Honig 2024: Kälte und Kristallisation mindern Ertrag

Die Gesamthonigernte in der Schweiz liegt mit rund 16 Kilo pro Bienenvolk unter dem langjährigen Durchschnitt. Dies geht aus der neusten Umfrage von Apisuisse hervor. Sowohl der Frühling als auch der Sommer stellte die Imker- schaft vor Herausforderungen.

Ein milder März und eine sommerliche erste Aprilhälfte weckten bei den Schweizer und Liechtensteiner Imkerinnen und Imkern Hoffnung auf eine reiche Honigernte. Die warmen Temperaturen liessen die Vegetation förmlich explodieren: Obst-, Löwenzahn- und Rapsblüten boten den Bienen anfänglich eine reiche Nektarquelle. Doch ein Wintereinbruch in der zweiten Aprilhälfte verhinderte weitere Sammelflüge: Die Bienen blieben in ihrem Stock und zehrten von ihren Vorräten. Auch der Mai war trüb, was den Bienenflug weiter einschränkte.

Das widerspiegelt sich auch in der Ernte des Frühjahreshonigs: Im Schnitt wurde in der Schweiz und in Liechtenstein nur 5,1 Kilo Frühlingshonig pro Bienenvolk geerntet (Vorjahr 5,9 kg). Zum Vergleich: Im guten Honigjahr 2020 konnten die Imkerinnen und Imker rund 11,2 Kilo Frühlingshonig ernten. Der langjährige Durchschnitt liegt bei 7,4 Kilo.

Schweizer Honig ist ein kostbares Erzeugnis. Bilder: Bienen Schweiz
Schweizer Honig ist ein kostbares Erzeugnis. Bilder: Bienen Schweiz

Volle Waben, leere Kessel

Auch der Juni war regional nass und wechselhaft. Trotzdem füllten die Bienen die Waben rasch mit Honig. Teilweise gab es eine Zunahme von drei bis vier Kilo pro Tag. Doch dieser kristallisierte rasch in den Waben und konnte nicht geschleudert werden. Neben Nektar sammeln Bienen auch Honigtau, zuckerhaltige Ausscheidungen von Pflanzenläusen. Je nach Pflanze und Lausart variiert die Zuckerzusammensetzung im Honigtau. Enthält er den Dreifachzucker Melezitose, wie bei Läusen der Rottanne und Lärche, kristallisiert der Honig innert weniger Tage, mit der Folge, dass der Honig in der Regel bereits vor seiner Reife kristallisiert und nur mit viel Aufwand geerntet werden kann. Warum es dieses Jahr vermehrt zu Melezitosehonig kam, weiss man nicht. Das Phänomen trat in mehreren europäischen Ländern überdurchschnittlich auf, wahrscheinlich weil das Entwicklungsstadium der Läusepopulation und das der Wirtspflanzen dieses Jahr optimal zusammenpassten.

Dennoch ernteten Imkerinnen und Imker in der Schweiz im Schnitt elf Kilo Sommerhonig, was fast der Erntemenge des Vorjahres entspricht (11,2 kg). Der langjährige Durchschnitt im Sommer liegt bei 12,5 Kilo.

Regionale Unterschiede

Die Gesamthonigernte in der Schweiz beträgt 16,1 Kilo, ein Kilo weniger als im Vorjahr (17,1 kg). Der langjährige Durchschnitt liegt bei rund 20 Kilo pro Bienenvolk und Jahr. Wieder zeigen sich regionale Unterschiede: Die Kantone Zürich, Appenzell Innerrhoden, Thurgau, Graubünden und Obwalden verzeichneten mit über 20 Kilo pro Volk die höchsten Gesamthonigmengen. Am wenigsten Honig wurde im Fürstentum Liechtenstein, in Neuenburg und in Schwyz geerntet. Das Tessin verzeichnet ebenfalls eine ungewöhnlich niedrige Gesamthonigmenge von 11,7 Kilo. Seit dem Jahr 2014 lag der Durchschnitt dort bei jeweils über 20 Kilo pro Bienenvolk, teils sogar bei über 30 Kilo.

An der Umfrage von Apisuisse haben 738 Schweizer und Liechtensteiner Imkerinnen und Imker mit 1101 Bienenständen teilgenommen.

Für die Erzeugung von ein Kilo Honig sind 100000 Sammelflüge notwendig.

Wie Honig entsteht

Der von Honigtau gewonnene Honig wird als Waldhonig bezeichnet.

Für ihre Sammelflüge benötigen Honigbienen warme Temperaturen ab etwa zwölf Grad und trockenes Wetter. Für ein Kilo Honig müssen die Bienen rund 100 000 Ausflüge machen. Sammelbienen saugen den Nektar oder Honigtau über ihren Rüssel auf und transportieren ihn in ihrer Honigblase in den Stock. Dort wird der zuckerhaltige Saft an die Stockbienen weitergegeben. Diese geben bieneneigene Stoffe (Enzyme) hinzu und reduzieren den Wassergehalt.

Die durch die Bienen hinzugefügten Enzyme bewirken eine Veränderung des Zuckerspektrums und die Entstehung von Inhibinen. Diese hemmen das Wachstum von Hefen oder Bakterien. Die Reduzierung des Wassergehalts erfolgt in zwei Schritten: Zuerst wird ein Tropfen Nektar über den Rüssel mehrfach herausgelassen und wieder eingesaugt. Ab einem Wassergehalt von rund 50 Prozent wird der Nektar über dem Brutnest auf den Wabenzellen ausgebreitet. Durch kräftiges Fächeln mit den Flügeln und die dort herrschende Temperatur wird Wasser verdunstet, bis der Honig einen Wassergehalt von etwa 16 bis 18,5 Prozent erreicht. Nun werden die Lagerzellen (Honigwaben) des Honigs mit einer luftundurchlässigen Wachsschicht überzogen.

