Alles klar beim Bremsen?
Seit dem 1. Januar 2018 müssen die Traktor-Hersteller ihre Traktoren in Europa mit einem Zweileiter-Bremssystem ausliefern. Seit dem 1. Mai 2019 gilt diese Vorschrift auch für landwirtschaftliche Anhänger.
Mit der Einführung der auch von der Schweiz übernommenen EU-Richtlinie «167/2013» hat sich in Sachen Bremsen bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen einiges verändert. So müssen neu zugelassene Traktoren ab 1. Januar 2018 über ein Zweileiter-Bremssystem verfügen. Dieses Zweileiter-System kann entweder pneumatisch (Druckluft) oder hydraulisch aufgebaut sein. Zusätzlich zu einem Zweileiter-System darf ein hydraulisches Einleiter-System weiter an einem neuen Traktor aufgebaut werden, so dass ältere Anhänger mit einer hydraulischen Bremse weiterhin angekoppelt und sicher gebremst werden können. Nach den alten Vorschriften typengenehmigte landwirtschaftliche Fahrzeuge können weiter zugelassen und verwendet werden. Die Schweizer Druckluftbremse ist übrigens bei neuen Fahrzeugen nicht mehr zulässig.
«Intelligente» Zweileiter-Bremse
Wer sich beim Traktor für ein hydraulisches Zweileiter-Bremssystem entschieden hat, muss darauf achten, dass dieses mit einem Umschaltventil ausgestattet ist, das automatisch erkennt, ob ein neuer Anhänger mit hydraulischen Zweileiter-System (zwei Schläuche) oder ein alter Anhänger (ein Schlauch) angehängt ist. Nur dieses «intelligente» hydraulische Zweileiter-Bremssystem verzögert automatisch richtig, so dass bei einer Abbremsung mit alten und neuen Anhängern keine Gefahr besteht.
Verfügt das hydraulische Zweileiter-Bremssystem über kein solches Umschaltventil, wird im Fahrzeugausweis unter der Ziffer «Code 500» folgender Eintrag gemacht: «Am hydraulischen Zweileiter-Bremssystem dürfen nur Anhänger mit hydraulischen Zweileiter-Bremsen gekoppelt werden.»
Seit 2019 auch bei Anhängern
Die Regeländerungen hatten zum Ziel, einerseits die Sicherheit von landwirtschaftlichen Fahrzeugen zu verbessern, anderseits aber auch die Vorschriften in den verschiedenen Ländern zu vereinheitlichen. So müssen ab 1. Mai 2019 nun auch alle neu in Verkehr gebrachten land- und forstwirtschaftlichen Anhänger ab einem Garantiegewicht von acht Tonnen – egal ob auf 30 oder 40 Stundenkilometer ausgelegt – mit einer Betriebsbremse ausgerüstet sein, die ebenfalls im Zweileitersystem aufgebaut ist. Einzig bei der Abbremsung gibt es den Unterschied, wird doch beim 30-km/h-Anhänger eine solche von 35 Prozent (Verzögerung 2,9 m/s2) und beim 40-km/h-Anhänger eine solche von 50 Prozent (Verzögerung 5,0 m/s2) verlangt. Auch bei den Anhängern ist ein pneumatisches oder hydraulisches System grundsätzlich zulässig.
Weitere Vorschriften
Für Anhänger, die nach dem 1. Mai 2019 gebaut wurden, gibt es weitere Vorschriften. So muss die Versorgung von elektrischen Komponenten, die mit der Bremsanlage zusammenhängen wie Notbremsventil, Lastenregler, Drucküberwachung oder EBS mit einer genormten ABS-Steckdose erfolgen. Transportanhänger mit 30 Kilometer pro Stunde Höchstgeschwindigkeit müssen mit einer mindestens dreistufigen, manuell einstellbaren lastabhängigen Bremskraftregelung ausgerüstet sein. Solche mit 40 Kilometern pro Stunde müssen über eine automatische lastabhängige Bremskraftregelung verfügen. Dies bedingt, dass das Fahrzeug ein gefedertes Fahrwerk hat oder das Lastsignal sonst irgendwie abgenommen werden kann (z.B. Füllstandsanzeiger, Deichselfederung oder Wiegeeinrichtung). Arbeitsanhänger mit Nutzlast müssen ebenfalls mit einer mindestens dreistufigen, manuell einstellbaren lastabhängigen Bremskraftregelung ausgestattet sein.
Alt und neu kombinieren?
In der Regel bremsen Traktoren stärker als die Anhänger. In solchen Situationen kann der Anhänger den Traktor vor sich herschieben – bis zu dessen Überschlag. Deshalb ist es gefährlich, einen alten Anhänger mit einem neuen Traktor ohne Zugabstimmung zu kombinieren. Dieses Sicherheitsrisiko besteht sowohl bei hydraulischen wie pneumatischen Bremsen.
Weiter stellt sich die Frage, ob ein Traktor mit einer hydraulischen Einleiter-Bremse mit einem neuen Anhänger hydraulischer Zweileiter-Bremse gekoppelt werden darf (Zurückstecken des einen Leiters). Der (europäische) Gesetzgeber hat diese technisch mögliche Kombination nicht, respektive nur zu Rangierzwecken auf den Hofgelände vorgesehen. Aufgrund einer Weisung des Bundesamts für Strassen ist dies in der Schweiz unter gewissen Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2025 erlaubt. Es muss eine Eignungserklärung des Herstellers oder Inverkehrbringers der Anhängerbremse mitgeführt werden. Die Summe der Achslasten darf nicht mehr als zehn Tonnen betragen. Auch bei abgestelltem Motor wird mit der Betätigung der Feststellbremse des Zugfahrzeugs automatisch die Bremse des Anhängers wirksam. Verfügt der Anhänger über einen Druckspeicher, wird bei ungenügendem Druck im Sichtfeld des Fahrers oder der Fahrerin eine Warnung angezeigt.
Nachrüsten bei Traktoren
Da ab 2026 das Zurückstecken eines Leiters bei einer hydraulischen Anhängerbremse nicht mehr zugelassen ist, kommt die Frage auf, ob man den Traktor auf ein hydraulisches Zweileiter-Bremssystem umrüsten kann. Rein rechtlich ist das möglich, denn Traktoren mit solchen Bremsanschlüssen sind zugelassen und somit legal unterwegs. Auch die technische Machbarkeit ist gegeben, da es solche Systeme auf dem Markt gibt. Zu beachten ist aber, dass ein umgerüsteter Traktor vom Strassenverkehrsamt zugelassen werden muss (gilt auch für Luft-Umrüstungen). Dazu wird es nötig sein, dass eine Konformitätsbewertung für den Nachrüstsatz vorliegt und auch eine Wirkungsprüfung vorhanden ist. Beides wird bei geringen Stückzahlen mit entsprechend hohen Kosten verbunden sein.
Empfehlung für Luft
Die Empfehlung des Schweizerischen Verbands für Landtechnik lautet eindeutig auf Druckluftbremse. Dieses System hat entscheidende Vorteile. So sind die Komponenten tausendfach bewährt, die hohen Stückzahlen führen dazu, dass die Komponenten inklusive der Verschleissteile günstiger sind. Zudem ist ein Druckluftsystem im Zulassungsprozeder (MFK) einfacher und kann am Traktor auch leichter nachgerüstet werden. Bei einem allfälligen Leck gibt es keine Ölverschmutzung und durch eine voreilende Bremsung des Anhängers bleibt der Zug in der Regel gestreckt.