Erfolge mit Beratungskonzept

Im Rahmen der IBK-Tagung von Anfang Juli wurden Lösungsansätze diskutiert, wie Pflanzenschutzmitteleinträge in die Umwelt wirksam verhindert werden können. Nebst Fachreferaten in Sommeri wurden Praxisbeispiele auf der Interreg-Parzelle in Sommeri und am Staatswingert in Frümsen besichtigt.

 

Jan Waespe erörterte Erkenntnisse im sechsten Umsetzungsjahr des Schweizer Aktionsplans Pflanzenschutzmittel.
Jan Waespe erörterte Erkenntnisse im sechsten Umsetzungsjahr des Schweizer Aktionsplans Pflanzenschutzmittel.

Die Moderation der Tagung der Internationalen Bodensee-Konferenz (IBK) mit zahlreichen Referaten und Diskussionen übernahm Florian Sandrini, Leiter der Beratung Pflanzenbau und Umwelt am Arenenberg. Über erste Resultate aus der Umsetzung des Schweizer Aktionsplans Pflanzenschutzmittel (PSM) informierte eingangs Jan Waespe vom Fachbereich Nachhaltiger Pflanzenschutz beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Das BLW veröffentlichte im Herbst 2022 zum ersten Mal die Berechnungen der Risikoindikatoren für PSM. Diese haben ergeben, dass die von der Landwirtschaft zur Risikoreduktion ergriffenen Massnahmen ihre Wirkung zeigen. Im Jahr 2021 legte das Parlament das Ziel fest, bis 2027 die mit PSM verbundenen Risiken für Oberflächengewässer, das Grundwasser und naturnahe Lebensräume, wie beispielsweise Biotope, um 50 Prozent zu reduzieren. Um diese Risiken berechnen zu können, wurden Indikatoren entwickelt. Diese basieren auf dem Risikopotenzial jeder einzelnen Substanz, auf den davon verkauften Mengen und auf den zur Risikominderung getroffenen Massnahmen. Die ersten Berechnungen seien vielversprechend. Doch bis zur Erreichung der Ziele in der Praxis sei es noch ein weiter Weg, sagte der BLW-Vertreter. Die Berechnungen zeigten, dass dank der deutlichen Reduzierung des Einsatzes von Produkten, die das Grundwasser verunreinigen könnten, das Kontaminationsrisiko verglichen mit dem Referenzzeitraum 2012 bis 2015 um die Hälfte verringert werden konnte.

Risiken weiter reduzieren

Auch das Risiko für Oberflächengewässer ist rückläufig. Das ist unter anderem der Sanierung von Waschplätzen für Spritzgeräte und den Massnahmen zur Verringerung von Abdrift und Abschwemmung zu verdanken. Der Indikator für naturnahe Lebensräume zeigt noch keine Verbesserung bezüglich Risikoreduktion. Um die Risiken noch weiter senken zu können, führte der Bundesrat am 1. Januar zusätzliche Reduktionsmassnahmen ein. Dazu zählt, dass zur Reduktion der Abdrift und Abschwemmung von PSM je ein Punkt bei den Massnahmen verpflichtend umgesetzt sein muss, Antidriftdüsen obligatorisch werden. Ausserdem werden im ÖLN bestimmte Pestizide verboten, wenn ein weniger gefährliches Alternativprodukt zugelassen ist. Dieses werde helfen, das Risiko für Oberflächengewässer und naturnahe Lebensräume weiter zu reduzieren. Bei den Fungiziden lässt sich im Vergleich zu 2021 im Jahr 2022 ein Anstieg der Verkaufsmengen um 187 Tonnen feststellen. Davon wurden Schwefel, Kupfer und Kaliumbicarbonat (insgesamt 170 Tonnen) mehr verkauft. Bei den Insektiziden wurde eine Zunahme beim Paraffinöl verzeichnet (+154 t). Dabei handelt es sich um ein Insektizid, das in der Biolandwirtschaft zugelassen ist und bei den übrigen Betrieben als Ersatz für Chlorpyrifos dient, das im Jahr 2020 verboten wurde. Bei den Herbiziden ist hingegen ein erneuter Rückgang der Verkaufsmengen festzustellen (–18 t gegenüber 2020). Im Jahr 2021 wurden insgesamt 2259 Tonnen Pflanzenschutzmittel verkauft.

