Eulen als Mäusefänger
Meistens gelten Fuchs und Katzen als die natürlichen Mäusejäger. Doch auch Eulen tragen zur Reduktion von Mäusen bei, wenn man ihnen den Lebensraum dafür gibt. So wie es Felix Graf gemacht hat.
Wer den Hof auf dem «Springplatz» oberhalb des st.gallischen Grub besucht, merkt schnell, dass hier ein Vogelfreund zuhause ist, denn vor dem Haus steht ein schönes, geschindeltes Vogelhaus. Doch die Lieblinge von Felix Graf sind Nachtvögel, nämlich Eulen, die sich im benachbarten Wald aufhalten und denen er Nistkästen baut.
Mit Mausen am Anschlag
Ihre Stimmen haben ihn auf die Vögel aufmerksam gemacht. «Am Abend ruft es im Wald», erzählt er. «Ich hatte das Gefühl, dass es Eulen hat», aber er bekam sie kaum vor die Augen, denn Eulen sind nachtaktiv. Auch sind sie durch ihr rindenähnliches Federkleid sehr gut getarnt. Man muss lange und genau an den Bäumen hinaufschauen, um sie zu entdecken. «Wahrscheinlich sind es Waldkäuze», vermutet der Landwirt. Es war nicht nur die Neugier und die Freude an den Vögeln, die ihn dazu brachten, nach den Eulen Ausschau zu halten, sondern auch der Gedanke, dass sie ihm bei der Mäusebekämpfung helfen könnten. Die Mäuse sind seit Jahren eine Plage auf den Wiesen in der Umgebung. Graf’s Schwester Frieda ist geübte Mäusefängerin. Im schlimmsten Mäusejahr hat sie gut 1200 Mäuse gefangen. «Wir kamen mit dem Mausen trotzdem nicht nach.» Auch der Versuch, die Mauspopulation mittels Vergasens der Mausgänge zu reduzieren, führte nicht wirklich weiter. Die Methode schien dem Landwirt aufwändig und ökologisch nicht sehr sinnvoll. «Es braucht natürliche Feinde», ist der Landwirt überzeugt. Fuchs und Hauskatze richteten allerdings zu wenig aus und der Dachs schien sich mehr für Engerlinge zu interessieren als für Mäuse.
Nistkästen für die Waldkäuze
Die Eulen faszinierten Graf und im Winter 2019 begann er, die ersten Nistkästen für Waldkäuze zu bauen und aufzuhängen. Dabei ging er nach der Anleitung der Vogelwarte in Sempach vor. Die Kästen sollen etwa 45 Zentimeter hoch, 35 Zentimeter breit und 45 Zentimeter tief sein. «Je mehr Platz die Tiere darin haben, desto mehr Junge können sie aufziehen», sagt der Eulenfreund. Die Öffnung solle einen Durchmesser von 10 bis 12 Zentimeter haben. Ein wenig Einstreu mit Hobelspänen oder feinem Rindenmulch bieten den Waldkäuzen etwas Komfort im Nest, da sie selbst kein Nistmaterial eintragen. Natürlicherweise bauen Waldkäuze ihre Nester gerne in Spechthöhlen. Bei der Auswahl der Bäume für die Nistkästen achtet der Landwirt darauf, dass es in unmittelbarer Nähe Äste am Baum gibt, damit die Jungvögel am Baum Halt finden und nicht auf den Boden fallen. Die Öffnung der Nester muss frei von Gebüsch sein und darf nicht der prallen Sonne und der Wetterseite ausgesetzt sein.
