimerbödelis bestätigt, dass der junge Weissküfer nicht nur eine gute Hand fürs Holz, sondern auch für Farben und die kunstvolle Umsetzung sennischer Szenen hat.
Was entstehen kann
Die Weissküferei Stauffacher bezieht das Holz aus der Umgebung, «sozusagen rund um den Säntis», ist von Werner Stauffacher zu erfahren. «Dank eines eigenen Trocknungsofens haben wir immer genügend Werkstoff griffbereit», sind sich die beiden Berufsleute einig. Sowohl für den jungen Berufsmann als auch den erfahrenen Lehrmeister ist es wichtig, bereits bei einem Brett zu sehen, was daraus entstehen kann. Als Lieblingsholz bezeichnen beide den Ahorn, «das Holz ist so schön weiss». Doch auch eine in die Höhe gewachsene Fichte mit ganz feinen Jahrringen sei ein guter Werkstoff, betont Werner Stauffacher.
Beim Rundgang durch die Werkstatt wird deutlich: Jedes dort hergestellte Stück ist ein Unikat. Es gibt keine Automaten, die für grössere Bestellungen eingesetzt werden könnten. «Wir pflegen unser Handwerk und freuen uns, wenn wir sowohl Dekorations- als auch Gebrauchsgegenstände herstellen dürfen.» Verkauft werde im eigenen Laden, über Wiederverkäufer, aber auch auf Bestellung. «Die weiteste Lieferung ging vor ein paar Jahren nach Amerika», erinnert sich Werner Stauffacher.