Asiatische Hornisse: Ein neuer Feind der Honigbiene
Fabian Trüb arbeitet als Fachspezialist für Bienengesundheit beim Beratungs- und Kompetenzzentrum Apiservice. Zur Tätigkeit von Apiservice gehören die Ausbildung von Bieneninspektoren, Unterrichten bei der Imkerausbildung und Fachvorträge halten. Fabian Trüb hält selber rund 20 Bienenvölker.
Bereits als Schulkind war Fabian Trüb fasziniert von der Imkerei. In der Primarschule hielt er einen Vortrag über Bienen und nahm deshalb zu einem Bienenexperten Kontakt auf. Der Zufall wollte es, dass sich ein Bienenschwarm infolge eines Gewitters unter einen Baum in der Stadt Zürich verirrte. Der Sechstklässler handelte auf Anfrage des Bienenexperten spontan und quartierte die Bienen bei sich zu Hause ein. Zusammen mit dem Vater wurde eine Holzkiste gezimmert. So hielt der Stadtzürcher schon während der Schulzeit Bienen. Als Zwölf-Jähriger nahm er erstmals an einem Imkerhöck teil.
Herr Trüb, wie kamen Sie zum Bienengesundheitsdienst?
Fabian Trüb: Während meiner Lehrzeit als technischer Modellbauer hielt ich 25 Bienenvölker. Im Jahr 2000 legte ich eine längere imkerliche Pause ein. Ich arbeitete als Techniker beim Schweizer Fernsehen und war viel unterwegs. Schon bei der Aufgabe wusste ich, dass mich die Imkerei nicht definitiv loslassen wird. 16 Jahre später startete ich wieder. Mir ist wichtig, dass ich es richtig mache, wenn ich etwas mache. So absolvierte ich die Ausbildung zum Imker mit eidgenössischem Fachausweis. Als sich mir auf Anfang 2023 die Möglichkeit bot, im Bienengesundheitsdienst eine Stelle anzutreten, packte ich diese Chance. So machte ich mein Hobby zum Beruf.
An der Delegiertenversammlung vom Imkerverband St. Gallen-Appenzell referierten Sie zum Thema «Die Asiatische Hornisse ist da, wie weiter?». Weshalb macht die Asiatische Hornisse den Imkern Sorge?
Trüb: Die Asiatische Hornisse hat sich in den letzten Jahren stark ausgebreitet. Für die Fütterung ihrer Larven jagt sie einheimische Insekten wie Wildbienen und Wespen, aber besonders gern auch Honigbienen. Sie beherrscht den sogenannten Helikopterflug. Bei diesem schwebt sie vor dem Bienenstock und kann die Bienen dort im Flug abfangen und in ihr Nest tragen. Es kommt auch vor, dass 20 bis 30 Hornissen vor dem Flugloch warten. Die Belagerung hat zur Folge, dass die Bienen Angst bekommen und aufhören zu fliegen. Ihr lebensnotwendiger Wintervorrat an Pollen und Nektar fällt weg. Den fehlenden Nektar kann der Imker durch Fütterung von Zucker ersetzen, nicht jedoch den Pollen. So geschwächte Völker werden Mühe haben, den Winter zu überleben und im Frühjahr eine gesunde Volksstärke zu entwickeln. Es ist damit zu rechnen, dass Völker verloren gehen.
Was kann gegen den Eindringling getan werden?
Trüb: Wichtig ist, dass sich die Asiatische Hornisse nicht allzu dicht niederlässt. Zum Schutz der Honigbienen und um die Ausbreitung zu verlangsamen, ist die Suche nach Nestern und deren Vernichtung durch professionelle Schädlingsbekämpfer zentral.
Wie unterscheidet sich die Asiatische Hornisse von einer Europäischen Hornisse?
