Über der Grenze ist vieles gleich

Nahe an der Schweizer Grenze, am westlichsten Zipfel des Vorarlbergs, liegt der Hof der Familie Sutter. Idyllisch eingebettet zwischen dem Alten Rhein, dem Bodensee und einem riesigen Naturdelta. Bald steht ein Generationenwechsel an, und die Jungen lassen bereits heute moderne Elemente einfliessen.

Die Sutters – zwei Generationen halten zusammen. Bilder: zVg.
Die Sutters – zwei Generationen halten zusammen. Bilder: zVg.

Der Sutterhof in Gaissau ist durch und durch ein Familienbetrieb und einer ohne Nachwuchssorgen. In ein paar Jahren werden Peter und Sabine Sutter die Leitung des Hofs an die junge Generation übergeben. An Sohn Florian und seine Frau Jasmin. Mutter Sabine freut sich: «Es ist ein Glücksfall. Viele junge Leute sind nicht mehr bereit, die strenge Arbeit ihrer Eltern weiterzuführen. So müssen Höfe aufgegeben, Tiere verkauft und Landflächen zur Verpachtung freigegeben werden.» Die beiden anderen Geschwister Niklas und Annalena helfen mit, wenn Hilfe benötigt wird, gehen aber beruflich andere Wege.

Neue Generation – neue Ideen

Florian Sutter ist hauptberuflich am Hof seiner Eltern angestellt. Seine Frau Jasmin wuchs ebenfalls auf einem Bauernhof auf – in Feldkirch. Seit vier Jahren sind sie ein Paar und seit einem Jahr verheiratet. Gerade kürzlich feierten sie gemeinsam ihren 30. Geburtstag. Dafür wurde die Maschinenhalle ausgeräumt. Als Geschenk gab es von Freunden ein Kälbchen mit einer pinkfarbenen 30 auf dem Hinterteil. Florian und Jasmin sind «moderne» Landwirte». «Wenn wir früher im Ausgang erzählten, dass wir Bauern sind, hat uns das niemand geglaubt.» Sie haben bereits neuzeitliche Elemente in den Familienbetrieb eingebracht. Wie zum Beispiel die Kommunikation via Social Media.

Auf dem Profil der Sutti’s grüsst zum Beispiel Stier Anton die Leserinnen und Leser: «Servus, ich bin der Stier Anton und der einzige Herr hier auf dem Sutterhof. Ich lebe bescheiden in meiner Box mit viel Platz und viel leckerem Futter. Ausserdem bekomme ich täglich Mädelsbesuch, was bedeutet, dass ich nie alleine bin. Ich sorge seit letztem Jahr für den Nachwuchs auf dem Hof …»

Jasmin Sutter fällt diese Art von Kommunikation leicht: «Nach neun Jahren Büroerfahrung kenne ich mich am PC gut aus und ich liebe es, zu gestalten.» Die sozialen Medien sollen den Verkauf ankurbeln, aber wichtiger ist den Sutters die Aufklärung. «Wir merken, dass die Landwirtschaft bei vielen Leuten ein schlechtes Image hat. Themen wie die Massentierhaltung oder ‚Milch ist ungesund‘ sitzen negativ in den Köpfen. Mit positiven Beiträgen auf Social Media möchten wir die Landwirtschaft und unseren Hof ins positive Licht rücken.» Das kommt gut an. Sogar bei den ganz Jungen. Denn Kolleginnen und Kollegen der 17-jährigen Annalena sind fleissige Follower. Von ihnen, aber auch von anderen gibt es für die Beiträge nur positives Feedback.

300 Hühner decken die grosse Nachfrage nach Eiern. Bild: Sandra Bischof-Cavelty
300 Hühner decken die grosse Nachfrage nach Eiern. Bild: Sandra Bischof-Cavelty

Noch mehr Aufklärung

Aufklärung betreibt Jasmin Sutter auch in ihrem 85-Prozent-Job bei der Landwirtschaftskammer Vorarlberg. Sie ist Leiterin des Projekts «Schmatzi – Essen mit allen Sinnen geniessen». Ziel des Projektes ist es, Pädagogen der Volksschule fürs Thema Landwirtschaft und Ernährung zu sensibilisieren. Das soll dann in den Schulstoff einfliessen. «Viele Kinder haben noch nie einen Bauernhof gesehen oder gar ein Tier gestreichelt.» Das findet Jasmin Sutter bedenklich. Ihre Schwiegermutter Sabine erzählt: «Früher kamen jährlich im Juli Schulkinder zu uns auf den Hof, fütterten und streichelten Tiere und lernten, was für Nahrungsmittel wir produzieren und was bei uns wächst.» Dieses Jahr im Juli verbrachte die gesamte Volksschule Gaissau einen Tag auf dem Sutterhof. Die Kinder stellten sogar selbst Butter her. «Wir sind offen für Hofführungen und finden es wichtig, dass Kinder wissen, was wann wo wächst und es viel Arbeit bedeutet, bis Nahrungsmittel auf dem Teller liegen.»

