Gemeinsame Leidenschaft für Schafe

Roman Düring ist der Vater, Damian der Sohn. Der Sohn interessiert sich für die Zucht und hat viele Eigenschaften der Mutterschafe im Kopf. Der Vater orientiert sich eher am Papier. Die zwei sind ein eingespieltes Team mit der gleichen Freude an den Schafen. Zum Spiegelschaf sind sie per Zufall gekommen.

Roman und Damian Düring haben einen guten Draht zu ihren Tieren.
Roman und Damian Düring haben einen guten Draht zu ihren Tieren.

Der Hof der Familie Düring liegt auf 666 Metern über Meer etwas ausserhalb und oberhalb des Dorfes Bichwil. Hier, und wechselnd auf anderen Wiesen, weiden insgesamt 60 bis 65 Spiegelschafe. Ein Bock ist bei der Herde mit 26 Auen und den vielen Jungtieren. Ein paar Jungböcke sind der Ruhe wegen auf einer separaten Weide. Seit 2014 bewirtschaftet die Familie den eigenen Hof mit rund vier Hektar Land. «Schafe und Ziegen sind für diese Betriebsgrösse ideal», sagt Roman Düring, der zusätzlich sieben Ziegen hält. Bienen, Kaninchen und verschiedene Obstbäume gehören ebenfalls zum Hof. Vorher hatte er mit der Familie in Bernhardzell einen Pachtbetrieb bewirtschaftet. Mit dem Umzug ergab sich die Gelegenheit, eine Herde Spiegelschafe zu übernehmen. «Damals war es eine gute Gelegenheit und heute bin ich überzeugt von der Rasse», stellt er fest. Die Augen seines Sohnes leuchten.

Wolle am Bauch verschwindet

Wenn es um die Eigenschaften, die Merkmale und die Zuchtziele geht, gibt Damian Düring prompt Antwort. «Das Spiegelschaf hat gute Muttereigenschaften, genug Milch, es kommt häufig zu Mehrlingsgeburten, es ist langlebig, hat gute Klauen, ist berggängig, ist ein mittelgrosses und mittelschweres Schaf und eine mittelmässige Mastrasse», weiss der junge Mann, der nach der Lehre als Landmaschinenmechaniker mitten in der zweijährigen landwirtschaftlichen Lehre steckt. Obwohl auch er überzeugt von den Schafen ist, arbeitet er auch gerne mit Kühen. Für Pläne ist es allerdings zu früh, und so beschreibt er die äusseren Merkmale des Spiegelschafs, das so heisst, weil es auf der Stirn, genannt Spiegel, keine Wolle trägt. «Die Augenringe, die Ohren und die Nase sind braun oder schwarz und werden mit zunehmendem Alter des Schafs immer heller. Gut gezeichnete Tiere haben als Lämmer am ganzen Körper Flecken. Die verschwinden jedoch nach der ersten Schur. Die Wolle ist dann überall weiss. Die Ohren sollten nicht hängen.» Zwischendurch gibt es auch mal schwarz gefleckte Lämmer. Vater und Sohn wechseln sich mit dem Erzählen und Erklären ab und auf der Weide zeigen sie die äusserlichen Besonderheiten, nachdem sie die Schafe mit etwas Zusatzfutter im Eimer herangelockt haben. Nach rund zwei Jahren haben die Schafe am Bauch ebenfalls keine Wolle mehr. Ein weiteres Kriterium, das bei der Punktierung bewertet wird. An Schafschauen nehmen die beiden Züchter, wenn möglich, einmal im Jahr teil und sonst lassen sie ihre Tiere auf dem Hof bewerten. Für den Eintrag beim Spiegelschafzuchtverein (SSZ) ist das wichtig. Der Verkauf von Zuchttieren ist Teil des Einkommens.

Die Augenringe und die fehlende Wolle an der Stirn sind die Merkmale des Spiegelschafs.
Die Augenringe und die fehlende Wolle an der Stirn sind die Merkmale des Spiegelschafs.

