AP 2030: Wildhausertagung zum Thema «Die Agrarpolitik auf dem Prüfstand»
Die öffentliche Tagung freisinniger Bäuerinnen und Bauern stand am 14. Dezember 2024 ganz im Zeichen der Agrarpolitik. Mit Blick auf die Agrarpolitik (AP) 2030 gab es Referate sowie eine Podiumsdiskussion.
Kurz vor Ende Jahr trafen sich in Wildhaus Interessierte aus Politik und Landwirtschaft, um sich vertieft mit der Agrarpolitik zu befassen. Peter Nüesch, Präsident des kantonalen Bauernverbands und Kantonsrat, betonte, dass die traditionelle alljährliche Tagung diesmal einem Thema gewidmet sei, an das heute noch nicht alle denken.
Die beiden Referenten Robert Huber, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter an der ETH in Zürich, und Stefan Müller, Präsident der Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK), legten ihre Sicht dar. Während der ETH-Dozent zu «AP 2030 – was können wir aus früheren Reformetappen lernen?» sprach, ging der Landwirtschaftsdirektor von Appenzell Innerrhoden auf die «Weiterentwicklung und Vereinfachung der künftigen Agrarpolitik (AP) aus Sicht des Kantons» ein.
Regionale Unterschiede in der Einkommenssituation
Für die Forschung sei zentral, so Robert Huber, dass mit weniger Geld mehr erreicht werden müsse. Dabei dürfen aber der ökologische Leistungsausweis und die lokalen Bedingungen nicht ausser Acht gelassen werden. Die erwiesenermassen tiefen Einkommen in der Landwirtschaft, wobei es starke Unterschiede gebe, seien während der vergangenen Jahre stabilisiert worden. Auch Stefan Müller, er führt seit 30 Jahren einen Landwirtschaftsbetrieb in Weissbad und ist Landwirtschaftsdirektor in Appenzell Innerrhoden, ging auf die regional unterschiedlichen Einkommen ein.
Seiner Ansicht nach müsse die Einkommenssituation für jeden Betrieb tragbar sein. «Aktuell gibt es grosse Unterschiede, von sehr gut bis traurig.» Er betonte: «Es muss das gesamte Spektrum, vom Saatgut bis zum Abfall, in die AP einbezogen werden. Dabei dürfen wir die Wirtschaftlichkeit nicht ausser Acht lassen.» Stefan Müller wünscht sich eine Vereinfachung des Systems und insbesondere weniger administrativen Aufwand auf allen Ebenen. «Wichtig ist auch ein Selbstversorgungsgrad von mindestens 50 Prozent.» Als Mittel, um diese Ziele zu erreichen, sieht er den Schutz des Bodens, das Sichern von Wasserrechten, aber auch den Grenzschutz.
Wichtige Weichenstellung: Was ab 2030 gilt, gibt es bis 2040 zu spüren
Der Rückblick von Robert Huber zeigte, dass es bis zum Ersten Weltkrieg keine Agrarpolitik gab. Die Gründung von Genossenschaften und die Einführung von Übernahmepflichten bezeichnete er als erste Schritte. Erwähnt wurde die hohe Umweltbelastung in den 1980er-Jahren, die Bestrebung zur Veränderung und insbesondere die Trennung der Preis- und Einkommenspolitik sei eine wichtige Weichenstellung gewesen.
Grundlage dazu bildete der Artikel 104, eingeführt 1996, der auch heute noch Kernelemente der AP enthält. Der damals herrschende Vierjahresrhythmus sei bald als zu kurz erkannt worden, deshalb gab es längere Zeitabstände bei der AP-Anpassung. Ein Blick auf die Europäische Union (EU) zeige, dass Schweizer Landwirtschaftsbetriebe vergleichsweise gut dastehen, auch wenn die Unterstützung von 80 auf 50 Rappen gesunken sei. «Doch heute werden die Weichen gestellt, was ab 2030 gelten wird, und wir werden dies bis 2040 zu spüren bekommen.» Als negativ beurteilt der Referent, dass heute viel über Verordnungen läuft und auch noch Initiativen anstehen.
Thema Vertiefen und darüber diskutieren
Muriel Kofler, stellvertretende Geschäftsführerin des St. Galler Bauernverbands, moderierte das Podium mit den beiden Referenten und Peter Nüesch. Sie wollte wissen, ob die Unzufriedenheit der Bauern berechtigt ist. Stefan Müller: «Ich kann das nachvollziehen, denn, wer arbeitet, soll auch Geld verdienen dürfen.» Zur Frage, ob der Zeitraum von fünf Jahren bis zur Einführung der AP 2030 nicht als noch zu weit weg empfunden werde, sagte Robert Huber: «Hinter den Kulissen läuft sehr viel und Ziel muss es sein, weniger direkte Eingriffe zu erdulden, dafür Stabilität und Investitionssicherheit zu erhalten. Auch die künstliche Intelligenz (KI) kann bei der Bewältigung der administrativen Aufgaben helfen.»
Peter Nüesch bezeichnete die Digitalisierung «als an und für sich sehr wertvoll, aber es darf am Schluss nicht nur für den Vollzug helfen. Zuerst braucht es eine Vereinfachung des Systems, dann soll die Digitalisierung folgen.» Ganz allgemein sahen alle den Grenzschutz als zentrales Element, schrieben aber auch den Konsumenten Verantwortung zu, wobei eine starke Deklaration der landwirtschaftlichen Produkte bei der Vermarktung helfen könnte.
Bei der Diskussion mit den Anwesenden ging es um die Kulturlandvernichtung, das Fehlen von Jungen in der Politik, aber auch um den Einfluss der Partei auf die Landwirtschaftspolitik.
Die ständige Kritik im Zusammenhand mit der Belastung von Böden und Luft gegenüber den Landwirten wurde angesprochen. Allerdings rede dabei niemand von den positiven Auswirkungen.