Getreide in weiter Reihe ab 2025

Die Acker-BFF «Getreide in weiter Reihe» ist ab 1. Januar 2025 keine schweizweite Biodiversitätsförderfläche (BFF) mehr. Solche Flächen werden nicht mehr an die BFF im ÖLN angerechnet. Der Kanton St. Gallen kann es jedoch als beitragsberechtigte regionsspezifische BFF in Vernetzungsprojekten weiterführen.

Weit gesätes Getreide lässt Licht auf den Boden für Ackerwildkräuter und bietet Nistmöglichkeiten. Beiträge sind ab 2025 über die Vernetzung möglich. Bild: lzsg.
Weit gesätes Getreide lässt Licht auf den Boden für Ackerwildkräuter und bietet Nistmöglichkeiten. Beiträge sind ab 2025 über die Vernetzung möglich. Bild: lzsg.

Getreide in weiter Reihe (GiwR) ist eine Möglichkeit, wie Produktion und Förderung der Vielfalt von Tieren und Pflanzen auf der gleichen Fläche gelingen kann. Man spricht deshalb auch von einer In-Crop-Massnahme. Die mehrjährigen Biodiversitätsförderflächen (BFF) auf Acker (Brachen, Saum, Nützlingsstreifen) sind allerdings deutlich hochwertigere Lebensräume zur Erhaltung der Biodiversität. Getreide in weiter Reihe stellt dazu eine wertvolle Ergänzung, aber keinen Ersatz dar.

Sowohl Tiere als auch Pflanzen profitieren von Getreide in weiter Reihe. Insekten (wie Käfer, Schmetterlinge oder Bienen), Spinnen und andere Wirbellose (z.B. Regenwürmer) machen 95 Prozent aller Tierarten (ohne Einzeller) in der Schweiz aus. Es lohnt sich also, den Blick auf diese kleineren Tiere zu richten.

Resultate einer Studie

Eine gross angelegte Studie aus Deutschland untersuchte zwischen 2020 und 2024 auf 86 konventionell wirtschaftenden Betrieben den Effekt von Getreide in weiter Reihe (Reihenabstände 30 oder 37,5 cm) ohne Untersaat und mit blühender Untersaat in Winterweizen und Sommergerste. Die Untersaatmischung bestand aus Leguminosen und 15 bis 18 verschiedenen Blühpflanzen. Getreide in weiter Reihe liess zudem eine grösstenteils unproblematische Segetalflora (siehe Kasten) aufkommen.

Insbesondere Getreide in weiter Reihe mit Untersaat stellte somit ein breites Nahrungsangebot für Insekten dar und steigerte dank der stickstofffixierenden Knöllchenbakterien der Leguminosen die Bodenfruchtbarkeit. Untersaaten bieten weitere Vorteile wie Bodenschutz durch Verminderung von Erosion, zum Beispiel durch Starkniederschläge, und Förderung der Bodenstruktur. Die niederwüchsige Untersaat wurde so gewählt, dass sie keine Konkurrenz zur Kultur darstellte und die Ernte nicht behinderte. Nach der Ernte konnte die Untersaat über den Winter stehen bleiben und bot Insekten und weiteren Feldtieren ein Winterquartier. Auch Regenwürmer profitieren von der Untersaat. Wichtig zu erwähnen ist, dass nach Auflaufen der Untersaat gänzlich auf Herbizide und mechanische Beikrautregulierung verzichtet wurde. Ein sauberes Saatbett ist daher unerlässlich, damit Problemunkräuter minimiert werden können.

Ackerwildkräuter profitieren

Seit Beginn der Landwirtschaft vor etwa 7000 Jahren haben sich rund 350 Ackerwildkräuter entwickelt. Sie sind Teil der Lebensgemeinschaft im Acker. Nur etwa 20 Arten wirken sich aufgrund ihrer massiven Vermehrung und ihrer starken Konkurrenz um Wasser, Licht und Platz negativ auf die Getreidekultur aus. Die übrigen Wildkräuter leisten einen Beitrag zur Ernährung natürlicher Nützlinge wie Schlupfwespen oder Raupenfliegen, Bestäuber und samenfressender Vogelarten und bilden somit den Grundstock für eine resiliente Lebensgemeinschaft. Ackerwildkräuter dienen zudem als Erosionsschutz und fördern die Bodenstruktur. Durch intensive Bekämpfungsmassnahmen der Problemunkräuter sind viele nützliche Ackerwildkräuter inzwischen selten geworden oder gar ausgestorben.

Durch das höhere Lichtangebot am Boden profitieren Ackerwildkräuter von Getreide in weiter Reihe und mit ihnen auch Insekten, die für die Fortpflanzung teilweise auf bestimmte Wildkräuter angewiesen sind. Der Verzicht oder die Reduktion von Herbiziden fördert diese selten gewordenen Ackerwildkräuter. bbw.