Wieso Bienen Honig sammeln

Bienen ernähren sich einerseits von Pollen (Eiweiss), anderseits von Honig (Kohlenhydrate). Beides sammeln sie mehrheitlich von Blühpflanzen. Weil es nicht das ganze Jahr über blüht und weil die Bienen im Winter nicht ausfliegen können, sammeln sie einen Vorrat an. Wenn es ein grosses Trachtangebot gibt, füllen die Bienen die letzte vorhandene Zelle mit Honig. Die Imkerschaft nutzt dieses Vorgehen, indem den Bienen in Trachtzeiten Honigwaben zugegeben werden, die diese zusätzlich füllen können. Diese Honigwaben werden dann entnommen und geerntet.

Nektar und Honigtau ins Volk

Die Imkerschaft spricht von Honigtracht, wenn die Bienen über eine gewisse Anzahl Tage erhebliche Mengen von Nektar oder Honigtau ins Volk bringen. Herrschen Trachtverhältnisse, so nimmt das Gewicht eines Bienenvolkes ohne Weiteres zwei, drei Kilo, manchmal auch massiv mehr, pro Tag zu. Damit es zur Honigtracht kommt, müssen verschiedene Faktoren zusammenspielen:

– Volksstärke: Bienenvölker müssen stark und gesund sein, damit ihre Bienen auf einen Sammelflug gehen können.

– Temperatur: Bienen fliegen im Regelfall erst ab etwa zwölf Grad Celsius aus.

– Witterung: Regen und Wind behindern die Bienen am Ausflug.

– Blütezeit: Diese dauert je nach Pflanze nur wenige Tage oder Wochen. Wenn zu diesem Zeitpunkt das Wetter nicht stimmt oder die Völker noch zu wenig entwickelt sind, gibt es keine Honigtracht. Weil die Blütezeit derselben Trachtpflanzen nach Regionen und Höhenlagen verschieden sind, gibt es grosse lokale Unterschiede bei der Honigtracht.

Im Lichte dieser Faktoren ist eine Voraussage, ob es viel Honig gibt oder nicht, praktisch nicht möglich. Es gibt auch Jahre, in denen gar kein Honig geerntet werden kann und die Bienen ohne Zufuhr von Futter durch die Imkerschaft verhungern würden.

Durchschnittliche Frühlings-, Sommer- und Gesamthonigernte 2024 nach Kantonen, und die geografische Verteilung.

Arten von Honig

Bienenhonig entsteht aus dem gesammelten Nektar (Blütenhonig) oder Honigtau (Waldhonig) und besteht hauptsächlich aus Trauben- und Fruchtzucker. Neben diesen und weiteren Zuckerarten enthält Honig 15 bis 18,5 Prozent Wasser sowie Enzyme, Vitamine, Aminosäuren, Pollen, Aroma- und Mineralstoffe. Dank dieser Zusammensetzung ist Honig gesünder als Haushaltszucker.

Schweizer Sortenhonige finden sich selten auf dem Markt. Einzig im Tessin hat Akazien- und Kastanienhonig eine lange Tradition. Viel häufiger werden bei uns Mischhonige angeboten. Der Honig wird aber nicht von Imkerinnen und Imkern gemischt, sondern widerspiegelt die vielfältige Flora im Fluggebiet der Sammelbienen. Wenn auch reine Sortenhonige selten sind, so herrscht doch bei den meisten Schweizer Honigen eine bestimmte Trachtpflanze vor, die dann mehr oder weniger den Geschmack und die Konsistenz des Honigs bestimmt.

Honig behält seine lange Haltbarkeit nur, wenn er auch korrekt gelagert wird. Er sollte an einem kühlen, trockenen und dunkeln Ort stehen. Jeder Honig kristallisiert früher oder später. Fest gewordener, auskristallisierter Honig kann durch Erwärmen wieder verflüssigt werden. Dies sollte aber nur im Wasserbad bei Temperaturen von maximal 40 Grad Celsius erfolgen. Ein zu starkes Erhitzen des Honigs zerstört wichtige Inhaltsstoffe (Enzyme). Im Schnitt isst jede Schweizerin und jeder Schweizer 1,3 Kilo Honig pro Jahr. Schweizer Imkereien decken rund einen Drittel dieses Verbrauchs.

Goldsiegel verpflichtet

Die Schweizer Imkerinnen und Imker sind daran interessiert, die Qualität des Schweizer Honigs hochzuhalten und eine gesunde und möglichst rückstandsfreie Produktion zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, sind in jeder Sektion ausgebildete Imkerberaterinnen und -berater aktiv, welche die neusten Vorschriften und Techniken weitergeben. Einen wichtigen Stellenwert nimmt das goldene Qualitätssiegel des Dachverbands der schweizerischen Bienenzüchtervereine Apisuisse ein. Die Regeln, um das goldene Honig-Qualitätssiegel verwenden zu dürfen, sind streng. Solche Imkerinnen und Imker verpflichten sich zu mehr qualitätsrelevanten Leistungen zugunsten der Kunden und auch der Bienen.

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