Genügsam und friedlich – die Wasserbüffel
Wasserbüffel kommen ursprünglich aus Asien. Doch auch die klimatischen Bedingungen der Schweiz sagen ihnen zu. Zudem weisen Milch wie Fleisch zahlreiche Vorzüge aus.
Das Dörfchen Rieden hinter sich gelassen, immer bergwärts haltend, erstreckt sich eine Welt, die unten im Tal verborgen ist. Längst hat sich der Verkehr gelichtet. Nur hin und wieder fahren Autos vorbei. In den meisten befinden sich Wanderer, welche die Bergwelt erkunden möchten. Was diese nicht ahnen: Sie werden beobachtet. Die Körper mit Erde verschmiert, liegen Wasserbüffel gut getarnt und reglos in ihren Suhlen. Ihr Geruch, eine Note intensiver als bei herkömmlichen Rindern, verrät sie. Auch sind leise Atemgeräusche auszumachen. Ein Büffel hebt majestätisch den Kopf. Die kräftigen, geschwungenen Hörner werden sichtbar.
Ursprünglich aus Asien
Wasserbüffel haben ihren Ursprung in Asien, wo sie vor über 5000 Jahren domestiziert wurden. Gemäss swissherdbook.ch sind mittlerweile über 70 verschiedene Hausbüffelrassen bekannt. Diese werden in zwei Gruppen unterteilt: Tiere für die Arbeit und Tiere für die Fleisch- und Milchproduktion. Die am weitesten verbreitete und bekannteste Art ist der Asiatische Büffel. Sie sind in ihrer ursprünglichen Heimat bis heute vor allem als Arbeitstiere für die Reiskultur anzutreffen. In Europa gelten Italien und Rumänien zu den Ländern mit den grössten Wasserbüffelanteilen. Seit 1996 sind sie auch in der Schweiz heimisch, und zwar durch Importe aus Rumänien. Die Wasserbüffel in Rieden halten Astrid und Franz Steiner im Aufzuchtvertrag. Ihr Besitzer ist Jan Künzle aus Schwarzenbach. Als seine Anfrage kam, ob sie gewillt seien, Wasserbüffel zu übernehmen, war das Paar schon etwas skeptisch. Das jedenfalls gibt Franz Steiner freimütig zu. «Wir recherchierten erst, bis wir uns entschieden, das Abenteuer zu wagen.» Zehn Jahre ist das nun her. Seither gehören die Wasserbüffel gar als fixer Bestandteil an die Riedner Viehschau. Auch ganz zur Freude der nichtbäuerlichen Besucher. Mit der Zusage der Steiners muss dem Besitzer ein Stein vom Herz gefallen sein. Dieser soll nämlich dem Alphabet nach zahlreiche Aufzuchtbetriebe kontaktiert haben, um seine Schützlinge unterzubringen. Das S von Steiner kommt bekanntlich erst an 19. Stelle.
Suhle ersetzt Schwitzen
Obwohl Wasserbüffel zur Familie der Rinder zählen, differenzieren sie sich von diesen. In ihrer Abstammungsgeschichte haben sie sich schon früh von den Rindern und Büffeln getrennt. Ein gegenseitiges Einkreuzen ist somit nicht möglich. Die Familie Steiner konnte schon lustige Szenen beobachten. Sie erinnern sich daran, als ein brünstiges Holsteinrind den Wasserbüffel-Muni umgarnte und ihm unmissverständlich zu verstehen gab, was Sache ist. Der Muni hingegen schenkte ihm nicht einmal einen Funken Aufmerksamkeit. Das hat durchaus Vorteile. So auch auf der Alp, wo Steiners Wasserbüffelrinder den Sommer verbringen.
