Seit 30 Jahren Direktzahlungen in der Schweiz
Vor 30 Jahren führte die Schweiz Direktzahlungen ein. Anlass zum Feiern oder zum Wandel? Ein Podium diskutierte zu diesem Thema.
Im Jahr 1993 wurden Direktzahlungen eingeführt und die darauf folgenden Agrarpolitik-Reformen führten schliesslich zum neuen Landwirtschaftsgesetz, das 1999 in Kraft trat. Die Akzeptanz der Direktzahlungen in der Bevölkerung ist laut Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands (SBV) auch heute hoch. Gemäss Umfragen des SBV unterstützen rund 80 Prozent der Bevölkerung diese Zahlungen. Andreas Wyss, Agronom und ehemaliger Geschäftsführer des Berner Bauernverbandes, betonte, dass zwar kaum jemand in der breiten Bevölkerung das genaue Direktzahlungssystem verstehe. Dennoch sei allgemein akzeptiert, dass Landwirte für ihre Leistungen finanziell entschädigt werden.
Administrative Belastung
Die Akzeptanz in der Landwirtschaft selbst sei zwiespältig, so Markus Ritter. Der Bauernverbandspräsident merkte an, dass die immer grösser werdende administrative Belastung Sorgen und Ängste verursache. Daher sei es jetzt notwendig, die Weichen für ein einfacheres System bei der nächsten grossen Agrarpolitik-Reform im Jahr 2030 zu stellen.
Bei der Frage nach «Feiern oder Wandel» hob ein überwältigender Anteil des Publikums, hauptsächlich Landwirte, die Hand für «Wandel». «Es ist Zeit für einen Wandel. Gerade bei der jüngeren Generation sehe ich dieses Bedürfnis sogar noch stärker», bekräftigte Winzerin Katja Riem. Markus Ritter stimmte zu: «Das System muss schlanker und handhabbarer werden.»
«System neu bauen»
Andreas Wyss sieht Anlass fürs Feiern und einen Wandel: «Wir können feiern, dass die Landwirtschaft dank Direktzahlungen für nicht marktfähige Leistungen entschädigt wird. Aber das System, auf das die Direktzahlungen aufbauen, muss nicht weiterentwickelt, sondern neu gebaut werden.»
Ein grundlegender Fehler sei, dass beim aktuellen System alle Betriebe gleich angeschaut würden. «Die kompetentesten Personen – die Bäuerinnen und Bauern – werden in eine Richtung gelenkt. Beim Übergang zur heutigen Agrarpolitik wurde zu wenig darauf geachtet, dass der Staat nicht alles steuern kann.»
Schwieriger Systemwechsel
Marcel von Ballmoos-Hofer, Landwirt und Geschäftsführer der Kontrollorganisation KUL/Carea, warf ein, dass ein Umbruch Verbesserungen bringen könne, aber dies sei alles andere als einfach, wenn man die Alternativen betrachte. Die Bauern seien anpassungsfähig, aber das System werde immer schwieriger, bestätigte auch er. Die kommende Anforderung von 3,5 Prozent Biodiversitäts-Förderfläche sei eine grosse Herausforderung, auch für die Kontrollstellen.
Ideen gefordert
Riem betonte auch, dass Ideen für eine neue Agrarpolitik dringend nötig seien. «Die Vorschläge, wie die neue Agrarpolitik ab 2030 aussehen soll, fehlen noch. Die müssen jetzt kommen», sagte sie als Appell an die anwesenden Landwirte. Sie vertrat die Meinung, dass die Praktiker nicht nur mit ihren Sorgen zum Bauernverband gehen sollten – wie von Markus Ritter gefordert – sondern selbst Vorschläge einbringen sollten. Allerdings waren sich Riem und Ritter in diesem Punkt nicht einig: «Die Bauernfamilien können nicht melken, ernten, die Buchhaltung führen, Formulare ausfüllen und dann noch selbst die Agrarpolitik gestalten. Das ist unser Job beim Bauernverband.»