Tessiner Biomalz: Vom Feld in die Flasche
Braumalz wird dank eines Verfahrens gewonnen, das nun auch im Tessin mit in der Magadinoebene angebautem Getreide durchgeführt wird. Unweit von Bellinzona wird in einer kleinen Mälzerei Biogerste zu Tessiner Malz verarbeitet.
In Cadenazzo, im Herzen der Magadinoebene, liegt inmitten von Gersten-, Weizen-, Mais- und Sojafeldern die Masseria Ramello. Der Biobetrieb kann auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurückblicken und wird heute von Adrian Feitknecht in der dritten Generation geführt. 2020 wurde dort eine kleine Mälzerei in Betrieb genommen, die es den regionalen Brauereien ermöglicht, 100-prozentiges biologisches Tessiner Malz für ihre Biere zu verwenden.
Idee entstand bei einem Bier
«Wir sind beide Bierliebhaber und das Projekt entstand aus einer Schnapsidee heraus», erklärt Manuel Bolliger. Es begann alles bei einem gemütlichen Bier, als sich Adrian Feitknecht und Manuel Bolliger die Frage stellten, warum es zwar Tessiner Bier gibt, dieses aber nicht aus Tessiner Malz hergestellt wird. «Wir haben uns gesagt: Lass uns die Bierbrauereien mit Tessiner Malz beliefern. So ist die Idee der Mälzerei entstanden», erzählt Manuel Bolliger weiter.
Als Landwirt verfügte Adrian Feitknecht über das nötige Ackerbauwissen. Also entschieden sich die beiden, Braugerste anzubauen und daraus gleich selbst Malz herzustellen. In der Scheune wurde eine kleine Mälzerei eingebaut. Nach zahlreichen Tests und Experimenten präsentierten sie schliesslich ein zufriedenstellendes Produkt. Die Malteria Ticinese nahm 2020 offiziell ihren Betrieb auf.
Gerste, Hirse oder Weizen stammen direkt von den Feldern von Adrian Feitknecht und durchlaufen eine sorgfältige Reinigung und Klassifizierung. Sobald die Trennung zwischen Futter- und Braugetreide erfolgt ist, beginnt der Mälzungsprozess. Das Getreide, das anfangs etwa zwölf Prozent Feuchtigkeit aufweist, wird eingeweicht, bis es etwa 48 bis 49 Prozent Feuchtigkeit hat und zu keimen beginnt. Der Keimprozess wird dabei mit der Zufuhr von kalter Luft kontrolliert und schliesslich mit einer Heisslufttrocknung unterbrochen. «Beim Mälzen holen wir die besten Eigenschaften fürs Brauen aus dem Korn heraus», erklärt Manuel Bolliger.
Nachdem das Korn getrocknet ist, erfolgt die Reinigung und Verpackung des Braumalzes je nach den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden. «Vom Feld bis zum fertigen Malz dauert es ungefähr eine Woche», erklärt Manuel Bolliger.
Für ihre Mälzerei mussten Adrian Feitknecht und Manuel Bolliger ihr eigenes Rezept austüfteln respektive ausprobieren, bis alles gestimmt hat. «Wir mussten herausfinden, wie lange das Getreide eingeweicht, wie lange es mit Kaltluft gekeimt und bei welchen Temperaturen es getrocknet werden muss», erklärt Manuel Bolliger. So haben die beiden sich ihr Wissen selbst erarbeitet, allerdings mit Schützenhilfe: «Wir haben offene Gespräche mit anderen Kleinmälzereien in der Schweiz geführt und konnten so unser Basisrezept zum Mälzen aufbauen.»
Ein Malz für jede Brauart
Dieser komplexe Mälzungsprozess ermöglicht es der Malteria Ticinese, sowohl Basis- als auch Spezialmalze anzubieten, ideal zum Brauen unter anderem von Amber-Bier und anderen Sorten. Aus Braugerste wird Pilsner, Pale-Ale-, Münchner und Spezialmalz produziert. Aus Weizen entsteht zusätzlich ein Weizenmalz, insgesamt also fünf Sorten. Die Malzfarbe wird hauptsächlich durch die Trocknungstemperatur beeinflusst. «Bei einem hellen Basismalz sind wir ungefähr zwischen 70 und 80 Grad. Je höher wir mit den Temperaturen gehen, desto dunkler wird das Malz», erläutert Manuel Bolliger.
Bei den Spezialmalzen wird dann auch das Rezept leicht angepasst: «Beispielsweise beim Münchner Malz, das einen Karamellgout hat, gibt es eine feine Kristallisierung des Restzuckers im Korn, das heisst, wir führen etwas mehr Wasser zu, trocknen es dann aber auch schneller, dass der Restzucker schneller karamellisiert», erklärt Manuel Bolliger.
Lokal, nachhaltig, hochwertig
Adrian Feitknecht und Manuel Bolliger produzieren in ihrer Kleinmälzerei rund 500 Kilo Malz pro Woche, ein sehr kleiner Tropfen für die Schweizer Brauereien, die jährlich mehr als 70 000 Tonnen Braumalz benötigen. So wird die Amortisierung des Projekts auch noch eine Weile dauern und hat sich aufgrund der Herausforderungen in der Gastronomie, die durch die Coronaviruspandemie verursacht wurden, noch etwas verzögert. Adrian Feitknecht und Manuel Bolliger schätzen, dass es noch zehn bis 15 Jahre dauern wird, bis sich das Projekt amortisiert hat.
Trotzdem ist die Erweiterung der Mälzerei ein langfristiges Ziel der beiden. Die Qualität stehe aber im Vordergrund, sagt Manuel Bolliger: «Unser Ziel ist es, vor allem lokal zu arbeiten und uns mit unserem Biomalz und den kleinen Chargen in unserer Nische zu etablieren.» So vermag das Malz aus Cadenazzo preislich auch nicht mit ausländischen Produkten zu konkurrieren, aber es übertrifft diese in puncto Qualität. Damit punkten sie bei ihren Kunden. Rund 20 fixe Kunden beliefert die Malteria Ticinese regelmässig mit hochwertigem Biomalz, von Kleinbrauereien, die ein paar 100 Liter pro Jahr brauen, über mittelgrosse und sogar grosse Brauereien. Beispielsweise die Birreria San Gottardo, die ihre Biere derzeit noch in der Brauerei Rosengarten in Einsiedeln brauen lässt, bis sie die Mindestproduktion an Hektolitern erreicht, die erforderlich ist, um die Produktion im Tessin zu etablieren.