Die Buche: Baum mit besonderem Ehrentitel

Seit 1990 wird der «Baum des Jahres» ausgezeichnet. In diesem Jahr bekam die Buche als erster Baum zum zweiten Mal diesen Titel verliehen. Die Buche ist die dominierende Baumart in Mitteleuropa und bedeckt in der Schweiz knapp 20 Prozent der Waldfläche.

Baum des Jahres - die Buche
Die 300 Jahre alte «Kapfbuche» ist eine der grössten Buchen im Kanton Thurgau.

Im Forstrevier Feldbach, das in den Thurgauer Gemeinden Homburg und Steckborn fast 1000 Hektaren umfasst, ist ein Drittel der Gesamtfläche mit Buchen bestockt. Die weiteren grösseren Baumbestände im Revier sind Fichten (25%), Eschen (10%), Eichen (7%) und Ahorn (4%). Der 38- jährige Förster Christof Heimgartner verwendet das Buchenholz aufgrund des hohen Brennwerts hauptsächlich als Brennholz. Rund 2000 Schüttraummeter benötigt er für die Gemeinde Steckborn, um mit der Hackschnitzelheizung das Altersheim und die Schule mit Wärme zu versorgen.

Buche
Der Feldbacher Förster Christof Heimgartner am Wurzelstock der mächtigen «Kapfbuche».

Gute Qualitäten verkauft er in die Industrie, wo die Preise in den letzten Monaten wieder angezogen haben. Im Vergleich zur Eiche oder Fichte ist die Buche allerdings keine wirtschaftlich wirklich interessante Holzart. Wenn Heimgartner spezielle Eichen in seinem Wald fördern will, opfert er schon mal eine Buche, ehe sie das beste Erntealter von 150 Jahren erreicht hat.

Beste Bedingungen

«Der Seerücken ist ein Laubholzgebiet und ein typischer Buchenstandort», sagt Heimgartner. Weil es in den Jahren 2017 und 2018 viel Sturmholz gab, hat der Förster die Nutzung zurückgefahren. «Die Buche erholt sich auf dem Seerücken bei Sturmschäden schnell wieder», sagt Heimgartner und bemerkt, dass sie im Nachbarkanton Schaffhausen hingegen an trockenen, kies- und kalksteinigen Standorten massive Probleme hat.

Die Buche erholt sich auf dem Seerücken bei Sturmschäden schnell wieder.

Die Baumart ist nicht besonders anspruchsvoll, gedeiht auf allen Bodentypen, erträgt hohe Temperaturen, wie auch dunkle Schatten. Zudem ist sie nicht frostanfällig und wird vom Wild weniger verbissen als andere Baumarten. Lediglich starke Trockenheit macht ihr zu schaffen. «Eine Buche braucht am Tag drei Badewannen voll Wasser, und im Normalfall bekommt sie die bei uns», sagt Heimgartner.

Auf dem Bau gemieden

 Für den Feldbacher Förster ist die Buche keine wirkliche Alternative für den Umbau seines Fichtenbestandes, dem bezüglich dem Klimawandel keine Zukunft mehr gegeben wird. Weil sich Buchenholz bei Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen leicht verzieht und reisst, vom Gewicht zu schwer und auch zu schwierig zu bearbeiten ist, wird es mittlerweile auf dem Bau gemieden. Zudem ist das Holz auch astiger und wächst nicht so gerade wie die Fichte.

Eine Buche braucht am Tag drei Badewannen voll Wasser.

Durch den guten Brennwert wird das Hartholz überwiegend als Energieholz, allenfalls noch in der Möbelherstellung genutzt. Heimgartner bemerkt, dass es im jurassischen Les Breuleux die Firma Fagus gibt, die aufgrund der hohen Festigkeit mit neuen Technologien wieder Konstruktionsholz aus verleimtem Buchenholz herstellt. Obwohl freistehende Bäume durch die dünne Rinde auch anfällig gegen den Sonnenbrand sind, bei dem die Rinde aufplatzen kann, gibt der Förster der Buche auf dem Seerücken bei den aktuellen Bedingungen eine gute Zukunft. Der heimische Baum kommt mit dem gemässigten Bodensee-Klima gut zurecht. Bei einer Klimaerwärmung würde die Buche allenfalls nicht mehr so schnell wachsen und auch nicht mehr so dick werden.

Esche war ein Pionierbaum

Die Buche erzielte früher höchste Erträge und sicherte den Waldleuten den Broterwerb. Bei der Frage, ob sie auch ein Zukunftsbaum ist, zuckt Heimgartner mit der Schulter und bemerkt, dass auch die Esche einmal als Pionierbaum galt. «Wenn früher eine Esche wuchs, hat man sie wachsen lassen, weil sie keine Probleme machte. Heute will man sie nicht mehr, weil sie Probleme macht», sagt Heimgartner. Er hat eine gewisse Angst davor, dass es der Buche wie der Esche ergehen könnte.

Buche
Christof Heimgartner ist erleichtert, dass der Preis für Buchenholz in den letzten Monaten wieder angezogen hat.

In den letzten Jahren sind grosse Bestände durch das von einem Pilz verursachte Eschentriebsterben zum Opfer gefallen. Einige Buchen im Forstrevier Feldbach sind von Hallimasch Pilzen befallen, die die Rinde zum Platzen bringen. Dadurch kann der Nährstoffstrom soweit unterbrochen werden, dass der Baum abstirbt. «Die Lage ist aber keineswegs dramatisch, unsere Buchen sind gesund», betont Heimgartner. Wenn das Horror-Szenario trotzdem eintreffen sollte, würden auf dem Seerücken grosse Waldflächen verschwinden. Heimgartner erklärt, dass sich Buchenbestände überwiegend durch Naturverjüngung entwickeln und es in der Regel keine anderen Bäume in der Nähe hat. «In Eschenwälder gibt es auch Buchen und Ahorn, die dann aufkommen, wenn die Eschen wegfallen.»

Der Wald als Kraftort

«Es gibt nichts schöneres im Wald als eine alte Buche», sagt der Feldbacher Förster und bemerkt, dass sie im Wald auch als Totholz ein wertvoller Baum für die Ökologie ist. Als Monument bezeichnet er die fast 300 Jahre alte «Kapfbuche», die zwischen Steckborn und Berlingen auf der Anhöhe am Waldrand vom «Kapfspitz» steht und die zweit- oder drittgrösste Buche im Kanton Thurgau ist. «An ihr haben die Leute Freude», sagt der 1,98 Meter grosse Förster, der winzig klein erscheint, wenn er am Wurzelstock der «Kapfbuche» steht. Eine schöne alte Buche lässt er auch mal stehen, wenn sie seine Waldwirtschaft nicht beeinträchtigt. «Der Wald hat als Natur- und Erholungsraum auch andere Funktionen wie die Holzproduktion», sagt Heimgartner, der in der Coronapandemie beobachtete, wie immer mehr Menschen in den Wald gehen, um Kraft zu schöpfen.

Der Wald hat als Natur- und Erholungsraum auch andere Funktionen wie die Holzproduktion.

An eine spirituelle Kraft der Buche glaubt er aber eher nicht. «Die Buche ist ein Lebewesen, das ist unbestritten», sagt der Förster, der bereits seit 22 Jahren im Wald arbeitet und für den der gesamte Wald ein magischer Kraftort ist. Einzelne Bäume als Kraftbäume zu sehen, will er aber jedem selbst überlassen. Von der These vom bekannten deutschen Förster Peter Wohlleben, dass Bäume untereinander kommunizieren, hält der «grosse Förster vom Seerücken» allerdings nichts.

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