 

Beurteilung von Wirkstoffen

«Der nächste wichtige Schritt ist die breite Umsetzung der eingeführten Massnahmen in der Praxis», so Jan Wasepe. Er zog das Fazit, dass es neue Alternativen braucht, um die Kulturen schützen zu können und die Anwendung von PSM mit erhöhtem Risikopotenzial zu minimieren. Heinz Ehmann, Leiter Gewässerqualität und Nutzung vom Amt für Umwelt des Kantons Thurgau, thematisierte die Bedeutung von Wirkstoffgrenzwerten im Gewässer. Er warf die Frage auf, ob Grenzwerte dem Amt für Umwelt (Afu) helfen, die Gewässer bezüglich PSM zu beurteilen. «Es ist nur mit grossem Aufwand möglich, die akute Belastung durch einen Wirkstoff zu erfassen. Dies ist mit einem Standardmonitoring praktisch nicht machbar», so Heinz Ehmann. Um die Belastung der Gewässer durch PSM abschätzen zu können, bedarf es einer Risikobeurteilung aller Wirkstoffe. Das Problem dabei: Gemessen werden nur etwa 140 bis 150 Wirkstoffe, und Mischtoxizitäten werden nicht erfasst. Verena Leib, Leiterin Gewässerqualität vom Amt für Wasser und Energie im Kanton St. Gallen, stellte fest, dass der Einsatz von Pestiziden einer von mehreren bedeutenden Faktoren für den vielerorts festgestellten Rückgang der Insektenvielfalt und -häufigkeit ist. Die Qualitätsbewertung der Gewässer wird anhand biologischer Indikatoren beurteilt. Die Beurteilung erfolgt nach effektbasierten Qualitätskriterien und der Beurteilung der Spurenstoffe nach Gewässerschutzverordnung. Fazit eins: Biologische Untersuchungen sind gut geeignet, um die Gesamtbelastung der Gewässer zu erfassen. Spezifische gesetzliche PSM-Grenzwerte stärken den Gewässerschutz, Überschreitungen führen zwingend zu Massnahmen.

Nützliche Aussprachen

Verena Leib berichtete vom Nutzen vom Einbezug der Landwirtschaft in die Gewässerschutzmassnahmen. Nachdem man im Rheintal und der Linthebene bei der Qualitätsbewertung zwischen 2018 bis 2020 in allen Gewässern dieser Region Überschreitungen der Gewässerschutzverordnung festgestellt hatte, setzten sich Amtsvertreter mit Gemüseproduzenten zusammen. Fortan gab es jedes Jahr – vor der Ap-plikationsphase – einen «runden Tisch», um (einfache) Massnahmen zu besprechen. Diese können oft eine erhebliche Reduktion der PSM-Konzentrationen bewirken. «Die Grenzwerte müssen interpretiert werden und die Sensibilisierung und Aufklärung der Landwirte bleibt wichtig», betonte Verena Leib. Richard Hollenstein, Leiter der Fachstelle Obstbau am Landwirtschaft-lichen Zentrum St. Gallen (LZSG) in Flawil, griff die Worte der Vorrednerin auf und berichtete von guten Erfahrungen mit der Sensibilisierung der Nutzer in kleineren Gruppen als an Massenveranstaltungen. Ein «runder Tisch» und die Beziehungspflege mit Bäuerinnen und Bauern schaffe die nötigen Voraussetzungen dafür. Hier sei auch die Beratung entsprechend gefordert. Wichtig bleibe auch die Vermittlung von Wissen zum Anwenderschutz, zu dem es beispielsweise Merkblätter vom LZSG gibt: «Der Anwender kann mit seinem Fachwissen, mit einer guten Technik und der nötigen Sensibilität und Sorgfalt viel dazu beitragen, die Risiken zu senken.» In der Interaktion zwischen Beratung, Vollzug und Produzent gehe es darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen und in Prozesse einzubinden.

