Neue Technologie für nachhaltigen Pflanzenschutz
Einige Obstproduzenten im Oberthurgau testen die elektrische Unkrautbekämpfung, eine vielversprechende Ergänzung zu den bisher angewandten Methoden. Damit wollen sie proaktiv auf den Wegfall von weiteren chemischen Mitteln reagieren.
«Ich bin offen für Alternativen, die es mir ermöglichen, den Herbizideinsatz in den Baumstreifen meiner Tafelobstanlage zu reduzieren. Als ich im Frühjahr eine Ausschreibung der Landi Aachtal las, wonach Betriebe für den Einsatz des Xpower XPO Electroherb für die elektrische Unkrautbekämpfung gesucht wurden, meldete ich mich, denn mich interessieren alternative Methoden», sagte Albert Stäheli, Obstproduzent aus dem oberthurgauischen Kümmertshausen. Da laufend Zulassungen für Pflanzenschutzmittel wegfallen, sei es wichtig, als Obstproduzent die Pflanzenschutzthematik proaktiv anzugehen und nebst der mechanischen Unkrautbekämpfung Alternativen zu prüfen. «Ich bin bereit, dieses Gerät auf die Praxistauglichkeit zu testen. Dies wird eine gewisse Zeit dauern, bis zufriedenstellende Ergebnisse resultieren», so Albert Stäheli. Ende Mai präsentierten Mitarbeiter der Landi Aachtal und Agroline in seinen Tafelobstanlagen für die Medien die Technologie von Xpower, die mit elektrischen Ladungen Unkraut bis in die Wurzel vernichtet. Dabei wird die Dosis elektrischer Energie via Elektroden auf das Pflanzengewebe des Unkrauts übertragen. Die unter dem Namen XPower vermarktete neue Technologie wurde von dem Unternehmen Zasso GmbH als ein nachhaltiger Ansatz zur Unkrautkontrolle entwickelt.
Keine Eingriffe in den Boden
Patrick Meyer, Projektleiter Innovagri, Agroline, bezeichnete es als grossen Vorteil für Betriebsleiter, dass sie die Möglichkeit erhalten, diese neue Technologie tageweise einzusetzen: «Für den Betrieb entfällt der administrative, logistische und finanzielle Aufwand bei der Anschaffung und im Unterhalt. Und es stellt den logischen Schritt beim zunehmenden Einsatz digitaler Techniken in der Landwirtschaft dar.» Wolfram Lempp von Agroline, Fachberater, bezeichnete elektrische Unkrautbekämpfung mit «Electroherb» als systemisch wirkend und schonend für die Lebensräume des Bodens. Im Vergleich zu chemischen und mechanischen Verfahren zeigten sich beispielsweise auf Regenwürmer keine Auswirkungen. «Da hier kein Eingriff in den Boden erfolgt, werden auch keine weiteren Unkrautsamen zur Keimung angeregt und zudem Erosion verhindert. Vorteilhaft ist auch, dass für den Einsatz, ausser dem Traktor, keine zusätzlichen Behältnisse oder Gerätschaften nötig sind.» Bei der «Elektroherbizid-Technologie» werde im Wesentlichen mechanische in elektrische Energie umgewandelt. «Hochenergetische Elektronen wirken nicht nur direkt auf die Blätter der Unkräuter, sondern über die Leitungsbahnen der Pflanzen bis hinunter zu den Wurzeln und stellen so die Wirkung sicher. Das «Electroherb»-Verfahren steht als schlüsselfertige Lohnarbeit der Landi Aachtal zur Verfügung, inklusive Beratung, Xpower XPO Gerät, Traktor und Fahrer.
Einsatz im Wein- und Obstbau
Die fachliche Unterstützung erfolgt durch Agroline. Andreas Schmid, Mitarbeiter bei der Landi, absolvierte eine zweitägige Schulung bei der Zasso GmbH, um das Gerät auf den Betrieben zu fahren. Im Xpower XPO sind ein Generator, sechs beziehungsweise acht Hochspannungsumrichter und ein Schaltschrank verbaut. Zusätzlich sind Sensoren wie der Radar-Bewegungssensor zur Unterbrechung der Stromabgabe bei Stillstand, Ultraschall-Sensor zur Bodenabstandskontrolle, Signalsäule zur Zustandskontrolle und GPS-Antenne eingebaut. Thomas Gsell, Leiter Agrar bei Landi Aachtal in Oberaach, betonte, dass der Xpower nur zusammen mit dem Fahrer vermietet wird. 2018 wurde im Weinbau in Frankreich die elektrische Unkrautbekämpfung erstmals erprobt. «Nun scheint sie auch für den Obstbau geeignet», sagte Wolfram Lempp. So können mit XPower Unkräuter zwischen den Pflanzen von Obstplantagen bekämpft werden. Michael Graf, Precision Center, Bucher Landtechnik AG Niederweningen, schilderte die besonderen Vorteile für die Obstproduzenten: «Das System kann bis dicht an die Büsche und Bäume heran eingesetzt werden, ohne dabei deren Wurzeln zu schädigen, weitere Unkrautsamen zur Keimung anzuregen oder das Erosionsrisiko zu erhöhen.» Eine Zulassung für den Bioanbau werde aktuell geprüft. Die erforderliche elektrische Leistung für beste Ergebnisse beim Einsatz von XPower hängt von der Oberflächenfeuchtigkeit der Blätter ab, während die Bodenfeuchtigkeit über die Befahrbarkeit der Flächen entscheidet.
Weitere Informationen zum Dienstleistungsumfang erteilen: Agroline Bioprotect, fenaco Genossenschaft, 8400 Aesch, https://www.agroline.ch/de/innovationen; Landi Aachtal, Genossenschaft, 8587 Oberaach, http://www.landi-aachtal.ch/dienstleistungen/xpower-electroherb/