Keine Viruszirkulation während der Alpzeit

Diesen Winter kam es zu einem leichten Anstieg an Fällen der Rinderseuche Bovine Virusdiarrhoe (BVD) in den Appenzeller Kantonen. Deshalb wurden Verdachtsabklärungen in Auftrag gegeben. Bei den meisten Fällen konnte Entwarnung gegeben werden. Eine Viruszirkulation während der letzten Sömmerung wird ausgeschlossen.

Ein lückenloser Tierverkehr ist wichtig in der Bekämpfung der BVD. Bild: meg.
Ein lückenloser Tierverkehr ist wichtig in der Bekämpfung der BVD. Bild: meg.

Die Bovine Viursdiarrhoe (BVD) ist eine auszurottende Tierseuche. Sie wird seit 2008 bekämpft. Zur Überwachung des BVD-Ausrottungsprogramms werden seit 2012 alle milchliefernden Betriebe zweimal pro Jahr mittels sogenannter Tankmilchuntersuchung auf die Rinderseuche untersucht. Betriebe mit einem erhöhten Laborwert werden näher abgeklärt. Dazu wird in der Regel einer Gruppe von jungen Rindern und Kühen Blut abgenommen und auf Abwehrstoffe (nachfolgend Antikörper) untersucht. Zeigt auch diese Untersuchung erhöhte Werte, folgt in den meisten Fällen eine Bestandesuntersuchung. Nicht milchliefernde Betriebe werden direkt einmal pro Jahr mittels Rindergruppe überwacht.

Aufwendige Untersuchungen

Je nach Struktur und Tierverkehr eines Betriebes sind im Verdachtsfall kleinere beziehungsweise umfangreichere Abklärungen und Untersuchungen erforderlich: Das Veterinäramt untersucht alle seuchenverdächtigen Tiere der Rindergattung auf das BVD-Virus sowie auf mögliche Antikörper. Es prüft, woher das Virus herstammen könnte und wohin es möglicherweise verschleppt wurde. Hierzu arbeitet es eng mit den anderen kantonalen Veterinärdiensten und dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zusammen.

Virusausscheider, die wiederholt positiv auf das BVD-Virus untersucht wurden, müssen getötet oder geschlachtet werden. Trächtige Tiere, die sich mit dem Virus angesteckt haben könnten, werden auf dem Betrieb bis zur Geburt gesperrt (sogenannte Verbringungssperre). Damit soll verhindert werden, dass es in einem BVD-freien Betrieb unbemerkt zu einer Geburt eines PI-Tieres kommt. Betriebe, die nicht frei von BVD sind, dürfen ihre Tiere nicht auf Viehmärkten und Viehausstellungen aufführen.

Mängel im Tierverkehr

Leider kann der Eintrag von BVD in einen Bestand nur selten direkt und konkret nachgewiesen werden. Oftmals bleibt diese Frage trotz intensiven Abklärungen ungeklärt, was nicht nur für die Tierhaltenden unbefriedigend ist. Das Veterinäramt stellt in diesem Zusammenhang häufig fest, dass die Daten in der Tierverkehrsdatenbank TVD lückenhaft und nicht der Wahrheit entsprechend geführt werden. So werden in Zusammenhang mit der Sömmerung immer noch oft administrative Meldungen getätigt, die mit der eigentlichen Tierbewegung nichts zu tun haben. Geburten von lebensschwachen Kälbern sind häufig nicht registriert. Nicht selten werden verschollene Tiere in den Daten angetroffen, deren Verbleib oder Abgang ungeklärt ist. Bei grösseren Alpen ist das Problem, dass die Tiere in der Regel nach Alprecht auf der Datenbank gemeldet werden, die Kühe und Rinder jedoch ungehindert miteinander weiden. Derartige gemeinsame Nutzungen von Weiden sind auf der TVD nicht abgebildet und bleiben bei den Abfragen des Veterinäramts daher unentdeckt. Hinweise von Alpmeistern werden darum gerne entgegengenommen.