Eine weitere spezielle Eigenschaft der Tiere ist die Tatsache, dass ihnen das Schwitzen verwehrt ist. Daher die Suhlen. An seichten Stellen graben die Wasserbüffel mit ihren kräftigen Hörnern eine solche und legen sich anschliessend hinein, um ihre Körper abzukühlen. Franz Steiner betont, dass es deshalb verboten ist, Wasserbüffel zu enthornen. In all den Jahren beobachtete er unzählige Male die Tiere beim Suhlen. Noch nie aber erhaschte er einen Moment, in dem sie die Suhlen gruben. Er vermutet, dass das sehr schnell geht.
Höchste Qualität
Seit 1996 die ersten Wasserbüffel in die Schweiz kamen, ist die Zahl an Tieren und Betrieben, die solche halten, laufend gestiegen. Doch bis heute gelten sie als Nische. Dies, obwohl der Milch und dem Fleisch von Wasserbüffeln höchste Qualitätsmerkmale attestiert werden. Die Tiere sind robust und krankheitsresistent und fähig, ihre Nahrung effizient zu verstoffwechseln. Das führt dazu, dass das Fleisch als fett- und cholesterinarm gilt und über ein gutes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren verfügt. Auch weist es einen überproportional hohen Eisen- und Eiweissgehalt aus. Womit nur ein kleiner Teil aller Vorteile von Wasserbüffelfleisch beschrieben ist. Astrid Steiner bedenkt, dass es wegen der dicken Schädel eine spezielle Schlachttechnik benötigt. In Degersheim befinde sich aber eine Büffelmetzgerei.
Auch bei der Milch punkten Wasserbüffel mit einem geringen Cholesteringehalt. Zudem gilt diese als Alternative für Menschen mit Kuhmilchallergien und Laktoseintoleranzen. Mit knapp acht Gramm Fett pro Liter ist die Büffelmilch mehr als doppelt so gehaltvoll wie Kuhmilch. Was gleichzeitig auch ein Mehr an gesunden essenziellen Fettsäuren sowie mehr Calcium, Biotin und Vitamin C bedeutet. Der Klassiker in der verarbeiteten Milch ist der Büffelmozzarella. Sein Geschmack wird leicht nussig, durchaus auch an Lavendel erinnernd und wunderbar cremig beschrieben.
Äusserst genügsam
Die Wasserbüffel, die zurzeit in Rieden weiden, sind von der Nahrungskette noch weit entfernt. Sie wechselten im Frühsommer das Domizil, als die bei Astrid und Franz Steiner unter Vertrag stehenden Aufzucht-Wasserbüffel-Rinder auf die Alp zogen. Der Züchter sah, dass die Weide wetterbedingt bei Weitem noch nicht sauber gefressen war und brachte kurzerhand zehn männliche Büffel vorbei. Diese futtern sich nun systematisch durch die Kräuter und Gräser.
Franz Steiner versichert: «Steht ein Weidewechsel an, beginnt jeweils das Abenteuer.» Wasserbüffel können nämlich äusserst stur sein. Er erinnert sich an Tage, wo das Unterfangen abgebrochen und zu einem späteren Zeitpunkt erneut in Angriff genommen werden musste. Wasserbüffel lassen sich nicht vorantreiben. Eine Eigenschaft, die auch bei der Auffuhr der Viehschau jeweils für Spannung sorgt. Je nach Gutdünken der Herde wird gejoggt oder eben in stoischem Gleichmut ins Dorf hinuntergetrottet. Astrid Steiner fasst zusammen: «Wänns nöd wännd, dänn wännds nöd.»
Wer diesen Makel annimmt, gewinnt im Gegenzug äusserst genügsame und friedliche Tiere, die durchaus auch zutraulich sein können und mit ihrem exotischen Aussehen unsere Alpenwelt bereichern.
Vielfalt der Kuhrassen
In der Serie «Kuhrassen» berichtet der «St. Galler Bauer» in loser Folge über Kuhrassen, die im Einzugsgebiet gezüchtet und gehalten werden. In dieser Folge sind die Wasserbüfel an der Reihe. Sie hält und züchtet Franz Steiner aus Rieden. red.