Mit Bambikit auf Rehkitzsuche

Dank Emanuel Kipfer geraten weniger Rehkitze in die Mähwerke. Mit der Kombination von Wärmebild- und Drohnentechnologie machte er sich bei Jagdvereinen und der Landwirtschaft in kurzer Zeit als Techpionier einen Namen.

Die Rehkitzrettung in der Schweiz mit Drohnen und Wärmebildkameras bewährt sich: Von Jahr zu Jahr werden noch mehr Hektaren Land abgeflogen und noch mehr Rehkitze gerettet. «Letztes Jahr wurden über 3000 Rehkitze gerettet», erklärt Emanuel Kipfer. Der ehemalige Motorradmechaniker ist einer der Pioniere, die vor ein paar Jahren begonnen haben, Rehkitze auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen mithilfe von Drohnen zu orten.

Tüfteln, bis es zusammenpasst

Die Leidenschaft für Drohnen hat Emanuel Kipfer vor rund 13 Jahren gepackt und er hat sich in der Folge alles rund um Drohnen selbst beigebracht. «Irgendwann habe ich mir das Ziel gesetzt, dass ich mich mit meinem eigenen Drohnengeschäft selbstständig machen will», erzählt er. In der Folge sei er dann auf die von der Berner Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften entwickelte Rehkitzrettungsmethode gestossen. «Ich habe Geld für eine Wärmebildkamera gesammelt und habe begonnen, als Drohnenpilot Rehkitze zu retten», schildert der Jungunternehmer und ergänzt: «Ich war bestrebt, mitzuhelfen, diese Art der Rehkitzrettung flächendeckend einzuführen.»

: Im hohen Gras gut versteckt – dank Drohne trotzdem gefunden. Bild: Fritz Reber

Schweizweit seien es zu Beginn nur rund sechs Drohnenpiloten gewesen und die Kombination von Drohne und Wärmebildkamera habe noch viel Bastelei beinhaltet, erzählt Emanuel Kipfer. «Es brauchte ein simpleres System und eine einfachere Bedienung, damit das Projekt nachhaltig und verbreitet funktionieren würde», ergänzt er. Mit diesem Ziel habe er sich dann 2019 auch selbstständig gemacht und das erste Bambikit-System entworfen.

Herausforderungen und Chancen

«Ich bin ein Tüftler und habe mir vieles rund um den Drohnenaufbau autodidaktisch beigebracht – so war mein System am Anfang auch simpel», erklärt Emanuel Kipfer. Dank der Hilfe eines Elektronikingenieurs konnte er schliesslich die Hardware verbessern. «Während der Entwicklung bin ich immer wieder an Menschen gelangt, von denen ich viel lernen konnte», sagt Emanuel Kipfer. Auch bei den Wärmebildkameras habe er so lange mit der Software und den Einstellungen experimentiert, bis sie für den spezifischen Einsatzbereich passten. Beim Fliegen und Interpretieren des Bildes sei schlussendlich aber auch die Erfahrung der Pilotin oder des Piloten ausschlaggebend.

Im ersten Jahr der Selbstständigkeit habe er 14 Sets verkaufen können. «Dann kam die Pandemie mit den Lieferengpässen und ich habe monatelang auf Wärmebildkameras gewartet, die dann erst im Frühjahr kamen und schnellstmöglich und rechtzeitig bis zum Saisonstart verbaut werden mussten», erzählt Emanuel Kipfer. Diese Lieferfristen seien in den letzten drei Jahren unberechenbar geblieben, meint der Jungunternehmer weiter: «Eine riesige Herausforderung, die viel Energie kostet.»

Auf der Überholspur

Derweil ist die Konkurrenz auf dem Drohnenmarkt auch grösser geworden: Mittlerweile gibt es Drohnen mit integrierter Wärmebildkamera. Den schnellen Wandel habe er etwas unterschätzt, meint Emanuel Kipfer: «Mir war immer bewusst, dass beispielsweise die Drohnenherstellerin DJI, die weltweit einen Marktanteil von rund 80 Prozent hat, irgendwann ein entsprechendes Modell auf den Markt bringen würde – aber dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht.» Während 2019 sein System mit der auf der Drohne aufgebauten Wärmebildkamera in der Schweiz noch weit und breit das einzige gewesen sei, seien seither sicher fünf verschiedene Drohnenmodelle mit integrierter Kamera auf dem Markt aufgetaucht.

«Ich konnte mit DJI aber eine Vertriebspartnerschaft eingehen und konzentriere mich mittlerweile auf das Bambikit als mein Kernprodukt – das komplette Koffersystem, in dem Drohne, Bildschirm, Akkuladegeräte, Receiver und alles weitere benötigte Material integriert ist», sagt Emanuel Kipfer. Daneben arbeitet der Drohnentüftler daran, mit seinem Kit in der Inspektionsbranche oder bei der Feuerwehr Fuss zu fassen. Für die Zukunft kann er sich vorstellen, sein Angebot mit anderen Dienstleistungen zu erweitern – allenfalls auch in der Landwirtschaft.

Bauern und Jäger an Bord

Die Hälfte seiner Kunden seien Jägerinnen und Jäger sowie Jagdvereine und die andere Hälfte seien Privatpersonen, die in den meisten Fällen auch mit der örtlichen Jägerschaft zusammenarbeiteten. «Einer meiner Kunden ist Lohnmäher und fliegt die von ihm zu mähenden Wiesen am Morgen also auch gleich selbst ab», erzählt Emanuel Kipfer. Je mehr Systeme im Einsatz seien, desto besser und effizienter – so habe zu Beginn des Projekts die Zahl von 500 Pilotinnen und Piloten im Raum gestanden. «Nun sind wir so viele und es zeigt sich, dass dies noch lange nicht ausreicht», erklärt er weiter.

Er fliege nach wie vor selbst und betreue zusammen mit einem anderen Piloten rund 70 verschiedene Landwirte. «Während der Heusaison müssen wir rund zwei Monate lang flexibel sein – je nach Wetter sind wir jeden Tag unterwegs und schaffen trotzdem nicht jede einzelne Fläche», sagt Emanuel Kipfer. Es brauche eine gute Vorarbeit des Hegekreischefs und eine gute Planung, um bei Heuwetter kurzfristig alle nötigen Wiesen abzufliegen. Die Zusammenarbeit mit den Landwirtinnen und Landwirten funktioniere generell aber gut – auch dank des Hegekreischefs. «Er pflegt den Kontakt mit den Landwirtinnen und Landwirten, damit sich diese dann auch melden, wenn es an die Ernte geht», so Emanuel Kipfer und ergänzt: «Es ist schön, die Technik mit Natur und Tierschutz zu verbinden und die Drohnen sinnvoll einzusetzen.»

Drohnentüftler Emanuel Kipfer.
Drohnentüftler Emanuel Kipfer.

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