Tiere und Pflanzen profitieren

Es konnte gezeigt werden, dass in Getreide in weiter Reihe (mit und ohne Untersaat) deutlich mehr Blühpflanzen vorhanden waren. Das Nahrungsangebot für zahlreiche Insekten und Spinnen, aber auch für Feldhasen konnte damit verbessert werden und davon profitierten weitere Tiere wie Vögel. Getreide in weiter Reihe bietet nicht nur Nahrung, sondern auch Lebensraum sowie Brut- und Nistmöglichkeiten. Studiert man die Ansprüche der verschiedenen Mitspieler (siehe Kasten), kommt man schnell zum Schluss, dass die Umsetzung von Getreide in weiter Reihe je nach Förderungsfokus unterschiedlich ausfallen sollte.

Den tieferen Kosten für Saatgut und Dünger stehen nur leicht reduzierte Getreideerträge gegenüber.

Erste Versuchsergebnisse zeigen gar einen höheren Proteingehalt von Getreide in weiter Reihe. Hingegen muss etwas mehr in die Vorbeugung und Bekämpfung von Ackerunkräutern investiert werden. Man weiss also schon einiges über die positiven Effekte von Getreide in weiter Reihe, wird aber ständig dazulernen. Es ist wichtig, jetzt weitere Erfahrungen zu sammeln.

Ein Beitrag für Getreide in weiter Reihe ist über die Vernetzung weiterhin möglich. Die ab 2025 geltenden Kriterien sind auf der Internetseite des Landwirtschaftsamtes und des LZSG aufgeschaltet.

Tiere profitieren

Feldhasen:

Feldhasen sind scheu und leben gut versteckt. Im April sind sie aber auf der Suche nach Paarungspartnern häufiger in den Feldern zu beobachten. Getreide in weiter Reihe dient den Feldhasen als Nist- und Nahrungsplatz. Der Feldhase frisst hauptsächlich Gräser und Kräuter. Der Verzicht auf Herbizide erhöht das Nahrungsangebot des Feldhasen. Extensive Wiesen mit botanischer Qualität oder mit Strukturen sind für Feldhasen eine wichtige Nahrungsquelle. Ein positiver Einfluss von Getreide in weiter Reihe auf den Bestandeszuwachs der Hasen konnte nachgewiesen werden. Die Fortpflanzungszeit dauert von Februar bis in den Herbst mit drei bis fünf Würfen pro Jahr und zwei bis vier Jungen pro Wurf.

Nach dem Dreschen sollte das Stoppelfeld noch etwa zwei Wochen unbearbeitet gelassen werden, damit Junghasen genügend mobil sind, um das Feld zu verlassen. Stirnseitige Quersaaten erschweren den Feldhasen den Zugang zum Getreidefeld.

Gliederfüsser (Arthropoden):

Zu den Gliederfüssern zählen Insekten, Tausendfüssler oder Spinnen. In Getreide in weiter Reihe kommen mehr Gliederfüsser vor als in Normalsaaten. Darunter befinden sich auch Nützlinge und wertvolle Bestäuber. Der positive Effekt zeigt sich vor allem bei Getreide in weiter Reihe mit Untersaat. In einem Versuch der Vogelwarte wurde im Winterweizen eine höhere Laufkäfervielfalt und 56 Prozent weniger Blattschäden durch Getreidehähnchen verzeichnet. Die Gliederfüsser sind zudem eine wichtige Nahrungsquelle für Vögel.

Feldlerche:

Die Feldlerche ist ein bodennistender Vogel und lebt in offenen, weiträumigen Kulturlandschaften. Bekannt ist sie für ihren Singflug. Zu Baumbeständen und hohen Gebäuden hält sie einen Abstand von 60 bis 200 Metern und meidet Einzelbäume und Sträucher. Die Nester werden an lückig bewachsenen Bodenstellen angelegt, wie in Weizen, Hackfrüchten oder Erbsen. Wintergerste und Triticale bestocken von unten dicht, sodass dort keine Nester angelegt werden. Untersaaten können hinderlich sein für das Anlegen von Nestern. Quersaaten am Feldrand sind gerade in Naherholungsgebieten sinnvoll, weil dadurch weniger Räuber ins Feld eindringen. Der Verzicht auf Herbizide und extensiv genutzte Flächen in der Nähe des Getreide in weiter Reihe erhöht das Nahrungsangebot der Feldlerchen.

Die Vogelwarte Sempach hat für Ackerbaugebiete Potenzialkarten erstellt. Im Kanton St. Gallen findet die Feldlerche im Ackerland des Sarganserlands, vereinzelt im Rheintal und im Raum Altstätten, Uznach und im nördlichen Fürstenland geeignete Gebiete. Die Feldlerche besiedelt im Berggebiet Alpweiden und magere Wiesen. Sichtungen gab es im Kanton St. Gallen zwischen 2013 und 2018 nur ganz vereinzelt. bbw.

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