Schützenswertes Schaf

Das Spiegelschaf steht bei Pro Specie Rara als schützenswertes Tier auf der Liste. Fast wäre es in der Schweiz verschwunden. Es wird vermutet, dass das Spiegelschaf aus dem Prättigau stammt, der Bündner Herrschaft und den angrenzenden Gebieten. Wie die Organisation schreibt, hätten Wanderherden aus Österreich und Italien im 17. und 18 Jahrhundert zusammen mit lokalen Schlägen wie dem Prättigauer-, dem Luzeiner- und dem Seidenschaf die Schafzucht in dieser Region beeinflusst. Die charakteristische Kopfzeichnung des Spiegelschafs sei vermutlich durch den Einfluss des Kärntner Brillenschafs und des Villnöser Schafs entstanden. Pro Specie Rara entdeckte 1985 die letzten lebenden Spiegelschafe, aus denen wieder ein respektabler Bestand aufgebaut werden konnte. Die Rasse wird heute in der ganzen Schweiz gehalten. Roman und Damian Düring wissen, dass es heute, verteilt über die ganze Schweiz, rund 4500 Tiere gibt. Ausserdem gehören sie zu jenen Züchtern, die die Rasse fördern und bewahren. «Sie werden auch gerne mit anderen Rassen gekreuzt», informieren die beiden Züchter. Die Lämmer erreichen nach einem halben Jahr ein Schlachtgewicht von rund 42 Kilo und leben damit länger als typische Mastschafe. «Das Fleisch ist fettarm, feinfaserig und schmackhaft. Mit Knoblauch gekocht, ist es geschmacklich ausgeglichen», rät Roman Düring. Aus den älteren Schafen gibt es Bauernwürste und Mostbröckli. Vor der Schlachtung bei der Buremetzg Fischbacher AG in Lütisburg nimmt er Bestellungen für Mischpakete an. «Es wird alles verwertet. Ich habe auch die Leber gerne», verrät der Vater. Der grösste Teil wird über die Metzgerei verkauft. Würste und Trockenfleisch, Ziegenmilchprodukte, saisonale Früchte, Gebäck, Honig, Sirupe und Konfitüren verkauft er auf dem Wiler Wochenmarkt und im Selbstbedienungshofladen.

Nach zwei Jahren verlieren die Schafe die Wolle am Bauch.
Nach zwei Jahren verlieren die Schafe die Wolle am Bauch.

Regelmässige Klauenpflege

Für die Zucht nehmen Vater und Sohn die guten Tiere nach oder verkaufen sie an andere Züchter. Die Böcke seien gesucht. Die Spiegelschafe sind genügsame Tiere. Sie sind bis Dezember auf der Weide. Tiere, die dem Wetter ausgesetzt sind, sind robuster. «Die Weidehaltung ist das Ziel, das gibt auch gutes Fleisch. Die Schafe brauchen Wasser und Schatten und zwei- bis dreimal im Jahr pflegen wir die Klauen. Gesunde Klauen sind wichtig», sagt Roman Düring und wenig später sitzen Vater und Sohn je auf einer Harasse, währenddessen je ein Schaf vor ihnen rücklings in einem Pneu sitzt und die «Maniküre» ruhig über sich ergehen lässt. Dreck, der zwischen den Klauen stecken bleibt, kann zu Entzündungen führen. Der muss raus, sonst fängt das Tier an zu hinken, was der Züchter sofort sieht. Gegen die gefürchtete Moderhinke wird bei der Klauenpflege ein Spezialmittel aufgepinselt. Ebenfalls wird regelmässig der Wurmbefall kontrolliert und, wenn nötig, behandelt. Der Tierarzt wird wenig gebraucht. Die Lämmer kommen zwischen September und Mai zur Welt. «Im Sommer ist es für die Mütter zu heiss. Sie geben somit auch weniger Milch. Zum Start ins Leben ist es wichtig, dass die Lämmer die Milch bei der Mutter trinken, um ihr eigenes Immunsystem aufzubauen.»

Zwei- bis dreimal pro Jahr werden die Klauen geschnitten.
Zwei- bis dreimal pro Jahr werden die Klauen geschnitten.

Ziele der Zucht

Der SSZ ist ein bedeutender Partner für die Züchter. Er engagiert sich für die Erhaltung und Weiterzucht dieser Schafe, führt das Herdenbuch, organisiert das Expertenwesen oder Weiterbildungen und führt Leistungsprüfungen durch.

Wie er schreibt, soll das Zuchtziel mittels Reinzucht ohne fremden Bluteinfluss erreicht werden. Das Tier soll Widerstandskraft haben, anpassungsfähig, gesund und frei von Erbfehlern sein. Ein robustes, genügsames und geländegängiges Schaf, das wenig Haltungsprobleme und tiefe Haltungskosten verursacht, ist das Ziel. Erwünscht sind gute Muttereigenschaften und eine Milchproduktion, die für die Aufzucht der eigenen Lämmer genügt. Die gute Mastfähigkeit basiert auf gutem und genügend Raufutter.

Die Schafe warten im Stall, bis sie für die Klauenpflege an die Reihe kommen.
Die Schafe warten im Stall, bis sie für die Klauenpflege an die Reihe kommen.

In Hinblick auf die gute Schutzwirkung gegen Nässe und Kälte wird eine einheitliche Wolle angestrebt. Dürings liefern die Wolle der Sozialfirma Fiwo in Amriswil, die daraus verschiedene Produkte produziert, unter anderem Isolationsmatten. «Das Schaf ist das älteste Haustier und kann vielfach genutzt werden. Das Letzte, was das Tier geben kann, ist das Fleisch», stellt Roman Düring fest.

Mehr als schwarze Schafe

In der Serie «Schafrassen» berichtet der «St. Galler Bauer» in loser Folge über Schafrassen, die im Einzugsgebiet gezüchtet und gehalten werden. In dieser Folge sind Roman und Damian Düring an der Reihe. Sie züchten und halten Spiegelschafe. red.

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