Alptagebuch #5: Tierischer Nachwuchs auf der Alp
Auf der Alp Ramin gab es Nachwuchs. Es waren nicht immer einfache Geburten. Ausserdem wurden die Tiere vor dem Ende des Alpsommers noch auf die letzte Weide getrieben.
Wenn die Kühe auf der Matt in einer bestimmten Weide sind, riecht die Milch danach nach Schnittlauch. Weil auf dieser Weide sehr viel Schnittlauch wächst. Auch aus ihrem Mund riecht es dann verdächtigt. Mich nimmt es dann wunder, ob der Geschmack des Schnittlauchs auch im Käse zum Tragen kommt. Dann haben wir Kräuterkäse ohne Kräuterzusatz produziert.
Anfang August gab es zum ersten Mal Nachwuchs auf Ramin. Die erste Kuh hat gekalbt. Die Geburt verlief ohne Komplikationen. Auch die nächste Kuh, die kalbte, machte dies ohne Probleme. Am Vormittag haben wir sie noch von der Rinderweide geholt, weil sie ihr Kalbedatum bereits erreicht hatte. Wir haben jedoch nicht gedacht, dass sie bereits am selben Tag noch kalbt. Die Geburt verlief unbemerkt. Erst als Stefan und Verena auf dem Weg zum Küheholen waren, haben sie das Kalb entdeckt. Bei der nächsten Geburt waren wir bereits wieder im Mittelstafel. Ein Rind soll kalben. Das Rind hatte einen Überwurf. Das heisst, dass sich die Gebärmutter samt Kalb um 360 Grad gedreht hat. Dadurch hat es den Geburtsgang verschlossen. Die Tierärztin versuchte zuerst, das Kalb in der Kuh zu drehen. Dies wehrte sich jedoch vehement gegen das Unternehmen.
So wurde entschieden, die Kuh zu drehen. Dazu wird die Kuh mit Stricken zum Liegen animiert, ein Brett kommt auf den Bauch, jemand kniet auf das Brett und die Kuh wird unter dem Brett gedreht. Nachdem die Gebärmutter wieder in der richtigen Stellung war, hiess es warten. Doch das Kalb wollte und wollte nicht raus. Nach dem Abtasten stellten wir fest, dass sich der Muttermund nicht mehr weiter geöffnet hatte. Er war zu eng für das Kalb. Nochmals wurde der Tierarzt informiert. Mithilfe von Medikamenten erblickte das Kalb nachts um 0.30 Uhr dann doch noch gesund und munter die Welt. Kuh und Kalb haben sich von den Strapazen erholt.
Einige Tage später bemerkten wir, dass eine Galtkuh Milchfluss hat. Sie war jedoch erst im achten Monat tragend. Es war uns bewusst, dass sie einen Abort machen wird. Auch hier verlief die Geburt anders als geplant. Ruth bemerkte, dass es sich hier wohl um ein «Gaskalb» handelt. Aus Erfahrung stach sie den Mutterkuchen auf und wollte das Kalb dann herausziehen. Dies ging jedoch auch mit vereinter Muskelkraft nicht. Beim weiteren Hineingreifen wurde festgestellt, dass noch ein zweites Kalb vorhanden ist. Es hatte sich mit seinen Vorderbeinen in das erste Kalb verkeilt, sodass dieses gar nicht hinauskonnte. Mithilfe des Tierarztes konnten dann diese zwei Kälber mit grosser Anstrengung herausgeholt werden. Die Kuh ging danach nach Hause, weil sie keine eigene Kuh war.
Kuh Alin hat auch gekalbt. Es gab einen Gurt-Stier, zum Leidwesen von Ruth, hatte sie sich doch ein Kuhkalb erhofft. Das Kalb wurde auf den Namen Toni getauft. Kaum eine Woche später hat dann auch bereits die nächste Kuh gekalbt. Nun hat Toni bereits Gesellschaft.
Zusammen mit Ruth und Stefan haben wir Ende August die Rinder auf die letzte Weide auf der Matt getrieben. Dafür mussten sie von der alten Weide noch weiter hoch den Hang hinauf. Die ganze Herde hatte zu Beginn nicht so Musikgehör für unser Vorhaben. Kaum waren sie ein Stück hoch, beschlossen sie, zu wenden und wieder zurück ins Flache zu rennen. Das geht dann schon in die Beine, wenn man dann wieder von unten beginnen muss. Schlussendlich haben wir es dann doch geschafft, und die Tiere erfreuten sich am frischen Gras und der Höhenluft. Von dieser Weide können sie jeweils den Ausblick ins St.-Gallerland geniessen.
In der letzten Woche auf der Matt weiden die Kühe direkt hinter dem Stall. Die Weide wird in der Hälfte der Breite nach von einer Steinrisi durchtrennt. Oberhalb davon hat es nochmals eine «Blangge», die auch geweidet werden kann. An einem Abend wollte Stefan die Kühe noch etwas hochtreiben. Sie waren jedoch anderer Meinung und blieben unten. Am nächsten Abend staunten wir dann nicht schlecht, als die Kuh Alabama aus dem Stall raus schnurstracks in diese «Blangge» hochgelaufen ist. Ihre Kolleginnen zogen etwas später auch nach. Im Allgemeinen machte Kuh Alabama uns viel Freude, war sie doch immer eine, die mit gutem Schritt vorauslief. Egal, wohin es ging. Alabama geniesst nun den Rest des Sommers noch als Galtkuh bei den Rindern. Auch ich geniesse die Tage, geht es doch schon langsam wieder dem Ende zu. Monika Weber
Alptagebuch
Monika Weber verbringt den Sommer auf der Alp Ramin im Glarnerland. Regelmässig berichtet sie über ihre Erlebnisse und besondere Ereignisse. Die anderen Teile des Alptagebuchs sind hier zu finden.