Kork ist ein hundertprozentiger Alleskönner
Am Anfang ist die Korkeiche. Die dicken Korkschichten ihres Stammes werden zur Korkgewinnung genutzt, zur Herstellung der Korkzapfen, die Wein- und Champagnerflaschen verschliessen. Mittlerweile ist der Kork jedoch zum nachhaltigen Werkstoff ohnegleichen geworden.
Früher waren schon Pinnwände aus Kork und Korksandaletten auf dem Markt. Beides gibt es zwar immer noch. Was es aber heute speziell gibt, das ist wertvolle Handwerkskunst aus nachhaltigem Korkanbau. Auch die Mode macht keine Ausnahme und spielt in Sachen Kork fleissig mit, denn hochwertig verarbeitetes Korkleder ist geschmeidig, weich, leicht zu reinigen und wasserdicht. Ausserdem kann der Kork noch weit mehr. «Ob nun der Space Rider auf einer europäischen Vega-Rakete ins All schiesst oder das Space-X-Raumschiff zur internationalen Raumstation ISS abhebt: Kork ist immer dabei. Er ummantelt wichtige Teile wie Eintrittshitzeschilder oder Treibstoffbooster: Eine wenige Millimeter dicke Korkschicht als äusseres Hitzeschild reicht, um Temperaturen von mehr als 1600 Grad Celsius standzuhalten.»
Aus dem Mittelmeerraum
Die immergrüne Korkeiche aus dem Mittelmeerraum gehört zu den wenigen Arten, die den Kork über die Rinde regelrecht anhäufen. Damit verpasst sich der Baum gleichsam einen feuerfesten Anzug. Da Kork schwer entflammbar ist, fängt er kein Feuer. Das natürliche Verbreitungsgebiet liegt im westlichen Mittelmeerraum, besonders in Portugal und Spanien. Aber auch auf Sardinien sind Korkeichen anzutreffen. Der Laubbaum wird bis zu 20 Meter hoch und kann ein Alter von bis zu 400 Jahren erreichen, sofern er nicht genutzt wird. Ab dem Alter von etwa 30 Jahren kann die Korkschicht in zehnjährigen Abständen von Hand abgeschält werden. Durch die Korkgewinnung werden die Bäume nicht zerstört. Eine Korkeiche kann im Laufe ihres Lebens 300 bis 400 Kilo nutzbare Korkrinde produzieren. Regelmässig geschälte Korkeichen werden nur halb so alt wie unangetastete Bäume. Der wärmeliebende Baum erträgt Trockenzeiten mittels Reduzierung des Stoffwechsels und stellt geringe Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit.
Im Gewächshaus St. Gallen
Die Korkeiche gilt eigentlich als nicht winterhart. Doch auf den Brissago-Inseln steht beispielsweise ein stattliches Exemplar. Auch in botanischen Gärten nördlich der Alpen wachsen Korkeichen im Freiland. Im Botanischen Garten in St. Gallen gedeiht ein Exemplar im Gewächshaus, ein weiteres in der freien Natur. Selbst während der Kältewelle im Februar 2012 überlebten Korkeichen im Freiland bis zu minus 20 Grad. Es scheint, dass diese mediterrane Art in der Schweiz vom Klimawandel profitiert und sich an geschützten Lagen in den Gärten behaupten kann.
Vielfältige Aufgaben
Die Korkeichenwälder sind die Heimat unzähliger Pflanzen- und Tierarten. Hier leben Raubkatzen, 24 Reptilien- und Amphibienarten, 16 Vogelarten und 37 verschiedene Säugetiere, unter anderem der iberische Luchs, eine weltweit bedrohte Raubkatzenart. Korkeichenwälder tragen zur Regenerierung des Wasserhaushalts und zum Schutz der Böden bei. Zudem beugen sie der Versteppung und der Ausbreitung von Waldbränden vor. Ausserdem bindet der Korkeichenwald das Treibhausgas Kohlendioxid, das für die globale Erwärmung unseres Planeten mitverantwortlich ist.
Korkeichenwälder bilden die wirtschaftliche Lebensgrundlage für über 100 000 Menschen. In Portugal sind über 28 000 Menschen im Korksektor beschäftigt. Um die über Generationen gehegten Korkeichenhaine aufgrund des Nachfragemangels in Sachen Flaschenkorken nicht dem Verfall preiszugeben, mussten seinerzeit neue Anwendungsmöglichkeiten für den Kork gesucht werden. Einige Unternehmen setzten vor allem auf die Entwicklung von Korkleder beziehungsweise Korkgewebe, heute als veganes Leder bezeichnet. Es ist weich, robust und verfügt über eine angenehme Haptik (Tastsinn). Zudem lässt es sich mit einem feuchten Tuch einfach reinigen und ist widerstandsfähig gegen Wasser und Flecken. Ob Taschen, Schuhe, Geldbörsen, Brillenetuis oder Bekleidung: Man kann nur staunen, welch modische Vielfalt auf Korkbasis in den Handel gelangt.
Zu 100 Prozent zu gebrauchen
Der Rohstoff Kork wird zu 100 Prozent verwertet, davon werden etwa 30 Prozent der geernteten Baumrinde zur Gewinnung von Flaschenkorken verwendet. Die Rindenreste werden weiterverarbeitet zu Granulat, beispielsweise für Bodenbeläge, zu Isolationszwecken oder als Möbel. Kork findet auch Verwendung bei der Herstellung von Skiern auf Yachten und, wie schon erwähnt, in der Luft-und Raumfahrt.
Böden aus Kork
Das gestiegene ökologische Bewusstsein hat auch ein Umdenken in der Möbel- und Baubranche zur Folge. So sind Korkmaterialien, zum Beispiel Bodenbeläge oder Einrichtungsgegenstände, kein Novum mehr. Korkböden sind beliebter denn je. Bei Abdichtungen von Fundamenten und Untergründen, bei Abdeckungen für Schall- und Wärmedämmungen und den endgültigen Abdeckungen für Böden, Wände, Decken, Fassaden und Dächer leistet Kork hervorragende Dienste. Er hat eine isolierende Wirkung, wodurch Energiekosten gespart werden können. Korkböden sind übrigens auch in Holz- oder Steinoptik erhältlich.
Kein Teil wird verschwendet
Alle Bestandteile dienen einem Zweck, nichts darf verloren gehen:– Die Eichel, die Frucht der Korkeiche, wird zur Vermehrung der Art, als Futtermittel und zur Herstellung von Speiseölen verwendet.– Die Blätter dienen als Futtermittel und natürlicher Dünger.– Das Material aus dem Baumschnitt und von maroden Bäumen wird als Feuerholz und Holzkohle genutzt.– Die Tannine und Säuren, die natürlicherweise im Holz des Baumes vorkommen, verwendet man für chemische und kosmetische Produkte. (Aus Vogel-Gesundheitsnachrichten, Dez. 2020) elba.