Wie in Finnland Weihnachten gefeiert wird

Finnland feiert Weihnachten ganz besonders. In den vier nordisch-dunkeln Wintermonaten hat das warme und lichtvolle Fest zu Ehren der Geburt Jesus einen hohen Stellenwert. Die Vorbereitungen laufen schon lange im Voraus.

Taimi und Urs Rutz-Sanden.

Schon die Umgebung des Hauses wirkt nordisch: eine Birkenallee führt zum Haus, hoch oberhalb von Stein im Kanton St. Gallen. Die grosse Finnenfahne räumt mit dem letzten Zweifel auf: Hier wohnt die finnisch-schweizerische Bauernfamilie Rutz-Sanden. Seit genau 30 Jahren sind Taimi und Urs Rutz-Sanden schon verheiratet, beide reden finnisch, englisch, deutsch und schweizerdeutsch. Wobei schweizerdeutsch die Finnin manchmal beim besten Willen verzweifeln lässt. Vielleicht auch darum, weil Finnisch eine finno-ugrische Sprache ist, also näher verwandt mit dem Estnischen oder Ungarischen und mit den indogermanischen oder lateinischen Sprachen Resteuropas nichts zu tun hat. Es ist also anzunehmen, dass wir Schweizer auch unsere Mühe hätten, finnisch zu lernen. Finnisch Weihnachten zu feiern ist dagegen einfacher.

Dekoration und Süsses

Eines wurde gleich klar: Die Finninnen dekorieren gerne und das mit grösster Sorgfalt und Achtsamkeit. Vergeblich sucht man «Made in China»-Kitsch. Die Dekorationen sind aus Naturmaterialien, viele «Made in Finland». Kerzen sind auch ein wichtiges Gestaltungselement. «In Finnland verbringt man um Weihnachten viel Zeit, einfach im Kerzenlicht», erklärt Taimi Rutz-Sanden. Das aufgedeckte Geschirr ist Weihnachtsgeschirr und mit dem Anfangsbuchstaben des Vornamens versehen. Die Tassen haben zwei Griffe – recht praktisch. «Das ist ‘Joulutortut’ ein typisch finnisches Weihnachtsgebäck», erklärt die Schweiz-Finnin. Das windrädchenförmige Gebäck wird traditionell mit getrockneten Pflaumen gefüllt und schmeckt sehr lecker. «Die finnischen Gebäcke sind süss aber nicht zu süss», ergänzt Urs Rutz-Sanden. Die «Joulutortut» wird rund um die Weihnachtszeit aufgetischt. Zusammen mit den Kindern wird einige Zeit vor Weihnachten, im November oder anfangs Dezember, ein Lebkuchen-Haus gebacken, den «Piparkakkutalo». Hier können die Kinder ihre Kreativität freien Lauf lassen, aber auch Sorgfalt wird gelernt.

Kleine und grosse Weihnacht

Die Finninnen und Finnen kennen zwei verschiedene Weihnachten. Die kleine Weihnacht «Pikkujoulu», die im Kollegen- und Bekanntenkreis, anfangs November schon gefeiert wird und gesellig und ausgelassen ist. Üblicherweise kauft jeder ein kleines Geschenk im Wert von etwa zehn Euro. Diese werden allesamt untereinander gemischt und jeder erhält ein Zufalls-Geschenk. Die grosse Weihnacht ist dem Familienkreis vorbehalten und wird besinnlich und ruhig gefeiert. Bei beiden Festen ist auch ein Besuch der finnischen Frauen- und Männersauna eingebaut. «Die meisten Familien haben eine Sauna im Haus und eine am See», erklärt Taimi Rutz-Sanden die festverankerte Tradition, die für Finninnen und Finnen sehr wichtig ist.

Die kleinen Holzwichtel aus Finnland lassen Weihnachtsstimmung aufkommen.

Wenn alles dunkel ist

Eine Dezembernacht dauert in Helsinki, wo Taimi Rutz-Sanden aufgewachsen ist, gegen 19 Stunden. Von Dezember bis März ist die Dunkelheit vorherrschend, viel extremer als in der Schweiz. «Wir freuen uns immer, wenn der Schnee fällt, dann wird es ein bisschen heller», erzählt die Mutter von zwei Kindern. Im Norden Lapplands wiederum zeigt sich die Sonne dann überhaupt nicht. Im nördlichsten Lappland (69-70 °N) dauert die Polarnacht «Kaamos», den ganzen Dezember und endet erst am 17. Januar. «Das war schon ein wenig unheimlich», erinnert sich Urs Rutz-Sanden zurück. Als Schweizer ist man es sich gewohnt und es ist selbstverständlich, dass morgens die Sonne aufgeht und je nachdem für einige Stunden voll scheint. Finnland ist verbunden mit Schweden und in der Schule wird finnisch und schwedisch gelernt. Immerhin waren grosse Teile Finnlands 700 Jahre unter Schwedischer Herrschaft und von 1808 bis 1917 von Russen besetzt. Obwohl Finnland ein christliches Land ist und von Mikael Agricola im 16. Jahrhundert reformiert wurde (evangelisch-lutherisch), gibt es heidnische Bräuche um die Weihnachtszeit, die sich halten konnten. «Von der letzten Weizenernte wird eine kleine Garbe gemacht und für die Spatzen aufgehängt. Die Länge der Garbe zeigt an, wie die Ernte im nächsten Jahr sein wird», gibt Taimi Rutz-Sanden Aufschluss. Ihre Familie kommt ursprünglich aus Österbotten an der Westküste Finnlands und siedelte nach dem zweiten Weltkrieg nach Helsinki um, wie viele andere Landbewohner auch – auf der Suche nach Arbeit und Sicherheit. Die Traditionen sind geblieben.