 

Verena Leib berichtete von Erfolgen mit dem integrativen Beratungsprojekt und der Interaktion zwischen Beratung und Landwirtschaft.
Verena Leib berichtete von Erfolgen mit dem integrativen Beratungsprojekt und der Interaktion zwischen Beratung und Landwirtschaft.

Deutliche Verbesserungen

«Die Problematik aufzuzeigen und dann das Ziel, die Minimierung von PSM-Einträgen in Kleingewässer, zu formulieren, gehört zum interaktiven Beratungskonzept», so Richard Hollenstein. Lösungsansätze zu präsentieren und die Landwirte in der Umsetzung zu begleiten sind weitere Aspekte in diesem Beratungskonzept. Die Belastung der Kleingewässer mit PSM konnte nach den ersten «runden Tischen» deutlich verbessert werden. Die Herausforderungen wurden von Anbeginn mit den Landwirten gemeinsam angegangen. «Sensibilisierung und einfache Massnahmen brachten eine grosse Wirkung», bestätigten Verena Leib und Richard Hollenstein. Das Einbinden der Erkenntnisse in die Ausbildung sei eine wichtige Aufgabe: So wurde beispielsweise im Juni 2023 am Pflanzenbautag für das zweite Lehrjahr Landwirt/-in EFZ 50 Lernenden das Thema Gewässerqualität vermittelt. Das Amt für Wasser und Energie war mit einem Info-posten als Partner präsent.

Nach einem Referatteil an der IBK-Konferenz stellten Mitarbeitende von der Obstbauberatung des Arenenbergs in der vollständig eingenetzten Interreg-Parzelle in Sommeri – unter anderem – die Reduktion von Umweltrisiken und die bessere Wirkung durch intelligente Applikationstechnik vor. Auch das Schädlingsmonitoring erfolgt digitalisiert: Es wurden Prognosesysteme, die auf neuem Level sind, erörtert. Diese ermöglichen es den Obstproduzenten, zeitnahe Wetterprognosen mit aktuellem Kommentar und Empfehlungen der Fachberatung zu erhalten.

Pestizidabscheider mit Aktivkohle

Nach einem Transfer mit dem Car ins Rheintal konnte am Staatswingert Frümsen die Anlage mit dem Pestizidabscheider, die mit dem Aktivkohlefilter-System arbeitet, besichtigt werden. Hier informierten Richard Hollenstein und Andreas Ackermann, Betriebsleiter Bleichihof in Heiligkreuz. Der Pestizidabscheider ist eine neu entwickelte technische Lösung, die auf der Adsorption durch Aktivkohle basiert. Ein sogenanntes Pflanzenschutzmittel-Modul hält dabei mit granulierter Aktivkohle die gelösten Wirkstoffe zurück, sodass die Stoffe effektiv aus dem Wasser entfernt werden. Das PSM-Modul ist zusammen mit einem Partikelmodul einsetzbar. Das Partikelmodul hält ungelöste Stoffe über Sedimentation und Filtration zurück. Die Anlage ist technisch einfach, kompakt und lässt sich witterungsunabhängig ganzjährig betreiben. Das filtrierte Reinigungswasser kann anschliessend für erneute Reinigungsvorgänge (Spritzgerät, Maschinen) auf einem gesicherten Waschplatz wiederverwendet werden. Es darf jedoch nicht in die Kanalisation oder in ein Gewässer eingeleitet werden. Die Anlage wird einmal jährlich vom Hersteller (Creabeton Matériaux AG) gewartet. isa.

Andreas Ackermann erklärte den Einsatz des Pestizidabscheiders mit Aktivkohle: Die Anlage steht am Staatswingert in Frümsen.
Andreas Ackermann erklärte den Einsatz des Pestizidabscheiders mit Aktivkohle: Die Anlage steht am Staatswingert in Frümsen.

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