Sommertipp: Der Gemüsepfad im Seeland
Eine Fahrt entlang des Gemüsepfades im Berner und Freiburger Seeland bietet nicht nur frische Luft und Bewegung, sondern auch spannende Einblicke in die Welt des Gemüseanbaus. Ein Ausflug hierher lohnt sich für Velofahrerinnen, Wanderer und Familien.
7Als ich mein E-Bike sattle, bereiten mir die dunklen Gewitterwolken, die irgendwo bei Kerzers zu sein scheinen, etwas Sorge. Ein Blick auf den Regenradar zeigt aber eine trockene Phase für mein Ziel, den Gemüsepfad im Berner und Freiburger Seeland. Gemäss App ziehen die Gewitter über dem Jura und südlich vorüber.
Also geht es los. Was den Gemüsepfad angeht, bin ich ein Quereinsteiger. Ausgangspunkte sind nämlich die Bahnhöfe Kerzers oder Ins. Ich habe aber vor, irgendwo bei Finsterhennen im Grossen Moos auf den Pfad zu gelangen und dann der Route Richtung Müntschemier und Ins zu folgen. Das ist ein grosser Pluspunkt des Gemüsepfades: Er lässt sich individuell gestalten. Dank der zahlreichen Wege im Moos ist es kein Problem, Abkürzungen und Abstecher zu planen.
Lange und kurze Route
Signalisiert sind zwei Wege: der grüne mit 25 Kilometern und der rote mit 45 Kilometern Länge. Der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten und die Gemüseproduzentenvereinigung Bern und Freiburg empfehlen allen, die den Weg zu Fuss absolvieren wollen, die grüne Route. Von Kerzers nach Müntschemier sind es sechs Kilometer, nach Ins elf. Aus eigener Erfahrung weiss ich aber, dass sich auch die rote Route für Fussgänger eignet. Ich habe sie vor einigen Jahren schon mal auf dem Teilstück Ins–Finsterhennen absolviert.
Nach einer 20-minütigen Fahrt – auf der ich noch wenig Gemüse, aber viel Mais, Getreide und Zuckerrüben sah – entdecke ich irgendwo südlich von Finsterhennen den ersten Wegweiser des Gemüsepfads und gleichzeitig eine Signalflagge, die mir bestätigt: Ich bin hier richtig. Und ziemlich allein auf den weiten Wegen; das Wetter hat wohl trotz Sommerferienzeit einige davon abgehalten, sich aufs Velo zu setzen.
60 Gemüsesorten
Auf dem Gemüsepfad sind die rund 60 Gemüsesorten, die im Seeland angebaut werden, auf dem Feld mit Tafeln beschrieben. Der eigentliche Gemüselehrpfad befindet sich dabei auf der Strecke zwischen Ins und Kerzers. Aber auch auf der restlichen Strecke informieren Tafeln darüber, was hier wächst.
Aber es geht hier nicht einfach um die Tafeln. Wer dem Weg entlangfährt, erhält einen spannenden Einblick in einen Schweizer Gemüse-Hotspot und entdeckt auch viele weitere Kulturen. Bauernhöfe, kleine bewaldete Abschnitte, Kanäle, Blühstreifen und Dörfer sorgen für eine abwechslungsreiche Fahrt und Landschaft. Nach rund 15 Minuten komme ich zu einem ersten eigens eingerichteten Rastplatz neben einem Bauernhof. Der schattige Platz würde bei höheren Temperaturen zum Picknick einladen, ich fahre aber weiter und widme mich den Feldern, auf denen ich Kohlrabi, Kabis, Wirz, Rüebli, Frühlingszwiebeln und gar Soja entdecke (was zwar kein Gemüse ist).
Die Pfeile zeigen den Weg
Angst, mich zu verfahren, muss ich nicht haben. Bei jeder Abzweigung erwartet mich schon das rote Schild, das mir den richtigen Weg weist. Ich folge der roten Route, quere die Bahnstrecke zwischen Neuchâtel und Bern, während ich nicht mehr weit entfernt den Mont Vully sehe. Weinliebhaber könnten den Gemüsepfad also auch problemlos mit einer Degustation verbinden – beide Routen führen nämlich auch direkt bei Sugiez am Vully vorbei. Auch auf meinem Weg verlaufen die Routen jetzt parallel.
Die flachen Strecken und gut befahrbaren Wege würden dazu einladen, gleich die ganze Route zu absolvieren. Dafür fehlt mir jetzt leider die Zeit – etwas, das man auf dem Gemüsepfad mitbringen sollte – und ausserdem donnert es mittlerweile im Jura. Ich mache mich also auf den Rückweg durchs Grosse Moos und treffe nach rund zwei Stunden wieder trocken zu Hause ein.
Für wen lohnt sich der Gemüsepfad?
– Für alle, die mehr über die Schweizer Pflanzenproduktion erfahren wollen
– Für Velofahrer, die eine abwechslungsreiche, einfach zu fahrende Route suchen
– Für Familien, die gerne an einem schönen Ort ein Picknick einlegen wollen
– Für Wanderer und Hundespaziergänger, wenn es nicht zu heiss ist. Denn Schatten findet man auf den Feldwegen öfters nicht.
Beschildert ist der Weg von Mai bis Mitte Oktober. ji.