Viele Vorbereitungen

Vor Weihnachten wird das ganze Haus gründlich geputzt, bis in die kleinsten Ecken. Die Läufer und Matten werden schon im Sommer am Meer oder See gewaschen und getrocknet. Die ganze Familie kommt mit und am Ufer wird gemütlich zu Mittag gegessen. An Weihnachten werden die ganzjährigen mit den sauberen Teppichen getauscht. Den ganzen Dezember hindurch wurde gewurstet, eingemacht, gekocht und gebacken, damit alles bereit ist für den grossen Tag. Da kommt einem automatisch die Szene des schwedischen Kinderfilms «Als Michel das Fest den Armen gab» in den Sinn.

Am 24. Dezember besucht man den Friedhof und oft wird am Mittag Milchreis mit Pflaumenkompott gegessen. «Im Milchreis wird eine Mandel versteckt. Derjenige, der die Mandel im Reis hat, darf sich etwas im Stillen wünschen», erzählt die Finnin. Das Weihnachts-Menü beinhaltet einen ganzen Beinschinken, Rübenauflauf, Räbenauflauf und «Rosolli» einen speziellen Salat mit gekochtem Gemüse (Rüebli, Gurken, Randen, Heringe) und einer Créme-Fraiche-Sauce. Meistens wird auch ein eingelegter Stockfisch serviert. Früher wurden die Fische vor der «Gfrörni» eingemacht und zum Wintervorrat gelegt. Bekannt sind auch die speziellen Weihnachtsbiere oder der alkoholfreie Vaalea Glögi (Glühwein). Am Abend selber wird das Weihnachts-Evangelium gelesen und am Weihnachtsmorgen die Weihnachtsmesse besucht. «Früher noch mit Pferd und Schlitten. Die Inselbewohner der vielen kleinen finnischen Inseln, machten sich schon frühmorgens mit dem Boot auf den Weg», blickt Taimi Rutz-Sanden zurück. Die Bescherung am Abend wird vom Weihnachtsmann «Joulupukki» gebracht und er hat viele kleine Gehilfen «Tonttus». Die Zwerge kommen immer wieder in den Dekorationen vor. Die Tonttus helfen dem Weihnachtsmann und gucken das ganze Jahr durch die Fenster, ob die Kinder auch lieb sind. Das erzählt man den Kindern, wenn sie manchmal «töibeln». Natürlich gibt es auch einen Weihnachtsbaum mit vielen Strohsternen und es werden Weihnachtslieder gesungen. Es sind die uns bekannten Lieder, einfach in Finnisch aber auch original finnische wie «Sylvian joululaulu», also Silvias Weihnachtslied. Oftmals werden Bücher verschenkt und es wird viel gelesen. Weihnachten ist die Zeit der Familie, aber auch Zeit für sich zu nehmen. «Wir möchten Zeit miteinander nehmen. Nimm die Zeit, es ist Zeit zu lieben, es ist die Lebensfreude.»

 

Wo der Weihnachtsmann zuhause ist

Rovaniemi ist die Hauptstadt der nordfinnischen Landschaft Lappland und liegt am Polarkreis. Ebenso gilt es als Sitz der Kammer des Weihnachtsmannes, der im Weihnachtsmanndorf am Polarkreis sogar sein eigenes Postamt besitzt. Im Weihnachtsmanndorf können Touristen täglich den Weihnachtsmann treffen, sowie den magischen nördlichen Polarkreis überqueren, die Elfen-Akademie besuchen, wandern mit Rentieren, Huski-Schlittentours machen, Polarlichter beobachten und Schneemobil fahren. Es gibt sogar einen Direktflug Zürich-Rovaniemi. Die Legende, der Weihnachtsmann wohne in Finnland, geht auf den in den 1920er Jahren populären finnischen Rundfunksprecher Markus Rautio zurück. Nach seinem Weihnachtsmärchen wohnt der Weihnachtsmann in dem Berg Korvatunturi im Norden Finnlands, geformt wie ein Ohr, in dem er die Wünsche der Kinder aller Welt hören kann. Da der Berg an der russischen Grenze zu weit abgelegen war, wurde der Einfachheit halber Rovaniemi zum zweiten Wohnsitz des Weihnachtsmanns erklärt.

Quelle: www.visitrovaniemi.fi und wikipedia

 

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