Waldarbeit mit zwei Pferdestärken

Die Holzrücker kamen mit ihren Pferden im Wald bei Dozwil zum Einsatz. Diese alte Arbeitsweise ist bodenschonend, lärm- und emissionsfrei.

Rolf Lüchinger delegiert das Zweiergespann durch den Wald.
Rolf Lüchinger delegiert das Zweiergespann durch den Wald.

Ein Hauch von Frühling liegt in der Luft am Waldrand in Dozwil, als die Holzrücker mit dem Pferdetransporter vom Rheintal her anreisen. Wie Goldfäden hängen die Blütenkätzchen an den Haselsträuchern, beschienen von der Morgensonne. Kaum sichtbar führt eine Brücke über den Graben in den Wald hinein. Durch das dichte Unterholz verschwinden alsbald Andreas Giger mit seinem Omero und Rolf Lüchinger mit Aragon. Helfer Dieter Bächler und sein Schwiegersohn haben vorher die störendsten Baumäste heruntergesägt und so die Wege etwas zugänglich gemacht. Die Pferde sind es gewohnt, in unwegsamem Gelände durch Gestrüpp und über am Boden liegende Äste auf Befehl vorwärts zu schreiten, bis sie an herumliegenden Baumstämmen Halt machen. Fachgerecht befestigen die Rücker die Hölzer an den Zuggeschirren: «Wiist (links), hott (rechts), halt, vorwärts, zurück», ertönen die Befehle der Pferdehalter bestimmt. Die Tiere gehorchen auf Kommando, egal wie schwer die angehängten Stämme zu ziehen sind. Der Schweiss dampft aus den Leibern der Braunen. Nach etwa eineinhalb Stunden brauchen die Schwerarbeiter eine Pause. Ein Heusack und eine Tanse mit Wasser stehen bereit. Auch die Männer machen eine Kaffeepause und besprechen das weitere Vorgehen. Für die grössten und schwersten Baumstämme werden die Pferde zu zweit eingespannt. Sie schleppen die Stämme bis zum Waldrand, wo diese aufgeschichtet werden. Später wird sie Dieter Bächler zersägen und spalten.

Die Rheintaler Holzrücker

Es gibt nicht mehr viele Pferdehalter, die mit ihren Tieren noch dem alten Handwerk des Holzrückens nachgehen. Im Rheintal gründeten ein paar Fuhrleute vor vier Jahren den Verein Rheintaler Holzrücker. Nach eher flauer Zeit, während der Coronapandemie, sind jetzt wieder mehr Wettbewerbe angesagt. Ab und zu erledigen die Fuhrleute auch Auftragsarbeiten wie kürzlich bei Dieter Bächler im Dozwiler Wald. Zum Einsatz kamen die zwei Wallache, der achtjährige Burgdorfer Omero von Andreas Giger und der 16-jährige Freiberger Aragon von Rolf Lüchinger. Beides sind Kaltblüter, das heisst, Tiere, die von ihrem Wesen her eher ruhiger, schwerer und robuster sind als andere Pferde. Sie können 700 bis 1000 Kilo schwer werden. Speziell ist ihr Arbeitsgeschirr, darunter der Amisch-Kummet, den die Holzrücker extra von Amerika einführen liessen. Amische sind Angehörige einer Glaubensgemeinschaft, die vorwiegend in Amerika lebt. Sie betreiben hauptsächlich Landwirtschaft. Dabei bewirtschaften sie ihre Felder noch ohne Technik, mit Pferden wie zur vorindustriellen Zeit.

Das Rücken von Holz

Als Holzrücken oder auch einfach Rücken bezeichnet man den Transport von gefällten Bäumen innerhalb des Waldes zu einem Weg, von dem her die Stämme zum Beispiel per Langholzwagen abtransportiert werden. Durch Sturm, Schnee und Nässe werden immer wieder einzelne Bäume gefällt, liegen quer oder noch halb aufgerichtet im Wald. Bezüglich dieses «Sturmholzes» hat Dieter Bächler ein Spezialabkommen mit dem Förster der Waldkorporation Güttingen. Er darf das im Dozwiler Waldstück herumliegende Holz für den Eigengebrauch nutzen und räumt dabei gleichzeitig den Wald auf. Das Holz lagert und verarbeitet Bächler im Wald und feuert damit die Heizung in seinem Haus ein. Wie das buchhalterisch aufgeht, ist zweitrangig. Dazu müsste man die Arbeitsstunden rechnen und die Ausgaben für die Holzrücker. Es ist mehr eine Einstellungssache von Bächler. Der Pferdeliebhaber machte schon 2016 das Einspänner-Fahrbrevet: «Werden anstatt schwere Maschinen Pferde für Holzarbeiten eingesetzt, wird der Boden weniger verdichtet und der Baumnachwuchs geschont. Auch müssen weniger breite Schneisen (Rückegassen) in die Baumbestände geschlagen werden. Je breiter die Schneisen, umso eher können künftige Stürme an den Bäumen am Rand Schaden anrichten. Ausserdem dauert es lange, bis auf so einer Brache wieder Jungholz nachgewachsen ist.» Bächler findet auch eine Zusammenarbeit von Tieren und Maschinen erstrebenswert: «Es bräuchte dann nur alle 40 bis 60 Meter eine breite Rückegasse für den Abtransport von bearbeitetem Holz. Dazwischen können die Pferde die Stämme zu den Rückegassen ziehen.»

Das Pferd gehorcht Andreas Giger auf Kommando. Dieter Bächler (links) hilft, wo er kann.
Das Pferd gehorcht Andreas Giger auf Kommando. Dieter Bächler (links) hilft, wo er kann.

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