«Sie sind noch ganz flauschig»
Im ersten Jahr hatte der Landwirt zwar den Eindruck, dass mindestens ein Nistkasten belegt war, aber er konnte die Jungen nicht beobachten. «Dieses Jahr bin ich immer go luege.» Vor zwei Wochen sah der Landwirt ein Junges auf einem Ast unter dem Nest sitzen. Insgesamt konnte er drei Junge einer Brut unweit von seinem Haus zählen. «Sie sind noch ganz flauschig und flattern um die Bäume», beschreibt der Eulenfreund seine Beobachtungen. Dieses Erlebnis habe auch ihn «beflügelt» und ihn dazu ermutigt, weiterhin Nistkästen für die Eulen zu bauen. Da er schon einige Erfahrung mit dem Bau der Nistkästen hat, bietet er an, auch für andere interessierte Landwirte oder Eulenfreunde Nistkästen zu bauen. Der «Eulenkastenschreiner» verwendet dazu gebrauchte Schalbretter, bei denen die Imprägnierung etwas weggewaschen ist. Sie sind nicht glatt und das Holz zerreisst nicht. Graf hat den Eindruck, dass es in der Nähe der Nistkästen schon weniger Mäuse gibt als früher. Gemäss Angaben vom deutschen Naturschutzbund NABU soll eine Eulenfamilie rund 50 Mäuse am Tag verspeisen. Um die Eulen anzulocken, lässt der Landwirt Totholz am Rand des Waldes stehen. Sie bieten den Vögeln nicht nur Behausung, sondern dienen ihnen auch als Aussichtstürme über die Wiesen.
Produktion und Natur im Einklang
Bis vor drei Jahren war Graf ein begeisterter Produzent von Käsereimilch. 25 Jahre hintereinander wurde er vom Braunviehzuchtverband für Milch bester Qualität ausgezeichnet. «Milchproduktion ist sehr anspruchsvoll», sagt er zurückschauend. Nach 38 Jahren musste der Landwirt aus gesundheitlichen Gründen die Milchproduktion aufgeben. Zusammen mit den Nachbarn Bruno und Martin Graf ist er eine ÖLN-Gemeinschaft eingegangen. Die beiden Landwirte übernahmen das Milchvieh, ihm bleiben die Galtkühe, das Jungvieh und die Bewirtschaftung seiner Wiesen. Die frei gewordene Zeit erlaubt es ihm, sich mehr mit der Natur zu beschäftigen. Sein Wunsch ist es, Natur und Landwirtschaft in Einklang zu bringen. «Die extremen Sachen sind immer schlecht», ist seine Devise. Es braucht Respekt vor der Natur, aber auch Achtung vor der Arbeit derer, die Lebensmittel produzieren. Das Melken musste er aufgeben, doch nicht die gute landwirtschaftliche Praxis. «Ich will nach wie vor gutes Futter produzieren.» Die Eulen helfen ihm, seine Arbeit und die Freude an der Natur unter einen Hut zu bringen.
Der Waldkauz Beschreibung und Lebensweise
Der Waldkauz ist eine mittelgrosse Eulenart und zusammen mit der Waldohreule die am häufigsten vorkommende Eulenart in Mitteleuropa. Er hat eine gedrungene Gestalt mit rundem Kopf und einer rindenähnlichen Gefiederfärbung. Der Waldkauz wird bis zu 40 Zentimeter gross und hat eine Flügel-Spannweite von bis zu 100 Zentimeter, er wiegt zwischen 300 und 600 Gramm. Im Gegensatz zur Waldohreule hat der Waldkauz keine Federohren. Er hält sich das ganze Jahr über in der Schweiz auf und benötigt offene Flächen mit Wäldern und Baumgruppen. Seine Nahrung besteht vor allem aus Mäusen und anderen Kleintieren, bei Mäusemangel macht er auch Jagd auf Kleinvögel. Ein Merkmal des Waldkauzes ist der typisch, schauerlich tönende Balzruf des Männchens «hu-hu-hu-huhuuu», der nachts und vor allem im Herbst zu hören ist. Tagsüber döst das nachtaktive «Käuzchen» meist vor seiner Baumhöhle, die es zum Schutz und zur Brut nutzt. Auch Mauerlöcher, Felshöhlen sowie Dachböden dienen ihm als Behausung. Die Waldkäuzin legt einmal im Jahr drei bis sechs Eier und brütet etwa vier Wochen. Die Jungen bleiben etwa fünf Wochen im Nest. Waldkäuze können über 20 Jahre alt werden. mig.
Quelle: Vogelwarte Sempach.