 

Zweites Standbein

«Wir leben zu 90 Prozent von der Milch und den Rest vom Heu- und Direktverkauf», erklärt Florian Sutter. Familie Sutter baute während der Pandemie als zweites Standbein einen Direktverkauf auf. «Während der Pandemie kauften die Leute vermehrt regional ein. Sie hatten Zeit zum Spazieren und zum Recherchieren. Wir wurden in dieser Zeit regelrecht überrannt.» Seit damals steht ein Selbstbedienungs-Kühlschrank auf ihrem Hof und ein Verkaufsautomat mitten im Dorf Gaissau. Dort gibt es Eier, Milch, Nudeln, Joghurt, Topfen, Sirup und Kräutersalz. «Je mehr Produkte wir anbieten, desto mehr Leute kaufen bei uns ein», ist die Familie Sutter überzeugt. Einmal am Tag werden die Verkaufslädeli aufgefüllt: «Beim Automaten wird uns via App aufgezeigt, was fehlt.»

Der «Corona-Boom» ist abgeflaut, doch die beiden Verkaufsstationen laufen immer noch bestens. 300 Hühner sorgen für genügend frische Eier und ein Legehennen-Automat erleichtert die Arbeit. Die Eier werden auch an den Adeg Gaissau und an zwei Gaststätten geliefert. Sollten einmal Eier übrigbleiben, wird einfach die Nudelproduktion erhöht. Ebenfalls ein beliebtes Produkt in Sutti’s Lädele.

Die Produktepalette in den Verkaufsläden wächst fortlaufend.
Die Produktepalette in den Verkaufsläden wächst fortlaufend.

Grenzen überschreiten

Mit der nahen Schweiz hat die Vorarlberger Bauernfamilie einige Berührungspunkte. Da sind zum Beispiel die Kunden, die per Auto oder Velo über die Grenze zum Einkaufen zu ihnen kommen. Peter Sutter fährt nebenberuflich Lastwagen durch die Schweiz und Sohn Florian besucht als Viehzüchter diverse helvetische Viehschauen, darunter die Olma. In die Schweiz verkaufen die Sutters ihr überschüssiges Heu, das warmbelüftet und von bester Qualität ist. Für den Ausgang bleiben die jungen Sutters dann aber doch eher in heimischen Gefilden.

Noch etwas «verbindet» die Sutters mit der Schweiz: Flugzeuge. Sie fliegen im Landeanflug dicht über ihren Köpfen und dem Hof Richtung Flugplatz Altenrhein. «Wir haben uns schon so daran gewöhnt, dass es uns gar nicht mehr stört. Ausser den lärmigen Helikoptern.» «Peter und Sabine flogen einmal extra mit Tochter Annalena von Altenrhein nach Wien, um ihren Hof aus der Vogelperspektive zu betrachten. Leider klappte es aufgrund des Blickwinkels der Maschine dann leider doch nicht», erzählt Florian amüsiert.

Der Verkaufsautomat mitten im Dorf kommt gut an.
Der Verkaufsautomat mitten im Dorf kommt gut an.

Auszeit für alle

Es ist nicht so, dass die Sutters immer mal wieder in die Ferien fliegen, aber für Florian und Jasmin Sutter ist eines wichtig: «Eine Auszeit von ein paar Tagen muss für alle drin liegen.» Auf der überdachten Dachterrasse des vor zwölf Jahren gebauten Hauses steht nicht umsonst eine Hollywoodschaukel. «Wenn wir nach einem strengen Tag nebeneinander in den Feierabend schaukeln, nehmen wir uns die Zeit, miteinander zu reden. Das finden wir wichtig für unsere Beziehung und es ist wie Kurzurlaub.» Baden könnten Sutters in der Nähe im Bodensee, doch das schaffen sie nur selten. Der See bedeutet für sie aber Lebensqualität. «Der Bodensee beeinflusst die Vegetation positiv. Wir lieben es, auf den See hinauszuschauen und geniessen die wunderschönen Stimmungen am Morgen und Abend.»

 

Aufklärungsarbeit auf Facebook und Instagram.
Aufklärungsarbeit auf Facebook und Instagram.

 

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