Auch im Hinblick auf Fruchtbarkeits- und Trächtigkeitsstörungen scheint das Seuchenbewusstsein der Tierhaltenden nicht immer hoch zu sein. Oftmals werden Aborte und Totgeburten nicht unmittelbar dem Tierarzt oder der Tierärztin gemeldet und können so auch nicht untersucht werden. Gerade BVD führt aber oft zu Fruchtbarkeitsstörungen und Aborten oder Totgeburten. Tierhaltende müssen dem Tierarzt oder der Tierärztin jeden Abort von Tieren der Rindergattung melden, die drei Monate oder mehr trächtig waren.

Andere Tiere im Spiel?

Das BVD-Virus kann selten von Rindern auf Schafe und Ziegen sowie möglicherweise auf Wildwiederkäuer übertragen werden. Die Existenz von BVD-Ausscheidern ist vor allem bei Schafen, aber auch bei Ziegen beschrieben. Diese Tatsache spielt im Ausrottungsprogramm jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Sie ist aber ein Störfaktor in der Überwachung dieser Tierseuche. Eine Ansteckung durch den Hirsch wird ausgeschlossen. Auch wenn sich das Rotwild grundsätzlich mit dem Virus anstecken kann, hat eine im Jahr 2010 in der Schweiz durchgeführte Studie gezeigt, dass diese Wildtiere kein Reservoir für das Virus darstellen.

Gute Hygienepraxis einführen

Das BVD-Virus wird nicht nur von Rind zu Rind übertragen. Es mehren sich die Hinweise, dass eine Übertragung auch durch Personen, Gegenstände und Transportmittel möglich ist. Deshalb ist eine gute Hygienepraxis, wie sie bei den Schweinen und beim Geflügel schon seit längerer Zeit gelebt wird, auch im Rindviehstall mit Vorteil einzurichten. Zentral dabei ist, dass Hände regelmässig gewaschen, Arbeitskleider und -stiefel, aber auch Arbeitsutensilien regelmässig gereinigt und wo nötig desinfiziert werden. Weitere Informationen hierzu unter www.gesunde-nutztiere.ch.

Umfangreiche Abklärungen

Aufgrund von Tierseuchenfällen in Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden hat das Veterinäramt beider Appenzell diesen Winter umfangreiche Abklärungen veranlasst. Um das Ausmass eines möglichen BVD-Eintrages frühzeitig feststellen und gleichzeitig eindämmen zu können, wurden im Auftrag des Amts insgesamt 601 Tiere in 105 Betrieben untersucht. Die grosse Anzahl an Kontakttieren kommt vor allem dadurch zustande, weil mehrere Gemeinschaftsalpen betroffen waren. Zudem wurden fragliche nicht untersuchte Aborte und Totgeburten als mutmassliche Seuchenfälle betrachtet, um auf der sicheren Seite der Abklärungen zu stehen. Von den 601 untersuchten Tieren wurden bisher 554 Tiere (92%) negativ auf das BVD-Virus untersucht. Der Rest ist noch ausstehend. PI-Tiere wurden keine ausserhalb der bekannten Seuchenbetriebe gefunden. Der sehr tiefe Anteil an antikörperpositiven Tieren (1,8%) zeigt, dass eine Viruszirkulation im grossen Stil während der letzten Sömmerungsperiode mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Verdächtige Tiere melden

Das BVD-Ausrottungsprogramm ist weit fortgeschritten, allerdings noch immer nicht abgeschlossen. Wie sich aus diesem Artikel ergibt, kommt es weiterhin regelmässig zu Verdachts- und Seuchenfällen. Durch ein umsichtiges und frühzeitiges Handeln aller Beteiligten lässt sich eine Seuchenverbreitung in den allermeisten Fällen rasch eindämmen. Voraussetzung ist, dass sich die Betroffenen an die geltenden seuchenpolizeilichen Massnahmen halten, auch wenn diese nicht immer einfach emotional zu tragen sind und mit wirtschaftlichen Einbussen einhergehen, die durch die kantonalen Tierseuchenkassen nicht abgegolten werden.

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