Trüb: Es gibt ein paar einfache Merkmale, an denen man die heimische von der eingewanderten Art unterscheiden kann. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Körperfärbung: Während bei der Europäischen Hornisse der Kopf rötlich bis schwarz gefärbt ist, hat die Asiatische Hornisse einen schwarzen Kopf mit oranger Stirn. Sie ist auch am dunklen Hinterleib mit feinen gelben Streifen und den gelben Bein-Enden zu erkennen.
Wie sieht ein Nest aus?
Trüb: Das Nest ist riesig und befindet sich meist in Baumwipfeln oft in über zehn Meter Höhe. Die birnenförmigen Nester haben einen Durchmesser von bis zu 60 Zentimetern und eine Höhe bis zu 80 Zentimeter. Ein wichtiges Indiz ist das seitliche Flugloch. Oft werden die Nistplätze erst im Spätherbst gefunden, wenn das Laub von den Bäumen fällt.
Was ist zu tun, wenn jemand ein Nest findet?
Trüb: Auf keinen Fall selber aktiv werden. Es ist zudem verboten und auch gefährlich, die Nester selbstständig herunterzunehmen. Auch wenn ein einzelner Stich einer Asiatischen Hornisse nicht gefährlicher ist als der Stich einer Wespe oder einer Biene, sind sie äusserst schmerzhaft. Nähert man sich ihrem Nest oder macht man sich gar daran zu schaffen, dann greifen sie mit ungewohnter Heftigkeit an. Solche Situationen sind besonders gefährlich. Wichtig ist, dass sowohl die Hornisse als auch das Nest fotografiert oder eine Videoaufnahme gemacht wird. Für die Aufnahmen ist ein Teleobjektiv ideal, Handyaufnahmen genügen aber auch.
Wo kann ich den Fund melden?
Trüb: Damit sich die Asiatische Hornisse weniger ausbreiten kann, ist es wichtig, dass die Bevölkerung mithilft und Beobachtungen meldet. Die Sichtung ist auf der Schweizer Meldeplattform www.asiatische hornisse.ch zu melden. Wenn aufgrund der eingereichten Bilder und Videos feststellbar ist, dass es sich um Asiatische Hornissen handelt, werden Massnahmen vom Kanton angeordnet. Können Nester aufgespürt werden, werden diese von Schädlingsbekämpfern mit entsprechender Ausbildung vernichtet. Im letzten Jahr sind rund 4000 Verdachtsmeldungen eingegangen. Für das laufende Jahr wird mit einer Vervielfachung davon gerechnet.
Welche Schäden sind im Allgemeinen zu erwarten?
Trüb: Wie gesagt, die Asiatische Hornisse ist für die Imkerei ein Problem. Doch die Imker werden wieder einen Weg finden, mit dem neuen Feind zu leben, so wie sie es bei der Varroamilbe schafften. Ohne Anpassung der Betriebsweise an die neuen Gegebenheiten könnte es allerdings schwierig werden. Doch genauso ist die Biodiversität betroffen. Die Asiatische Hornisse frisst sich durch die Insektenwelt, die sonst schon in Gefahr ist. Die Bestäubung von Kulturpflanzen ist durch einen Schwund der Zahl von Insekten gefährdet, und insbesondere in Wein- und Obstbaugebieten ist mit vermehrten Schäden durch Frass an reifen Früchten zu rechnen. In der Ostschweiz ist vor allem in den niedrig gelegenen Gebieten mit einer hohen Nestdichte zu rechnen. Die höher gelegenen Orte werden eher gemieden, weil die Asiatische Hornisse mildere Temperaturen vorzieht.
Zurück zum Imker: Was bedeutet Ihnen die Biene?
Trüb: Die Biene ist ein äusserst faszinierendes Lebewesen. Obwohl die Honigbiene wohl das am besten erforschte Insekt überhaupt ist, stellen sich bei der Arbeit mit den Bienen ständig neue Fragen und wir werden vor neue Herausforderungen gestellt. Die Arbeit mit den Bienen lehrt mich Ehrfurcht, schärft meine Sinne für die Natur und lässt mich jeden Tag von Neuem wundern.